Kolumne: Hin und weg:Hose mit E-Motor

Lesezeit: 1 Min.

Wandern mit Unterstützung: Der E-Motor hilft beim Gehen. (Foto: Arcteryx/Skip)

Outdoor-Ausrüster bieten Kleidung an, in der das Wandern automatisch läuft. Wunderbar, oder?

Glosse von Stefan Fischer

Der Spanier Kílian Jornet Burgada ist von Chamonix aus auf den Gipfel des Mont Blanc gestiegen und war in weniger als fünf Stunden zurück in Chamonix. Normalbergsteiger schaffen es in dieser Zeit gerade einmal auf den Herzogstand und wieder hinunter. Die Zeiten, in denen Fitness und Talent darüber entschieden haben, welche Gipfel für wen erreichbar sind, neigen sich jedoch ihrem Ende entgegen. Es wird beim Wandern absehbar so kommen, wie es beim Mountainbiken bereits der Fall ist: Dank Elektromotoren gelangt in den Bergen inzwischen beinahe jeder mit dem Rad beinahe überallhin, mag der Weg noch so lang und steil sein.

Und nach den E-Varianten von Autos, Rollern und Rädern ist die logische Entwicklung nun die Marktreife von E-Wanderhosen, mit der Outdoor-Ausrüster werben. Solche Tech-Kleidungsstücke haben ein sogenanntes Exoskelett, eine Karbonkonstruktion, die Teil der Hose ist und die Beinmuskulatur unterstützt. Man kennt das Prinzip – wenn auch nicht als integraler Teil einer Hose – aus der Reha-Medizin, etwa bei Knieverletzungen. In diese Wanderhosen sind Elektromotoren eingearbeitet, die einen schneller auf den Gipfel bringen oder längere Touren ermöglichen sollen.

Aus Bergsteigern werden dank der Ausrüstung Bergläufer

Was das für den zur Gemütlichkeit neigenden Genusswanderer bedeutet, liegt auf der Hand: Menschen, deren Beweglichkeit aus welchen Gründen auch immer so eingeschränkt ist, dass sie auf dem Wanderparkplatz kaum aus ihren Autos aussteigen können, verschwinden im Bergwald, noch ehe man sich selbst die Schuhe gebunden hat. Andere, die doppelt so viel wiegen wie man selbst, federn an einem in einer Leichtigkeit vorbei, als wären sie ein Marsupilami.

Zu den subjektiven Kränkungen kommen die objektiven Risiken: Die teils ohnehin an der Belastungsgrenze arbeitende Bergrettung wird künftig zusätzlich ausrücken müssen, wenn E-Wanderhosen-Batterien leer sind und die eben noch wie in Siebenmeilenstiefeln über Grate Eilenden und aber eigentlich schon stark Erschöpften allein mit ihrer Muskulatur gegen den mechanischen Widerstand der Exoskelett-Gelenke nicht ankommen. Überdies nicht auszumalen, wie es in Berggasthöfen und auf Hütten zugeht, wenn Dutzende Wanderer blankziehen, weil sie, solange sie ihren Kaiserschmarrn essen, ihre Hosen an die Ladestation hängen. Die Hoffnung für alle mittelambitionierten Berggänger: Womöglich werden die E-Wanderer das Hochgebirge stürmen, werden den Mont-Blanc-Rekord brechen. Während unterhalb der Baumgrenze endlich Ruhe einkehrt.

Stefan Fischer kann Berge auch vom Tal aus genießen. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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