Süddeutsche Zeitung

Drohnen im Wintersport:Gefährliche Überflieger

In Skigebieten sieht man immer mehr Menschen, die sich von Drohnen filmen lassen. Das bedient den Narzissmus noch besser als die Helmkamera. Aber alles was fliegt, kann abstürzen.

Von Dominik Prantl

Es kommt nicht häufig vor, dass es das kleine Skigebiet Tschentenalp bei Adelboden in der Schweiz in die regionalen oder gar nationalen Medien schafft. Aber diese Neuerung im vergangenen Winter war einfach zu gut, um sie zu ignorieren. "Weltpremiere mit Drohne" titelte unter anderem die Berner Zeitung, der Radiosender SRF 3 brachte einen fast fünfminütigen Beitrag zur "Drohnen-Verfolgungsjagd auf der Skipiste", und Roger Steiner, Geschäftsführer der Tschentenbahnen, schwärmt noch heute: "Die Filme waren wirklich cool." Per fliegender Kamera hätte jeder Gast für 25 Euro die Gelegenheit bekommen sollen, sich während einer Skifahrt aus der Vogelperspektive filmen zu lassen. Kostenpunkt: 15 bis 25 Euro. Nur schaffte es das Projekt nicht über die Testphase hinaus, weshalb es vor dieser Saison eingestellt wurde. Steiner sagt: "Es hat technisch nicht so funktioniert, wie wir uns das gewünscht haben."

Alles, was fliegt, kann abstürzen. Vor allem, wenn Hobbypiloten über belebten Pisten manövrieren

Das Filmen auf Pisten ist vor allem deshalb so interessant, weil der Alpinskifahrer neben einem sehr ausgeprägten Dokumentationswillen eine eher narzisstische Grundeinstellung an den Tag legt. Schon seit Jahren schnallen sich auch eher untalentierte Wintersportler nur zu gerne einen kleine Actionkamera auf den Helm. Der Nachteil dabei: Man filmt nur die Welt vor den eigenen Augen und nicht die eigenen Fahrkünste, was heutzutage überhaupt nicht geht. Für Skifahrer ist die Drohne als inzwischen erschwingliches fliegendes Auge so etwas wie die Weiterentwicklung der Helmkamera; das Selfie wird zum Videoclip. Für Liftbetreiber bieten Drohnen wiederum die Möglichkeit, sich zu profilieren. "Als Skigebiet ist man entweder groß - oder man besetzt eine Nische", sagt Steiner. Sein Skigebiet hat nur wenige Lifte und setzt daher neuerdings auch stärker auf das Schlittenfahren.

Das Problem von Drohnen ist allerdings: Alles was fliegt, kann abstürzen, vor allem dann, wenn Hobbypiloten am Werk sind. Auf Pisten herrscht ja häufig ein reger Betrieb. Unvergessen bleibt für Skifans jene Drohne, die im Dezember 2015 beim Weltcuprennen in Madonna di Campiglio knapp hinter dem österreichischen Skifahrer Marcel Hirscher im Slalomparcours einschlug - vor laufender Kamera.

"Wir diskutieren über das Thema Drohnen auch heftig", sagt Urs Holderegger, Leiter der Kommunikation beim Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL). Es gebe zwar kein extra Gesetz für die Verwendung auf Pisten, doch gelten die üblichen Regeln für unbemannte Luftfahrzeuge. Sie lesen sich für die Schweiz, Österreich und Deutschland recht ähnlich. Die in diesem Zusammenhang wichtigsten Grundsätze: Das Fluggerät muss sich im Sichtfeld des Steuernden befinden und es dürfen damit keine größeren Menschenmassen überflogen werden. Zudem ist in vielen Fällen eine Erlaubnis für den Betrieb von Drohnen einzuholen oder auch eine Erklärung darüber abzugeben, dass man das Gerät beherrscht, versichert ist und die Datenschutzbestimmungen einhält.

Jenseits dieser Regeln haben die einzelnen Skigebietsbetreiber und Tourismusgemeinden aber selbst die Möglichkeit, den Luftverkehr zu begrenzen. In St. Moritz, Zermatt und Saas Fee sind Drohnen im Skigebiet aus Sicherheitsgründen beispielsweise generell verboten. Zudem müssen im Gemeindegebiet von Zermatt selbst Flüge von leichten Drohnen dem lokalen Flugunternehmen Air Zermatt mitgeteilt werden; Drohnen mit mehr als 30 Kilogramm sind ohnehin dem BAZL zu melden.

Auf der Tschentenalp war nach Absprache mit dem Amt für Zivilluftfahrt dagegen geplant gewesen, eine extra Piste am Rande des Skigebiets für die Ego-Drehs auszuweisen. Für Steiner ist das Thema auch "noch nicht vom Tisch". Außerdem hat sich die Aktion auch so schon gelohnt: "Eine gewisse Aufmerksamkeit hat das schon erregt."

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Quelle:
SZ vom 02.03.2017
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