Süddeutsche Zeitung

El Gouna:Das Leben - so wie es sein sollte

In guten Momenten schaffen Touristik-Werber Slogans, die den Tatsachen entsprechen. Im ägyptischen El Gouna fehlt zum perfekten Urlaubsleben wirklich nicht viel.

Thomas Becker

Es gibt Sätze, die sind einfach entlarvend. Seit fast zwei Wochen war das Pärchen nun schon auf Urlaub in Hurghada, kam gerade spät abends von einem Wüsten-Ausflug zurück und machte dabei zwangsweise einen Zwischenstopp, um zwei andere Teilnehmer der Tour in deren Hotel abzuliefern. Der Weg des Sammeltaxis führte sie durch ein dezent beleuchtetes 1001 Nacht: nubische Villen, die irgendwie an die Toskana erinnerten, moderne Fünf-Sterne-Hotels, romantische Lodges, geschmackvoll gestaltet und malerisch gelegen an einer von Palmen bestandenen Lagune oder am offenen Meer, umrahmt von zahllosen Restaurants jeglicher Provenienz.

Als das Ziel erreicht war und die Mitreisenden vor ihrem Hotel am imposanten Yachthafen ausstiegen, da sagte der weibliche Teil des Pärchens diesen Satz: "Du Schatz, warum machen wir eigentlich nicht hier Urlaub?"

Sie hätten im Reisebüro nur nach El Gouna fragen müssen. 22 Kilometer sind es bis Hurghada, doch El Gouna ist keine Alternative zu dem bekannten Touristenmagneten, es ist vielmehr der Gegenentwurf: klein, ruhig, stilvoll, komfortabel.

Erst vor wenigen Jahren entstand der Ort im Nichts der ägyptischen Küste vor einer erstaunlich spektakulären Bergkette. Die Legende sagt, dass der schwerreiche Unternehmer Samih Sawiris einst nur einen schicken Anlegeplatz für seine Yacht suchte, in der Folge mehr und mehr begeisterte Freunde kamen und man beschloss, sich niederzulassen.

Bis heute sind 14 Hotels mit knapp 2700 Betten sowie mehr als hundert Bars und Restaurants entstanden - Tendenz: steigend. Der mittlerweile 10.000 Einwohner zählende Ort wächst ständig weiter.

Der Name Sawiri hat mittlerweile auch anderweitig Schlagzeilen gemacht: Eine zweite luxuriöse Ansiedlung entstand ein paar hundert Kilometer weiter nordöstlich im Vierländereck von Ägypten, Israel, Jordanien und Saudi-Arabien am Golf von Aqaba: Taba Heights, die kleinere Variante von El Gouna. Sawiris größtes und spektakulärstes Projekt findet gerade in Andermatt statt. Dort hat er nach langen Verhandlungen immens viel Grund gekauft und baut in dem verschlafenen Schweizer Ski-Ort ein Luxus-Ressort.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sehr sich El Gouna von anderen aus der Wüste gestampften Urlaubsorten unterscheidet.

Was pompös und bombastisch klingt, kommt im richtigen Leben am Roten Meer angenehm bescheiden daher. Es sind keine auf Wirkung angelegte Hotel-Burgen, sondern vergleichsweise überschaubare Komplexe, die sich tatsächlich in die Landschaft einfügen und nicht Fremdkörper bilden.

Für jeden Geldbeutel ist etwas dabei: drei Fünf-Sterne-Hotels, sechs mit vier Sternen und fünf mit drei Sternen. Auf zehn Kilometer Strand erstreckt sich das Gelände, das mit offenen Tuk-Tuk-Taxis erkundet werden kann: ganz im Süden die weißen Villas und der Club Med, das Golf-Resort mit 18-Loch-Platz, Downtown mit Einkaufsstraße, Disco, Museum und Casino, der noblen Marina Abu Tig mit den 60-Meter-Yachten oder der Kite-Surfer-Strand Mangroovy Beach im Norden.

Kart-Bahn und Polofeld

Bereits 300 Familien aus aller Herren Länder haben sich Villen gekauft, an eine internationale Schule wurde ebenso gedacht wie an eine Kart-Bahn, Tennisplätze und Pferdeställe. Ein Polo-Feld wird gerade gebaut. Der Schnorchel- oder Tauchausflug gehört ebenso zum Pflichtprogramm wie die Wüstentour mit dem Jeep samt Kamelritt und Wasserpfeife. Bis Kairo sind es 430 Kilometer, bis Luxor 300 und mit der Fähre ist man in zweieinhalb Stunden in Sharm El Sheikh - falls man denn überhaupt weg will aus El Gouna.

Den meisten ergeht es eher anders: Wer einmal da war, will wiederkommen. Zum Beispiel Deutschlands schönste Frauen. In den Tagen vor der Wahl zur Miss Germany im Europapark Rust dürfen sich die Schönen seit zwei Jahren nochmal eine Januar-Woche lang in El Gouna verwöhnen und aufhübschen lassen. Im April triftt sich dann die Surf-Gemeinde zum Kite-Jamboree, und ansonsten ist El Gouna eine so genannte Ganzjahres-Destination: Der "kälteste" Monat ist Januar mit 21 Grad Durchschnittstemperatur, im Juli und August wird es mit 33 Grad am wärmsten - lindernd wirkt allerdings die Meerbrise, die zuweilen sehr beachtliche Windstärken erreichen kann - siehe Kite-Surfen.

Der Slogan des Ortes fängt all dies ganz adäquat auf: das Leben - so wie es sein sollte. Und wen es nur einmal kurz zum großen Nachbarn Hurghada verschlagen hat, der weiß, was das Beste an dieser Stadt ist: die Straße nach El Gouna.

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