Süddeutsche Zeitung

Ende der Reise:Mode fürs Flugzeug

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Ein Hollywood-Kostümdesigner erschuf einst die Miniröcke für Pan Am-Stewardessen. Jetzt ist die erste Corona-Kollektion auf dem Markt: eine zeitgemäße Flug-Fashion.

Von Jochen Temsch

Früher, als das Fliegen noch Glamour hatte und noch nicht so enervierend wie Busfahren war, hießen Flugbegleiterinnen Stewardessen und galten als Inbegriff weltläufiger Eleganz. Das lag auch an ihrem Erscheinungsbild, etwa bei der US-amerikanischen Airline Pan Am in den freizügigen Sechzigerjahren. Die Frauen, die die Getränketrolleys den Gang entlang schubsten - Männer waren in dem Job noch unterrepräsentiert - trugen himmelblaue Blazer mit geraden Schnitten und gezackten Flügelkrägen, die Flugzeugumrissen nachempfunden waren, Miniröcke und High Heels. Das gefiel den männlichen Passagieren - Kundinnen waren in den Sitzreihen noch unterrepräsentiert -, die auch ansonsten viel Beinfreiheit genossen, während sie sich Champagner und Zigaretten reichen ließen.

Wie jede spezielle Ausprägung von Mode legen auch die Uniformen der Fluglinien Zeugnis für den Zeitgeist ab, in dem sie entworfen werden. Im Falle der sexy Stewardessen Pan Ams hieß der Schneider Don Laper, er kreierte ansonsten Kostüme für Hollywood. Viele große Couturiers folgten ihm. Mit ihren Namen schmückten sie die Airlines, mit ihren Entwürfen das Personal: Giorgio Armani schneiderte für Alitalia, Christian Lacroix für Air France, Julien Macdonald für British Airways, Strenesse für die Lufthansa. Geschmackvolle Vornehmheit und strapazierfähige Alltagstauglichkeit gingen dabei stets spektakuläre Verbindungen ein. Und jetzt kommt Puey Quinones.

Bitte, wer? Das fragen sich jetzt selbst die Szenekenner. Aber den Namen wird man sich merken müssen. Der philippinische Designer hat soeben die neuen Uniformen der malaysischen Billigfluglinie Air Asia vorgestellt - eine Kollektion, mit der ihm nichts weniger geglückt ist als das Kunststück, die illustre Tradition der Flug-Fashion zeitgemäß in die Zukunft zu katapultieren. Verschwenderisch geht Quinones mit dem robusten, atmungsaktiven, vom malaysischen Gesundheitsamt genehmigten Kunststoff um, den er - unisex statt sexy - für Frauen und Männer gleichermaßen als Overall mit Kapuze konzipiert und in provozierendem Alarmrot gehalten hat. So zitiert die Kleidung der Kabinencrew die Formensprache des Atom-Gaus gleichermaßen wie sie auf die Corona-Intensivstation verweist. Mundschutzmaske und gebogenes Visier vervollkommnen das Outfit und geben dem Passagier ein Gefühl der Sicherheit und des Willkommenseins an Bord. Diese Uniform, das Prêt-à-porter-Pendant zur Plexiglasscheibe, besticht durch Einfachheit, Effektivität und hygienische Vorteile - absolut stilprägend für die diesjährige Urlaubssaison.

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SZ vom 20.05.2020
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