Das Radwegenetz im Bregenzerwald:Die Alpe ist das Ziel

Auf dem Fahrrad durch den Bregenzerwald: Ob sportlicher Mountainbiker oder Genussradler - hier findet jeder das passende Terrain. Und macht am Ende manche spannende kulinarische Entdeckung.

Von Johanna Pfund

Nach dem Regen ist der Himmel frisch gewaschen an diesem Morgen. Die luftige Holzverkleidung des neuen Supermarkts in Bizau gegenüber von Kirche und Hotel Schwanen leuchtet heller, die Blumen in den Vorgärten der geschindelten Häuser scheinen noch bunter zu sein. Die Felsen des im Süden thronenden Bergstocks Kanisfluh wirken zum Greifen nah. Ein perfekter Tag für eine Radtour im Bregenzerwald.

Bleibt nur die Frage, wohin. Die Vorarlberger haben beim touristischen Ausbau des Radwegenetzes ganze Arbeit geleistet. Eine geteerte Radroute führt über weite Strecken entlang der Bregenzer Ache bis nach Schoppernau. Von dort aus ist es dann Terrain für ambitionierte Rennradler, die hinauf zum Hochtannbergpass treten wollen. Aber das muss ja nicht sein. Zwischen Krumbach, dem Grenzort zum Allgäu, Damüls im Südwesten und Schröcken im Nordosten gibt es 23 ausgewiesene und beschilderte Mountainbike-Runden für jedes Können und jeden Geschmack. Das bedeutet Strecken, die weitgehend geteert sind, ebenso wie Runden, die hauptsächlich über Schotterwege führen und mit steilen Passagen und Tragestrecken den Radlern einiges an Geschick abfordern.

Genaues Copyright und 'Inhaltsangabe' siehe Dateiname

Weit über den Wald hinaus führen die Mountainbikerouten im Bregenzerwald, mit freiem Blick über Alpwiesen und auf Bergspitzen.

(Foto: Stephan Schatz)

Apropos Geschmack, hungern muss auf diesen Routen auch niemand, der seine Energieriegel vergessen hat. Es gibt reichlich Alpen, wie die Almen im alemannischen Sprachraum heißen. Die Vorsäße oder Maisäße, also die niedrig gelegeneren Alpen, und auch die höher gelegenen Alpen, auf denen das Vieh im Hochsommer weidet, bieten während der Alpzeit Essen und Trinken an. Zudem gibt es das eine oder andere Gasthaus am Weg. Aber vor dem Genuss stehen ein paar Stunden Radeln an. Ziel ist es, am Nachmittag auf der Vorsäß Schönenbach zu landen. Und dorthin führen mehrere Wege von Bizau aus. Eine Beratung mit dem Seniorchef des Schwanen, Wolfgang Moosbrugger, führt zur Wahl einer Kombitour. Erst hinüber nach Au, den Ort, der im 17. Jahrhundert bekannt wurde für seine Barockbaumeister, die in Süddeutschland großartige Kirchen schufen, dann hinauf auf den Stoggersattel, hinunter nach Schönenbach. Und von dort aus, je nach Lust und Kondition, weiter Richtung Schreiberesattel.

Das Radwegenetz im Bregenzerwald: SZ-Karte

SZ-Karte

Erst einmal geht es hinauf, über die Anhöhe südlich von Bizau nach Schnepfau. Der Bregenzerwald ist ja nicht nur Wald, wie man annehmen könnte, sondern eine fast schon unwirklich idyllische Mischung aus Wiesen, dicht bewaldeten Vorbergen und richtigen Bergen. Gepaart mit einer augenfälligen Holzarchitektur, wie sie in den Alpen so kein zweites Mal zu finden ist. Vom Bushäuschen bis zum Supermarkt, vom Feuerwehrhaus bis zum Einfamilienhaus bestimmt Holz jedes Bauwerk. Seite an Seite mit wunderbar erhaltenen alten Wälder-Häusern, den traditionellen Bauernhöfen, steht moderner, geradliniger Holzbau.

Informationen

Informationen unter www.bregenzerwald.at/mountainbikerouten und www.walsertal.at sowie www.vorarlberg.travel. Im Großen Walsertal gibt es ausgewiesene Themenwege, etwa den Klangraumweg. Zudem findet dieses Jahr das Kulturfestival Walser Herbst von 19. August bis 11. September statt. Unterkunft: www.biohotel-schwanen.com, www.dasschaefer.at, www.alpenresort-walsertal.at. Johanna Pfund

Nach der ersten Abfahrt erreicht man den kleinen Ort Schnepfau. Ein Bilderbuchdorf wie so viele im Bregenzerwald, aber kein Museum. Die ersten Radfahrer trifft man auf dem Radweg, der von Schnepfau an der Bregenzer Ache entlang bis Au führt. Und jetzt geht es richtig den Berg hinauf. Eine immer schmaler werdende Teerstraße zieht sich unerbittlich den Hang hinauf und endet als Schotterstraße. Viel Platz hatten die Bregenzerwälder nie in ihren Bergen - und offensichtlich auch nicht immer Lust, unnötig flache Wege anzulegen. Das letzte Stück zum Stoggersattel führt also unmissverständlich geradeaus hinauf. Als Entschädigung gibt es einen herrlichen Ausblick über Blumenwiesen hinüber auf die Kanisfluh, in der Ferne schimmert das Blau des Lechquellengebirges.

Das Radwegenetz im Bregenzerwald: Klassische Wälder-Häuser sieht man unter anderem in Bizau.

Klassische Wälder-Häuser sieht man unter anderem in Bizau.

(Foto: Johanna Pfund)

Auf der Osterguntenalpe kurz unterhalb des Sattels ist schon eine Familie eingezogen. Ein kleines Mädchen genießt den Sonnentag in ihrem Badewännchen und grüßt freundlich alle Radfahrer. Viel hat sie da nicht zu tun, die Radler kann man an einer Hand abzählen.

Früher war alles bio, sagt die Hotelchefin. Sie selbst kocht nach Hildegard von Bingen

Runter geht es genauso steil wie hinauf, bis schließlich die weit gestreckte Maisäß Schönenbach erreicht ist. Im Jagdgasthaus Egender soll es die besten Käsknöpfle weit und breit geben. Das hat sich herumgesprochen, die Terrasse ist gut besetzt, was auch daran liegt, dass eine Mautstraße hinaufführt. Egal, die Lage ist idyllisch, und nach den verbrauchten Kalorien schmecken die Knöpfle umso besser.

Wer noch Kondition hat, kann weitertreten, hinüber zur Iferalpe, Richtung Sibratsgfäll oder Schreiberesattel oder direkt hinunterfahren nach Bizau, den Ort, an dem die Mautstraße beginnt. Dort, gleich neben der Kirche, liegt das Biohotel Schwanen. Es ist das einzige seiner Art weit und breit und vereint viel in sich, was den Bregenzerwald ausmacht. Das 500 Jahre alte Gasthaus ließ die Familie Moosbrugger 2009 neu gestalten - von Hermann Kaufmann, Professor für Holzbau an der TU München, Bregenzerwälder und Freund der Familie. Im selben Jahr stellte die Küche komplett um auf Bio, was durchaus belächelt wurde, wie Antonia Moosbrugger erzählt. Dabei hatte Bio Tradition im Haus. "Wir haben schon immer regional, saisonal und frisch gekocht", sagt die 58-Jährige. Vor 20 Jahren schon war sie auf die Küche von Hildegard von Bingen gestoßen. Ein Vortrag über die Klosterfrau, die im Mittelalter all ihr Wissen über Kräuter und Ernährung niedergeschrieben hatte, weckte das Interesse der Hotelchefin.

"Mir kam es so vor, als ob meine Mutter das auch immer so gemacht hätte." Sprich, Lebensmittel zu verwenden, die ein gutes Leben hatten - ob Tier oder Pflanze. Jede Pflanze hat ihre Wirkung. Die Teeauswahl zum Frühstück spricht Bände. Harmonietee etwa oder Energietee. Tee wie Lebensmittel bezieht Moosbrugger so viel wie möglich aus der Umgebung. Fleisch, Käse - das gibt es ja hier. Auf der Speisekarte sind die Hildegard-von-Bingen-Gerichte grün gekennzeichnet. "Wir bieten das an, aber es wird keiner zwangsbeglückt", sagt Antonia Moosbrugger. Graues Vollkorn muss hier niemand mehr fürchten. "Wenn etwas gesund ist, muss es auch schmecken", betont sie. Und Hildegard von Bingen hätte wohl auch ihre Freude am Bregenzerwald gehabt, mit Radeln, Landschaftsgenuss und Einkehr. Denn wer sich mit ihr beschäftige, sagt Moosbrugger, erfahre: Das Leben muss schön sein, man sollte nicht in Verzicht denken.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: