Die besten Badeorte:Still, magisch, abgelegen

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Dumm, dass die meisten Badestellen bestens bekannt sind. Wir haben trotzdem ein paar besondere gefunden. Illustrationen: Katharina Bitzl

Endlich Ferien, und dann auch noch diese Hitze! Nichts wie weg zum Abkühlen, ans Meer, den See oder einen klaren Fluss. Das Dumme ist nur, dass die meisten Badestellen schon allzu bekannt sind. Wir haben dennoch ein paar ganz besondere gefunden.

Die Stille mitten im Schilf

Der beste Strand ist natürlich dort, wo kein Strand ist. Das ist nur auf den ersten Blick paradox, denn: Wo kein Strand ist, sind auch wenig Menschen, und die Sommerruhe nistet sich schnell und heimlich in Körper und Seele ein. Der schönste Nicht-Strand in dieser Hinsicht ist das Ende der Mole von Fertörakos am Neusiedler See. Kurz hinter Eisenstadt im Burgenland geht es hinunter auf die ungarische Seite, dann noch ein paar Kilometer durch Weinberge, und dann: Schilf, nichts als Schilf. Und noch einmal Schilf. Hinter dem Schilf schwappt leise der See, der so flach ist, dass man fast überall hindurchwaten könnte, ohne in Atemnot zu geraten. Gleichwohl schwärmen Segler vom guten Wind, der aus der Steppe kommt, deshalb landen am Ende der Mole von Fertörakos, einem kleinen Dorf mit ein paar Fahrradvermietern und einem Campingplatz, viele Segler an. Sie wissen, was sie tun, denn dort, mitten im See, steht ein altes Holzhaus mit einer großen Terrasse. Auf der kann man sitzen und trinken, über das Wasser schauen, den Möwen und den Schwalben zuschauen und zuhören - und träumen. Kein Lärm stört die Sinne, keine Autos und keine Motorräder, keine Klimaanlagen oder Dieselaggregate, nur die Takelage der Boote klappert im Wind.

Cathrin Kahlweit

Shakespeares goldene Küste

Wer an England denkt, dem kommt wohl nicht als Erstes Strandurlaub in den Sinn, dabei gibt es hier einige der malerischsten Küstenstreifen Westeuropas zu entdecken. Vor Cornwalls Perranporth Beach kann man fast so gut surfen wie in Hawaii. Die Kiesel an der Jurassic Coast von Budleigh Salterton in Dorset sind so perfekt gerundet, als seien sie einzeln von Hand poliert. Und Embleton Bay in Northumbria bietet nicht nur vor Krabben wimmelnde Rockpools, sondern auch die spektakuläre Ruine von Dunstanburgh Castle. Aber der schönste Strand Englands heißt ohne Frage Holkham Beach. Im Norden der Grafschaft Norfolk gelegen, wirkt er so unberührt, dass er in der Schlussszene des Films Shakespeare in Love die Küste Virginias doubeln durfte, an der eine einsame Gwyneth Paltrow entlangwanderte. Unweit von Holkham Hall, einem Country House aus dem 18. Jahrhundert, erstrecken sich gut sechs Kilometer goldener Sandstrand. Holkham Beach ist Teil eines Naturreservats, Lebensraum für Perlmuttfalter und Seeschwalben. Im Sommer färbt Strandflieder die Salzwiesen zartviolett. Und noch etwas macht Holkham zu etwas Besonderem: Hier findet sich einer der wenigen offiziellen FKK-Strände im sonst eher prüden England.

Alexander Menden

Belle Epoque an der Gironde

Saint-Palais-sur-Mer hat einen hübschen Strand im Zentrum des Städtchens, das wie ein Hufeisen um diese Badebucht liegt. Der Rummel ist noch erträglich; und wer es nicht weit haben möchte in die nächste Eisdiele oder Crêperie, ist hier richtig. Die Besonderheit der Küste an der Mündung der Gironde in den Atlantik erlebt man jedoch weitaus besser, wenn man an der Höllenbrücke vorbeigeht, wie ein bizarr geformter Felsen heißt, und bis in die nördlich angrenzende Bucht an die Plage du Platin. Auf dem Spaziergang dorthin kommt man an vielen der Belle-Epoque-Häuser vorbei, die Saint-Palais-sur-Mer prägen. Man kann sich an diesem Sandstrand nicht nur sonnen und im flach abfallenden Meer schwimmen, sondern auch den Einheimischen zusehen, wie sie bei Ebbe an den steinigen Rändern der Bucht in Felsspalten nach Meerestieren fürs Abendessen suchen. Oder es ihnen gleichtun und selbst ein paar Krebse und Schnecken sammeln. Schön anzusehen sind die Carrelets, hölzerne Fischerhäuschen auf Stelzen, von denen rechteckige Netze ins flache Uferwasser gelassen werden. Nur wenige Strände haben überdies einen so imposanten Leuchtturm wie den Phare de Cordouan draußen in der Gironde-Mündung als Blickfang vor dem Horizont.

Stefan Fischer

Himmelsstürmer auf der Klippe

Sizilien ist mythisches Gebiet. Kaum ein Ort auf der Mittelmeerinsel, der nicht voller Legenden steckt aus der Vergangenheit, als das antike Griechenland hier blühende Kolonien hielt. Sizilien ist aber auch laut, chaotisch, im Sommer rappelvoll. Selbst im Angesicht berühmter Tempel fällt es schwer, sich in sagenhafte Epochen zurückzuversetzen. In Eraclea Minoa ist das anders. Die Bucht an der Südküste bietet unvermutet ein Stück wildes Sizilien mit weißen Klippen und kilometerlangem Strand. Wer nicht gerade in der Hauptsaison kommt, hat seinen Sonnenschirmplatz fast immer für sich alleine. Feinster Sand, die Kalkfelsen des Capo Bianco fallen steil ins Meer, im schattigen Nadelwald schnarren die Zikaden: Hier sind quälende Stop-and-go-Exkursionen zu den Stätten der Magna Graecia weit weg - und die Geschichten aus dem Altertum umso näher. Eraclea Minoa, mit Ausgrabungen hoch oben auf der Klippe, soll seinen Namen vom kretischen König Minos haben, der angeblich in der Nähe Jagd auf Daedalus machte, den Vater des Ikarus. Es gibt keinen besseren Platz, um seinen Gedanken über den Wagemut der beiden Himmelsstürmer nachzuhängen: Ein warmer Wind weht, die Pinien duften, in der Sonne glitzert das Mare africano. Magisch.

Anne Goebel

Bumerang an der Adria

Schönheit ist subjektiv, aber beim Zlatni rat kann es nur ein einziges Urteil geben: Dieser Strand auf der kroatischen Insel Brac ist der schönste der ganzen Adria. Schon seine Form ist so erstaunlich, dass man sie glatt für eine Erfindung der Tourismusindustrie halten könnte. Wie ein Bumerang liegt das zu Deutsch Goldene Horn im Meer, mit zwei Seitenlinien, die gut 400 Meter lang sind und vorn zusammenlaufen. Hier, auf der vom Meer umspielten Spitze mit dem Blick auf fern am Horizont liegende Inselchen, kann die Natur die Seele ungeahnt weiten - wären da nicht Tausende andere Menschen und der Geruch nach Grillwürstchen, die dem überirdischen Strand im August ein allzu menschliches Gepräge geben. Wer ihn für sich haben möchte, sollte sich in aller Frühe aufmachen - tatsächlich ein Erlebnis. Auf blanken Marmorplatten geht es einen Pinienwald hindurch, durch dessen Dickicht immer wieder das Meer blitzt. Man hört es schon, aber noch ist es fern. Erst wenn der Waldweg in große weiße Kiesel übergeht, die zum Wasser hin feiner werden, beginnt Kroatiens berühmtester Strand mit seiner windumwehten und wellenbenetzten Spitze: ein wunderschöner Endpunkt, der wie ein Anfang sein kann.

Marc Hoch

Mehr Kriechtiere für Griechenland

Eine Bucht mit silberweißem Sand, geschwungen wie eine Harfe, und kein All-inclusive-Beachpalast verstellt den Blick aufs blaugrüne Meer. Die Meeresschildkröte gilt als das heilige Tier der Aphrodite, und die wiederum ist die Göttin der Schönheit. Weshalb eigentlich alle Nistplätze der Caretta Caretta geschützt sein sollten. Leider gelingt dies nicht überall so gut wie in Gerakas, auf der griechischen Insel Zakynthos. Der Strand von Gerakas ist seit mehr als einem Jahrzehnt Teil eines Meeresparks, weshalb die Zahl der Sonnenschirme und Liegestühle und damit der Badegäste den ganzen Sommer über stark beschränkt wird. Wer kommt, darf nur ein paar Stunden ins Paradies, was die Parkwächter kontrollieren. Der Abstieg von einer Anhöhe ist allein zu Fuß erlaubt, kein Allrad-Auto darf auf den Traumstrand, wo Schildkrötenschützer Käfige über die im Sand abgelegten Schildkröteneier stülpen. Den Tieren ist auch die seltene Stille zu danken, jeder Discosoundteppich ist verboten. Gerakas ist nur ein Teil des Meeresparks. Auch Laganas, der längste Strand der ionischen Insel, gehört dazu. Aber da haben die Naturschützer schon verloren. Da ist immer Party. Tag und Nacht. Für manche ist auch das ein Paradies.

Christiane Schlötzer

Fata Morgana am Hörnle

Die Konstanzer sind ein sehr glückliches Völkchen, in ihrer schönen, reichen Stadt am Bodensee haben sie keinerlei Grund, den Aufstand zu proben. Vor ein paar Jahren hätten sie es aber beinahe doch getan. Für ihr Hörnle, das zu ihrem Glück nicht unwesentlich beiträgt. Das Hörnle ist ein städtisches Strandbad, grüne Wiesen, schattige Bäume, Kieselstrand. Es gibt Umkleiden dort, Duschen und einen Bademeister. Der Eintritt ist trotzdem frei. Als es irgendwann hieß, künftig würden zwei Euro fällig, rüsteten sich die Konstanzer empört zum Kampf. Der Aufstand fiel dann aber ins Wasser, die zwei Euro waren ein Aprilscherz der Lokalzeitung. Es ist also, man kann sich das denken, oft richtig voll am Hörnle, dieser frech in den See ragenden Landzunge. Aber die Weite des Sees macht das vergessen, der Blick auf Meersburg und den Horizont, an dem Wasser und Himmel eins werden. Wenn fern die Schiffe der Weißen Flotte vorüber gleiten, landen ihre Wellen eine Ewigkeit später am Ufer des Hörnles an. Und wenn man sich dann verzaubert an einem echten Meer wähnt und die Fähren für Ozeanriesen hält - dann erinnern einen die Schweizer Berge daran, dass man einfach nur für ein paar Stunden Teil eines sehr glücklichen Völkchens sein darf.

Roman Deininger

Höllische Schlucht, paradiesische Gumpen

Der Aufstieg zur Hölle lohnt sich. Eine knappe Stunde geht es über einen schönen Waldpfad hinauf in die Garganta de los Infiernos, die Höllenschlucht. Der Name dürfte aber nur Tarnung sein, denn es erwartet einen etwas, das handelsüblichen Paradiesvorstellungen sehr nahe kommt: 13 aus hellem Granit ausgewaschene Steinbecken, die der Fluss Jerte mit klarstem, smaragdfarben leuchtendem Gebirgswasser füllt. Es fällt in kleinen weißen Kaskaden von einem in das andere der verschieden großen Becken. In manchen kann man schwimmen, in anderen wunderbar wie im Whirlpool liegen. Das Wasser ist frisch, zum Glück, denn in der Extremadura steigen die Temperaturen nicht selten über 40 Grad. Goldwert sind deshalb auch die Eichen und anderen Laubbäume, die am teils feinsandigen Ufer Schatten spenden. Alle Felsen sind hier rund und abgeschliffen, nach dem kühlen Bad kann man sich darauf wärmen. Die Gumpen liegen in einem Naturreservat, das sich durch Vogel- und Froschkonzerte und über die Schlucht gleitende Geier bemerkbar macht. Es fehlt hier eigentlich nur noch eines: dass einem die Früchte in den geöffneten Mund fallen. Selbst das ist möglich - das tiefer gelegene Valle del Jerte ist ein einziges großes Kirschanbaugebiet.

Hans Gasser

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