Wein in der Dominikanische Republik:Ein Glas unter Palmen

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Maria Claudia Mallarino und Guillermo Villalona haben sich mit dem Weingut einen Traum verwirklicht.

(Foto: Florian Sanktjohanser)

Für den Weinanbau gibt es bessere Regionen als die Dominikanische Republik. Ein Ärztepaar versucht es trotzdem. Ihr Projekt soll sozial sein - und den Reichen gefallen.

Von Florian Sanktjohanser, Azua

Zugegeben, die Dominikanische Republik kommt einem nicht sofort als gelobtes Land der distinguierten Trinkkultur in den Sinn. Die Dominikaner lieben ihr dünnes Presidente-Bier und natürlich den Rum - und zwar nicht in raffinierten Cocktails veredelt, sondern am liebsten vermischt mit Cola oder Sprite.

Maria Claudia Mallarino und Guillermo Villalona wollen das ändern. Mallarino, 54, stammt aus Cali in Kolumbien. Villalona, 69, kommt aus Ramon Santana, einem Dorf im Südosten der Insel. 30 Jahre lang arbeiteten die beiden als Ärzte in den USA, sie lebten in New York, Kalifornien und Florida. "Ocoa Bay ist der Ort, wo wir uns zur Ruhe setzen wollen", sagt Mallarino auf der Fahrt aus der Hauptstadt Santo Domingo nach Westen. "Du wirst sehen, warum."

Es dauert knapp zwei Stunden, bis man die weit geschwungene Bucht zum ersten Mal sieht: tiefblaues Meer, dahinter karge Hügel, auf denen Dornbüsche und Kakteen wachsen. Wie eine Stadtmauer schirmen sie ringsum die Bucht ab und schaffen ein Mikroklima wie am Mittelmeer.

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Der Infinity-Pool, gesäumt von Palmen, ist das Herz der Anlage. Den ersten Wein brachten angeblich die spanischen Eroberer hierher.

(Foto: Florian Sanktjohanser)

"Wir mögen trockene Orte", sagt Villalona. Bei einem Ausflug mit seinen dominikanischen Verwandten kamen er und seine Frau zum ersten Mal hierher - und verliebten sich sofort in die Gegend. In Vorgärten sahen sie wild wachsenden Wein, den angeblich einst die spanischen Konquistadoren gepflanzt hatten. "Kolumbus brachte auf seiner zweiten Reise Rebstöcke mit", erzählt Villalona, "sie standen auf der Inventarliste." Und Hernán Cortés habe in Azua gelebt, der Stadt an der Ocoa-Bucht, bevor er zur Eroberung des Aztekenreichs aufbrach. "Den Spaniern gefiel es hier, es ist heiß und trocken wie in Andalusien."

Endlich dürfen sie auf dem Weingut wieder Gäste empfangen

Mallarino und Villalona sind Wein-Aficionados. Schon lange träumten sie von einem eigenen Weingut. Auf Reisen besuchten sie Weinbauern in Frankreich und Spanien, Chile und Argentinien. In Kolumbien erfuhren sie, dass Rebstöcke auch in den Tropen gedeihen. Hier in der Bucht von Ocoa fanden sie schließlich die perfekte Gelegenheit, ihren Traum zu realisieren. Und von Oktober an dürfen sie nun endlich wieder Gäste empfangen.

Pinke Bougainvillea säumen als Spalier die Zugangsstraße zu ihrem Anwesen, vom Parkplatz führt eine Freitreppe hinab zum Restaurant. Unter einer Pergola aus geschälten Eukalyptusstämmen plätschert ein Brunnen, durch eine karminrote Pforte spaziert man in ein Kiesgärtchen mit Agaven und Kakteen und zum Herz der Anlage: einem türkisfarbenen Infinity-Pool, gesäumt von Palmettopalmen, von dem man die tief blaue Bucht und die grün-braun gescheckten Hügel dahinter überblickt.

"Wir ließen uns inspirieren von den Gärten der Alhambra und der Architektur in Marrakesch", erklärt Mallarino. Sie setzt sich auf die Terrasse, beschattet von einer Pergola mit Sonnensegeln, im Hintergrund blubbert und klackert Elektro-Musik. Alles ist auf Höhe des urbanen Zeitgeists.

Die Musik ist leise, die Portionen sind klein

An den Nebentischen speisen elegante Städter, die Männer in Sakkos und großen Sonnenbrillen, die Frauen in Kleidern und Goldschmuck. Bisher kommen vor allem Dominikaner aus der Hauptstadt hierher. "Anfangs war es supervoll", erzählt Mallarino, "Familien spielten vom Handy laute Musik. Das war nicht unsere Idee. Also erhöhten wir die Preise."

Kleine Kinder sind in der temperierten Wohlfühloase nun nicht mehr willkommen. Eine Großfamilie, angerückt in Badeshorts und Schwimmringen, wird dezent am Eingang abgewiesen. "Dominikanern, die in der Welt herumgekommen sind, gefällt es hier", sagt Mallarino. "Andere wundern sich, dass die Musik so leise ist und die Portionen so klein sind. Aber mit der Zeit werden sie es schätzen lernen."

Die Kellnerin serviert das Mittags-Mezze: Thunfisch-Ceviche, Ziegenfrischkäse mit Chili, ein Püree aus Roter Beete und Joghurt, Oktopus mit Avocado, Karotten und Kokosraspeln. Dazu gibt es zunächst einen Colombard. Der fruchtige Weißwein hat eine feine Säure, bleibt aber etwas blass, genauso wie der Tempranillo danach.

Das Gemüse kommt von einer Frauen-Kooperative

2010 pflanzten Mallarino und Villalona die ersten Weinstöcke, als Berater engagierten sie einen Önologen aus Chile. "Wir experimentierten mit 20 Rebsorten" erzählt Mallarino, "mit unserem heutigen Wissen würden vielleicht einige mehr gedeihen." Denn alle Erfahrungen der Weinbauern in Spanien oder Chile müsse man hier an das tropische Klima anpassen. Und manchmal auch tricksen: "Indem wir den Rebstöcken Wasser entziehen, simulieren wir die Winterruhe."

Die karibische Lage hat auch Vorteile. Rebläuse gibt es hier nicht - dafür aber viele Vögel. Um sie fernzuhalten, spielten die Amateur-Weinbauern aus Boxen Raubvogelstimmen ab, hängten reflektierende CDs auf und zogen medizinische Haarnetze über die Reben. Alles erfolglos. "Am Ende haben wir uns einfach mit ihnen arrangiert", sagt Mallarino.

2014 wurden die ersten Flaschen abgefüllt, ein paar Dutzend zum Selbsttrinken. Seit 2019 haben Mallarino und Villalona die Lizenz zum Weinmachen. Derzeit produzieren sie 20 000 Flaschen pro Jahr, die sie an Hotels und Restaurants in Santo Domingo liefern und natürlich hier verkaufen. "Auf dem Weltmarkt wollen wir gar nicht konkurrieren", sagt Mallarino.

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Appetithäppchen zur Mittagszeit: Oktopus mit Avocado, Karotten und Kokosraspeln, Thunfisch-Ceviche und natürlich den eigenen Wein.

(Foto: Florian Sanktjohanser)

Ihr Bestseller wird zum Dessert aus Dulce de Leche und gefüllten Feigen gereicht: der KiBay, ein Fruchtsekt aus Mango und Maracuja. Die Idee kam den beiden, als sie in der Erntezeit im Überfluss wachsende Mangos auf der Straße verfaulen sahen. Mittlerweile liefern sie den KiBay an hunderte Mini-Supermärkte an der Ostküste der USA, wo ihn nostalgische Diaspora-Dominikaner kaufen.

Bevor einen die Tropenhitze auf den Liegestuhl niederstreckt, lädt Mallarino zu einer Tour über das Anwesen. Mit einem Golfwagen fährt sie den Hügel hinauf und führt durch Olivenbäume in den Weinberg. Schwarze Schläuche liegen entlang der Rebstöcke auf der Erde, aus dem jeweiligen Ventil fließen nicht mehr Tropfen als nötig. "Wasser ist kostbar hier", sagt Mallarino. Sie zeigt den Hain aus Feigenbäumchen, die Drachenfrucht-Kakteen und die Gewächshäuser, in denen Auberginen und Gurken, Salat und Basilikum wachsen. Unkraut reißen die Arbeiter von Hand aus, als Dünger bringen sie den Kot der 200 Ziegen aus, die für Käse und Ragout gehalten werden. Zusätzliches Gemüse kommt von einer Frauen-Kooperative. "Wir wollen, dass sie gemeinsam mit uns wachsen", sagt Mallarino. "Ocoa soll kein Ort sein, wo sich Reiche mit hohen Mauern abgrenzen."

Man kann Mallarino und Villalona ihr soziales Engagement durchaus abnehmen. Während der Aids-Epidemie Ende der 80er-Jahre arbeiteten die beiden in der Bronx, nach einem der zahlreichen Erdbeben halfen sie in Haiti. Ihre 35 Angestellten kommen allesamt aus der Gegend, die meisten aus dem Nachbardorf Hatillo, einem Nest aus bunt gestrichenen Beton- und Wellblechhäusern. Neben der Arbeit sollen sie Lesen und Englisch lernen. Und so Impulse geben für die arme Gegend, wo es bisher kaum Tourismus gibt.

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Oberhalb des Restaurants liegt ein neun Hektar großer Weinberg. Zum Simulieren der Winterruhe werden hier in den Tropen die Reben nicht bewässert.

(Foto: Florian Sanktjohanser)

In der Bodega aus Naturstein und Holz zeigt ein Werbevideo die Vision für die Zukunft des Projekts. Auf einem riesigen Fernseher im klimatisierten Präsentationsraum sieht man schick gerenderte Bungalows in den Hügeln, vor jedem ein eigener Minipool. Bauen will sie die Luxuskette Six Senses, zusammen mit einem Spa und Dutzenden Villen. Am Sandstrand unterhalb sollen die Reichen aus der Hauptstadt mit ihren Yachten anlegen können.

Den jungen Französinnen, die am späten Nachmittag mit einer Flasche KiBay im Sektkühler auf den Rattanliegen am Pool fläzen, könnte all das gefallen. Genauso wie dem Pärchen, das an der Poolbar kuschelt. Schmetterlinge schwirren über die Büsche unterhalb des Pools, ein Specht versenkt seinen langen Schnabel in orangefarbene Agavenblüten, am Himmel kreist ein Fregattvogel. Irgendwann will Villalona seine Gäste zum Sonnenuntergang im solarbetriebenen Katamaran an die feinsandige Playa Blanca schippern. Bis dahin ist es auch ganz okay, die Sonne von der Liege am Pool aus im Meer versinken zu sehen.

Reiseinformationen

Anreise: Mehrere Airlines fliegen aus Deutschland nach Santo Domingo. Von der Haltestelle nahe der Avenida 27 de Febrero fahren Busse von Caribe Tours nach Azua. Dort nimmt man ein Taxi zum Weingut.

Weingut: ocoabay.com

Unterkunft: Das Hotel Ibiza Palmar de Ocoa Azua ist etwas überteuert, aber liegt nahe am Weingut, DZ ab 112 Euro, Tel.: 001/80 98 66 81 41; günstigere Ferienwohnungen wie Las Palmas in Palmar de Ocoa (DZ ab 46 Euro) findet man auf AirBnB.

Informationen: Dominikanische Republik Tourist Board, Tel.: 069/91 39 78 78, E-Mail: germany@godominicanrepublic.com

Hinweis

Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

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