Ende der Reise:Erziehung der Urlauber

Touristen haben sich unterhalb der Rialtobrücke in Venedig auf einem Gaskocher Kakao zubereitet. Die Polizei bestrafte sie dafür mit 950 Euro. Nicht nur auf der Straße, auch am Strand kann Fehlverhalten teuer werden. Urlaub ist schließlich kein Spaß!

Von Jochen Temsch

Endlich Urlaub! Machen, was man will, keine Pflichten, keine Zwänge - dass diese lockere Einstellung ein Riesenmissverständnis ist, haben nun zwei Rucksacktouristen aus Berlin erfahren müssen. Das Paar hatte es sich im Schatten der Rialtobrücke in Venedig gemütlich gemacht und auf einem kleinen Kocher Kakao mit Zimt und Masala zubereitet. Die Polizei schritt mit fünf Mann ein, verhängte 950 Euro Strafe, verwies die in flagranti Erwischten der Stadt und postete ein Foto von ihnen in den sozialen Medien. Aber nicht etwa für den Frevel, im Land der hohen Kaffeekultur ausgerechnet Kakao mit indischen Gewürzen anzurühren. Sondern weil sich die beiden aufs Pflaster gesetzt hatten. "Venedig muss respektiert werden. Und diese Schlechterzogenen, die denken, sie können in die Stadt kommen und machen, was sie wollen, müssen kapieren, dass sie gestellt, bestraft und verbannt werden", erklärte Bürgermeister Luigi Brugnaro. Erziehen, an den Pranger stellen, verbannen - und das im Urlaub? Richtig so! Irgendwo muss man ja mal anfangen, etwas gegen die Exzesse gewisser Touristen zu unternehmen.

Die meisten der mehr als 28 Millionen Besucher Venedigs haben nichts zu befürchten. Sie verhalten sich ganz okay. Stehen beispielsweise winkend auf Deck der Kreuzfahrtschiffe, die durch den Kanal von Giudecca direkt an den Sehenswürdigkeiten vorbeischippern und die Pfahlbauten durchrütteln. Gehen von Bord und begeben sich vorschriftsgemäß in ein Café, wenn sie Pause machen wollen. Hätten das die zwei Berliner nur auch getan, es wäre günstiger für sie gewesen. Für die fast 1000 Euro Strafe hätten sie sogar auf dem Markusplatz die Bestellung eines Espressos riskieren können. Eine Tasse kostet dort nur zwölf Euro, ein 0,25-Liter-Fläschchen Wasser dazu zehn Euro. Solche Preise wären eher ein Grund, die Polizei zu rufen, als die Selbstversorgung auf historischem Boden? So können ja wohl nur Backpacker denken.

Auch anderswo darf man schließlich nicht einfach so Kakao anrühren, Dosenbier auspacken oder sich anderweitig erfrischen. In Rom beispielsweise wurde kürzlich ein Mann zu 500 Euro Strafe verdonnert, weil er als römischer Senator verkleidet in den Trevi-Brunnen gesprungen war. Am Strand von Triest war ein Österreicher mit 300 Euro dabei, weil er eine Hängematte zwischen zwei Bäumen aufgespannt hatte. In Florenz gingen vor zwei Jahren noch Straßenkehrer mit Wasserschläuchen gegen Urlauber vor, die auf den Plätzen picknickten. Inzwischen ist man auch hier darauf gekommen, dass man bei Wildessern noch besser abkassieren kann als bei Restaurantbesuchern: ein Stück Pizza aus der Hand mit Blick auf den Palazzo Vecchio? Macht 150 bis 500 Euro. So kapiert auch der letzte schlechterzogene Gast, dass er hier im Urlaub ist und nicht zum Spaß.

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