Eingeschneite Skiorte in den Alpen:Zwangsurlaub im Tiefschnee

Tausende Touristen sitzen nach massiven Schneefällen noch immer in Wintersportorten in Österreich und der Schweiz fest. Mancherorts werden bis zu fünf Meter Schnee gemessen. Die Lawinengefahr steigt weiter an.

Cathrin Kahlweit und Monika Maier-Albang

Auf den Landkarten der Österreichischen Bundesbahnen und der Autobahngesellschaft, die das Schneechaos im Land am Montag bebilderten, war unter all den Warnhinweisen am Montag kaum noch eine Stadt zu erkennen: Gelbe Ausrufezeichen und rote Dreiecke überlagerten die Ortsnamen und signalisierten, wo man mit Verkehrsbehinderungen und Zugausfällen zu rechnen hatte: "Streckenunterbrechung Landeck-Bludenz. St. Anton nicht anfahrbar. Autoverladung Feldkirch eingestellt. Streckensperrungen bei Innsbruck und Salzburg."

Selbst für ein Land, das im Winter vom Schnee und vom Skitourismus lebt, waren die letzten Tage ungewöhnlich: Vorarlberg von der Außenwelt abgeschnitten, zahlreiche Täler und Orte in Tirol nicht erreichbar, Teile des Bregenzer Waldes vollkommen eingeschneit, im Salzburger Land Schneeberge, durch die kein Durchkommen mehr war. Bis zu 15.000 Touristen hatten noch am Wochenende in ihren Quartieren festgesessen, weil es in Westösterreich einfach nicht mehr aufhören wollte zu schneien. Ein Teil von ihnen konnte sich, als im Laufe des Samstags zahlreiche Straßen vorübergehend geräumt und Pässe geöffnet wurden, in die langen Staus auf dem Heimweg einreihen.

Am Montag waren dann ab Mittag Teile Vorarlbergs wieder erreichbar; umgestürzte Bäume, welche die Arlberg-Schnellstraße (S16) blockiert hatten, konnten beseitigt werden. Damit ist auch die Zufahrt zum Arlbergtunnel gewährleistet. Ebenfalls wieder befahrbar ist die Straße ins Hochmontafon. Die Orte Lech, Zürs und Stuben am Arlberg waren vorerst nicht erreichbar. Auch bleibt die Arlbergbahnstrecke nach Auskunft der Bahn bis Dienstagmittag gesperrt.

Bis zu drei Meter Neuschnee in wenigen Tagen

Allein in den vergangenen vier Tagen hatte es in Vorarlberg bis zu drei Meter Neuschnee gegeben. Lechs Bürgermeister Ludwig Muxel sprach von einer "außergewöhnlichen Situation", Anfang Januar habe in Lech seit 30 Jahren nicht mehr so viel Schnee gelegen wie in diesem Jahr. St. Anton meldet 4,95 Meter Schnee an der Valluga-Bergstation, auf dem Sonnenkopf im Klostertal liegen 4,30 Meter, und im Skigebiet Warth sind es 3,50 Meter. Allein in der letzten Nacht hat es dort 50 Zentimeter geschneit.

In Lech sind ein Drittel der 84 Lifte geöffnet, um "die Leute bei Laune zu halten", wie Markus Lagner, Sprecher von Lech-Zürs-Tourismus, sagt. Die Lage sei aber relativ entspannt, berichtet Lagner. Die Hotels hätten ausreichend Vorräte, und wer nicht unbedingt zu seiner Arbeitsstelle zurück müsse, für den spiele es ja keine Rolle, ob die Straße offen ist oder nicht.

Große Lawinengefahr

In Galtür im Paznauntal etwa schien die Sonne, es wehte kaum Wind, und die Stimmung sei "ruhig und nicht hektisch", wie ein Sprecher des lokalen Tourismusverbandes versicherte. Hier wie andernorts in Österreich ist man optimistisch, dass sich die Lage mit der für Dienstag angekündigten Wetterberuhigung entspannt.

Heavy snowfall hit the alpine parts of Switzerland

Die Alpen versinken im Schnee. Vielerorts kommt man nur noch zu Fuß vorwärts, wie hier in Blatten (Schweiz).

(Foto: Jean-Christophe Bott/dpa)

Aber noch ist es nicht so weit. Und so ist für Tausende Touristen aufgrund der massiven Schneefälle aus einem fröhlichen Urlaub im Schnee ein Zwangsaufenthalt geworden. 52 deutsche Wintersportler aus Lindau am Bodensee etwa waren bei Brand in Vorarlberg auf einer Berghütte zwei Tage lang eingeschlossen gewesen, bevor sie von Hubschraubern des Bundesheeres ins Tal geflogen werden konnten. Auch ein sieben Monate altes Baby war dabei. Die Stimmung sei trotzdem gut gewesen, sagte Hüttenwirt Thomas Beck: "Wir hatten genug zu essen."

Weniger Glück hatte bislang ein 15-jähriger Tiroler. Er gilt seit Samstag als vermisst. Der Junge war mit seinen Eltern in der Axamer Lizum Ski fahren und hatte einige Pisten auf eigene Faust erkunden wollen. Nachdem er bei einem vereinbarten Treffpunkt nicht aufgetaucht war, hatten seine Eltern Alarm geschlagen. 60 Mann, unter ihnen ein Lawinenzug des österreichischen Bundesheeres, fahnden seither nach ihm.

Schneebrettabgänge und Lockerschneelawinen möglich

Die Lawinengefahr wird vom Landeswarndienst weiterhin als groß (Stufe 4 auf der fünfstufigen Gefahrenskala) eingeschätzt. Die Lawinenkommissionen wollten am Montag entscheiden, ob Lawinen gesprengt werden, wo immer es möglich ist, damit dann die Straßen wieder für den Verkehr freigegeben werden können. "Die Situation bleibt in höheren Lagen für Wintersportler noch heikel" sagt Andreas Pecl vom Landeswarndienst. Er rät unerfahrenen Sportlern dringend davon ab, die gesicherten Pisten zu verlassen. Schneebrettabgänge und Lockerschneelawinen seien jederzeit möglich.

Probleme mit dem vielen Schnee gab es auch in der Schweiz. In Andermatt liegen laut aktuellem Schneebericht mehr als drei Meter Schnee. Zugfahrten nach St. Moritz waren vorübergehend unmöglich, und auch der Julierpass wurde gesperrt.

Für die lokalen Blätter waren vor allem die Namen der eingeschneiten Gäste in St. Moritz ein Thema. Michelle Hunziker, so wurde begeistert berichtet, sei unter den eingeschneiten Gästen gewesen. Nach einem Bericht der Schweizer Boulevardzeitung Blick macht Hunziker ("Wetten, dass. . ?") seit dem 1. Januar "Liebesurlaub" mit ihrem neuen Freund, dem Mode-Erben Tomaso Trussardi. Der frühere Kurdirektor von St. Moritz, Hanspeter Danuser, ließ die Medien wissen, die Fernsehmoderatorin genieße ihren Aufenthalt "und passt auch gut hierher".

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