Durchsagen der Bahn:80 Wörter im Schnitt

Kürzer sollen sie werden und vor allem leichter verständlich: wie die Bahn an der Verbesserung ihrer Informationen für Reisende arbeitet.

Oliver Bilger

Ein Jahr liegt diese Anekdote jetzt zurück, aber Nina Janich erzählt sie noch immer gerne. Damals war die Germanistik-Professorin mit dem Zug aus Hannover nach Göttingen unterwegs. Auf offener Strecke musste die Bahn plötzlich stoppen. Ein Unfall auf den Gleisen. Das dauere jetzt bestimmt länger, tönte die Stimme des Zugbegleiters aus dem Lautsprecher. "Wir halten Sie auf dem Laufenden." Fünf Minuten später, ohne jede Ankündigung, ging die Fahrt jedoch überraschend weiter.

Allerdings hieß es aus der Sprechanlage nun, der Zug werde bis nach Göttingen auf dem Gegengleis fahren. "Da bekamen alle Passagiere einen Schreck", erinnert sich Janich. Tatsächlich ging es bloß ein kurzes Stück auf dem Nachbargleis weiter. Nur das hatte der Zugbegleiter nicht angekündigt und so die Reisenden verunsichert.

Für Janich ist dieses Erlebnis ein Beleg für das, was sie schon einmal wissenschaftlich untersucht hat: Durchsagen der Bahn, ob in Zügen oder an Bahnhöfen, sind oft missverständlich, ungenau, kommen zu spät oder gar nicht. Ärgerlich ist die mangelhafte Kommunikation besonders dann, wenn sehr viel schief läuft, wie zuletzt im Winterchaos.

Eine Reihe von Faktoren

Aus den Lautsprechern schallt Bahn-vokabular wie "Stellwerksstörung", "verspätete Übergabe" oder "Betriebsstörung". Warum bleibt vieles so unklar? Vielleicht weil an einer Verspätung eine Reihe von Faktoren schuld sein können. Die "Betriebsstörung" sei dann zwar vage, aber immerhin kurz, heißt es. Es gibt Richtlinien für Durchsagen. Empfehlungen zur Vortragsweise, konkrete Anweisungen und Beispiele für Ansagen. Diese, so steht es in den Regeln, sollten kurz und zielgerichtet sein und zeitnah über Unregelmäßigkeiten informieren.

Die Bahn arbeitet gerade daran, die Sprache ihrer Durchsagen zu entrümpeln. Die Mitteilungen sollen kürzer werden, außerdem wird die Zahl englischer Ansagen drastisch reduziert. Befragungen hatten ergeben, dass sich viele Fahrgäste an minutenlangen Ansagen stören. "Wir wissen inzwischen, weniger Information ist mehr", heißt es bei der Bahn. Bislang hätten Ansagen in den Bahnhöfen im Schnitt 174 Wörter, künftig sollen es durchschnittlich nur noch 80 Wörter sein. Bis Anfang April ist eine umfassende Überarbeitung des Regelwerks für Lautsprecherdurchsagen geplant.

Die Kunden, so die Hoffnung, sollen dann bei einer Zugfahrt, nicht immer nur Bahnhof verstehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: