Ende der Reise:Die Berliner, ihre Besucher und die Wohnungen

Tourismus in Berlin

Touristen vor dem ehemaligen Checkpoint Charlie in Berlin.

(Foto: dpa)

Das ist eine heikle Angelegenheit. Jetzt greift die Tourismusorganisation der Stadt ein - mit kuriosen Mitteln.

Von Stefan Fischer

Die Lage ist verwirrend, wie häufiger mal in Berlin. Die Kurzversion geht so: Von 1. Mai an ist es den Hauptstädtern verboten, Wohnungen an Touristen zu vermieten. Es sei denn, sie haben eine Sondergenehmigung. Aber in Wahrheit ist alles mal wieder viel komplizierter: Das Zweckentfremdungsgesetz, das der Berliner Senat beschlossen hat, lässt vieles im Unklaren.

Und so werden die ohnehin zur Renitenz neigenden Berliner also ihre Zweitwohnungen und Westflügel weiterhin fröhlich über Onlineplattformen wie Airbnb feilbieten. Ohne Sondergenehmigung. Dass jedoch aus Neid oder Protest gegen diese einträgliche Gastfreundschaft am 1. Mai statt Autos diesmal Wohnungen brennen werden, ist eher unwahrscheinlich.

Jene Berliner, die von einer Zweitwohnung nur träumen können und sich statt dessen erst einmal auf die Suche nach einer Erstwohnung machen, haben zwar das Gefühl, dass für sie kein Platz mehr ist in Berlin wegen der vielen Touristen. Aber ihr Grant richtet sich traditionell nicht gegen die Vermieter unter ihresgleichen, sondern gegen die Besucher. 30 Millionen Übernachtungen werden inzwischen im Jahr gezählt.

Das sind vielen Bewohnern der Stadt ungefähr 28,5 Millionen zu viel. Cornelia Yzer sind das unterdessen viel zu wenige: Die Wirtschaftssenatorin sagte unlängst, auch bei 35 Millionen Übernachtungen wäre die Belastungsgrenze nicht erreicht. Das löst bei manchem Bewohner Berlins umgehend Schnappatmung aus. Weshalb der Senat gemeinsam mit der Tourismusorganisation Visit Berlin sogenannte Akzeptanzprojekte entwickelt.

Womit Berlin mal wieder den Vogel abschießt. Merkwürdig genug ist, dass die Mia-san-mia-Münchner sich erst lange Jahrzehnte ein Oktoberfest-Maskottchen als Tourismuschefin gehalten haben, ehe sie das Tourismusamt ganz abgeschafft haben, weil sie sehr selbstgewiss darauf vertrauen, dass der Laden auch so läuft, zumal auch noch der FC Bayern unentgeltlich Werbung für die Stadt macht.

Aber eine Tourismusorganisation zu unterhalten, die nicht die Besucher der Stadt umwirbt und betreut, sondern die Besuchten - das ist sehr speziell. Man darf gespannt sein, ob Visit Berlin gegenüber den Berlinern zu den klassischen Mitteln der Tourismuswerbung greift: Imagebroschüren, die über Sitten der Touristen informieren, sowie überteuerte Nahverkehrstickets, die ermäßigten Eintritt in 325 Museen gewähren, von denen man 323 niemals besuchen möchte.

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