Ende der Reise:Liebe, Tod und Urlaub

Das Arbeitsgericht Berlin hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch über den Tod hinausreicht. Was die Erben damit wohl anfangen?

Von Hans Gasser

Die Liebe und der Tod. Darüber ist schon viel nachgedacht und noch mehr geschrieben worden. Wenn dann aber zu dem ungleichen Paar noch ein Dritter dazukommt, der Urlaub nämlich, dann weiß jeder Küchenphilosoph: Wir sind in Deutschland. Denn nur hier hat der Urlaub eine mindestens so existenzielle Bedeutung wie die Liebe und der Tod. Wer das nicht glaubt, der braucht nur einmal schauen, wie jetzt, zum Jahresende, der Subalterne und die Führungskraft gleichermaßen ihren Resturlaub abfeiern - hier ein halber, dort zwei Tage oder gleich eine vorweihnachtliche Skiwoche, schließlich ist jetzt noch Schnäppchen-Nebensaison.

Den Urlaub nimmt man nicht mit in ein ungewisses neues Jahr, das fordern nicht nur Arbeitgeber, die Angst haben vor einem bezahlten Sabbatical, das der Angestellte im nächsten Jahr antreten könnte; es ist einfach Usus: Etwas so Wertvolles und gleichzeitig Flüchtiges, das spart man nicht unnötig auf. Wer weiß, ob man dann noch lebt.

In dieser Hinsicht kann den deutschen Arbeitnehmer nun das Arbeitsgericht Berlin beruhigen. Es entschied, dass der Urlaubsanspruch auch über den Tod hinausreicht. Das ist ein nur folgerichtiges Urteil in einem Land, dessen Bewohner knapp 90 Milliarden Euro jährlich für ihre Liebe zur schönsten Zeit des Jahres ausgeben und sich gerne als Urlaubsweltmeister bezeichnen. Nun kann man als Toter zwar vielleicht noch eine letzte Reise, aber doch sicherlich keinen Urlaub mehr machen - oder?

Dafür gibt es Erben. In dem Fall geht es um eine Frau, die zum Zeitpunkt ihres Ablebens 33 Urlaubstage angespart hatte. Die Berliner Richter gaben der Klage der Erben statt und entschieden unter Berufung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass sich der Urlaubsanspruch der Verstorbenen in einen Urlaubsabgeltungsanspruch für die Erben umwandle. Sprich: Sie bekommen ihn ausgezahlt.

Das ist ein erster Schritt, reicht aber noch nicht. Denn wirklich angemessen wäre es, wenn die Urlaubstage direkt auf die Erben übergingen, sie diese also selbst verbraten könnten. Mallorca in Memoriam sozusagen.

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