Deutsche Bahn:500 Euro für Hitze-Geschädigte

Die Bahn will Opfern der Ausfälle von ICE-Klimaanlagen ein Schmerzensgeld in bar zahlen, zusätzlich zu Reisegutscheinen. Angeblich waren Probleme mit den Geräten bereits länger bekannt.

Nach heftiger öffentlicher Kritik will die Deutsche Bahn nun höhere Entschädigungen an Fahrgäste zahlen, die nach dem Ausfall der Klimaanlagen in ICEs ernste Gesundheitsprobleme bekommen hatten und ärztlich versorgt wurden.

Deutsche Bahn: Schüler werden am 10. Juli nach Hitzekollaps in einem ICE mit defekter Kimaanlage im Bahnhof Bielefeld versorgt.

Schüler werden am 10. Juli nach Hitzekollaps in einem ICE mit defekter Kimaanlage im Bahnhof Bielefeld versorgt.

(Foto: dpa)

500 Euro in bar sollen die Betroffenen erhalten. Bislang hatte die Bahn für diese Gruppe lediglich das Anderthalbfache des Fahrpreises in Form von Reisegutscheinen zugesagt. Diese sollen den Passagieren trotzdem ausgestellt werden.

So zahlt die Bahn sogar mehr als der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gefordert hatte. VZBV-Chef Gerd Billen hatte 300 Euro pro Person als Richtwert für ein angemessenes Schmerzensgeld genannt.

"Leider können wir damit die Vorfälle nicht rückgängig machen, setzen aber alles daran, die künftig zu verhindern", versicherte Bahn-Chef Rüdiger Grube.

Darüberhinaus bietet die Bahn den Passagieren, die unter der Hitze in den Zügen litten, aber keine ärztliche Hilfe benötigten, 50 Prozent des Fahrpreises ebenfalls als Reisegutschein an. Normale Fahrgastrechte etwa bei Verspätungen bleiben davon unberührt. Man habe bereits 2200 Antragstellern Reisegutscheine im Gesamtwert von 130.000 Euro ausgestellt, teilte die Bahn mit.

Am Donnerstag findet in Berlin zu den Pannen bei den Klimaanlagen ein Krisentreffen auf Spitzenebene statt: Bahn-Chef Grube, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und der Präsident des Eisenbahnbundesamtes, Gerald Hörster, wollen Mitgliedern des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages Rede und Antwort stehen. Zu dem nicht-öffentlichen Gespräch sind auch Mitglieder des Ausschusses für Verbraucherschutz geladen.

Probleme offenbar schon länger bekannt

Am 10. Juli war in Bielefeld ein ICE nach dem Ausfall der Kühlung gestoppt worden. Mehrere Teilnehmer einer Klassenfahrt kollabierten wegen der Hitze, neun von ihnen kamen ins Krankenhaus. An den folgenden Tagen wurden rund 50 Fälle defekter Klimaanlagen in Fernzügen bekannt, vor allem das Modell ICE 2 war betroffen. Dabei wurde auch das Verhalten einiger Bahnmitarbeiter kritisiert.

Wie der Berliner Tagesspiegel berichtet, gab es allerdings bereits vor dem 10. Juli Probleme mit den Klimaanlagen. In einer internen Statistik des Unternehmens sei für den Juni 2008 bei durchschnittlich vier der 44 ICE-2-Züge "Klima defekt" vermerkt. Der Mittelwert für den Juli lag bei drei, für den August sogar bei sieben Zuggarnituren. Die Werte wurden demnach jeweils morgens um sechs Uhr erhoben.

Bislang hat die Bahn von einem neuen Phänomen gesprochen, das es in dieser Häufung zuvor nicht gegeben habe. Die Klimaanlagen des ICE 2 seien bis zur vorvergangenen Woche "völlig unauffällig gewesen", sagte Bahnchef Grube in einem Interview. Die Bahn wies auch einen ZDF-Bericht zurück, wonach die Temperaturen im Bielefelder ICE auf mehr als 70 Grad gestiegen seien.

Kaum Ersatzzüge bei Ausfällen

Diese Behauptung sei "in keiner Weise nachvollziehbar". Eine interne Analyse habe bis zu 61 Grad im Energieversorgungsblock der Klimaanlage festgestellt. "Dieses Aggregat befindet sich jedoch außerhalb des Fahrgast-Innenraums an der Unterseite des Zuges", so die Bahn.

Bei einem Spitzentreffen am Donnerstag in Berlin wollen Bahnchef Rüdiger Grube und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Mitglieder des Bundestags-Verkehrsausschusses über Ursachen und Folgen der Pannenserie informieren. Die Ausfälle der Klimaanlagen sind nicht das einzige Problem, mit dem die Bahn derzeit zu kämpfen hat, berichtete das Magazin Stern.

Nachdem im Juli 2008 ein Schnellzug wegen eines Achsenbruchs in Köln entgleist war, müssten die Radachsen bei zwei weiteren ICE-Modellen häufiger überprüft werden. Die zusätzlichen Kontrollen raubten Wartungskapazitäten, hieß es.

Grube machte die ICE-Hersteller wegen des schlechten Zustands der Fahrzeugflotte für die Probleme verantwortlich. "Wir haben von der Industrie bislang fast nie Züge geliefert bekommen, die auch das geleistet haben, wofür wir bezahlt haben", sagte er dem Stern.

Den Bahnkunden machte der Konzernchef wenig Hoffnung auf eine baldige Verbesserung der Situation. Derzeit würden alle Züge eingesetzt, weshalb es bei Ausfällen kaum Ersatzfahrzeuge gebe. "Früher konnten wir jeden zehnten Zug in Reserve halten", sagte Grube dem Blatt. "Aufgrund der zehnmal häufigeren Kontrollintervalle ist die Reserve jedoch geschmolzen", fügte der Bahnchef hinzu. Wenn heute ein Zug ausfalle, "haben wir bei den ICEs eben kaum noch Ersatz".

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