Ende der Reise:Italienischer Mist

Ob es nun das Venedig des Nordens ist oder die deutsche Toskana: Italien gilt in vielen Bereichen immer noch als Sehnsuchtsland. Da verwirrt die Meldung etwas, dass nun in der Po-Ebene ein "Museum der Scheiße" eröffnet hat. Unerhört!

Von Dominik Prantl

Der Tourismus ist heute wie jede andere Industrie auf der Welt eine Verpackungsindustrie. Bei Nahrungsmitteln funktioniert das mit der Verpackung beispielsweise so, dass man ein Konglomerat aus Fett und Zucker in eine zarte, glitzernde Hülle packt, auf der dann ein Glas Honig und eine Kanne Milch und im besten Falle ein lachendes Bubengesicht gedruckt werden. Außerdem sagen die Verpackungsspezialisten in der Werbung dann noch, dass wir für diese Extraportion Milch einfach nur den Hammer hinlegen müssen, und schon ist das Frühstückchen so richtig gesund.

Was die Kanne Milch bei den Nahrungsmittelverpackern ist, das ist für die Tourismuswerbung zum Beispiel Italien. Italien zieht immer, auch wenn sich das die Menschen nördlich von Italien nicht so recht eingestehen wollen. Für den Titel "Venedig des Nordens" findet sich deshalb gleich ein ganzes Dutzend Anwärter; darunter Städte wie Amsterdam, Stockholm, Kopenhagen, die für sich genommen eigentlich viel schöner sind als das Hamburg des Südens. München oder Regensburg brüsten sich gerne als "die nördlichste Stadt Italiens", und die Toskana Deutschlands befindet sich wahlweise in der Pfalz, in der Eifel oder in Sachsen-Anhalt. In Kärnten wiederum heißt die 13. Etappe des Alpe-Adria-Trails seit diesem Jahr nicht mehr 13. Etappe des Alpe-Adria-Trails, sondern Sentiero dell' Amore, Weg der Liebe. Sieben Stationen sollen einladen, "bewusst Zeit zu zweit zu verbringen ", wie es in einer Medienmitteilung heißt.

Weil Liebe nicht nur durch Kärnten führt, sondern auch durch den Magen geht, noch ganz schnell ein Sprung nach Piacenza, in das richtige, das originale Italien. Um genau zu sein: in die Po-Ebene. Dort hat der Großbauer Gianantonio Locatelli mit seinen 2500 Milchkühen und deren vielseitig verwendbaren Exkrementen schon so viel Kohle gemacht, dass er diese, also die Exkremente, nicht die Kohle, in seinem kürzlich eröffneten "Museo della Merda" endlich angemessen würdigt. Wörtlich steht auf der Museumswebseite: "Wir wollen der Scheiße den Wert zurückgeben, den sie verdient." Die Kuratoren scheinen es mit der Ausstellung von fossilen Dino-Häufchen, kleinen Mistkäfern und sogenannter Bioarchitektur wirklich ernst zu meinen. Vielleicht ist das Museo della Merda aber auch nur eine wunderbare Parabel darauf, dass Kunden heute manchmal selbst auf dem größten anzunehmenden Mist hereinfallen.

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