Süddeutsche Zeitung

Costa Rica:Eine Chance für den Regenwald

Wie das kleine Land in Mittelamerika versucht, die Balance zwischen wirtschaftlichem Aufschwung und Schutz der Umwelt zu finden.

Ein Hieb mit der Machete, und Ernesto González hat die abgeerntete Bananenpflanze geköpft. Er hebt den weichen Scheinstamm ein wenig an, legt unten einen winzigen hellgrünen Trieb frei und steckt den Stamm samt Trieb in den weichen rotsandigen Boden.

"In zehn Monaten werden wir hier eine Bananenkiste ernten", sagt der Vorarbeiter der Bananenfarm Nogal in der Provinz Limon in Costa Rica. Millionen der großblättrigen grünen Pflanzen reihen sich zwischen den Entwässerungskanälen in dem Land auf, das seinen Ruf und zum guten Teil auch seinen Wohlstand den Bananen verdankt.

Erntezeit ist immer, zwölf Monate im Jahr, und die von blauen Plastikhüllen geschützen Stauden beginnen ihre Reise an kilometerlangen Seilbahnen zur Reinigungs- und Verpackungsanlage. Dort erhalten die grünen Früchte die Behandlung, die sie befähigt, eine dreiwöchige Schiffs- und Lkw-Reise zu überstehen und dabei so heranzureifen, dass sie erst im Supermarkt in Mühlhausen, München oder Meißen gelb werden.

Spezielle Vorschriften für die Produktion

Anfang der neunziger Jahre, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Fall der Berliner Mauer, erhielt die Bananenproduktion in Mittelamerika einen kräftigen Impuls, sagt David McLaughlin, Direktor für Umwelt- und Sozialfragen des in Costa Rica stark vertretenen Unternehmens Chiquita. "Weil wir auf neue Märkte in Osteuropa setzten, erschlossen wir weitere Flächen, um die Produktion zu erhöhen." Das habe zu einer Verschärfung der ohnehin schon vorhandenen Kritik von Umweltschützern geführt.

Um dieser zu begegnen, schloss sich der US-Bananenproduzent mit der Nicht-Regierungs-Organisation Rainforest Alliance zusammen, die Regeln für eine möglichst soziale und umweltgerechte Produktion formuliert hat. "80 Prozent der Normen müssen mindestens erfüllt werden," erläutert der aus Deutschland stammende Biologe Oliver Bach. Das grüne Zertifikat der Rainforest Alliance sei der Beleg, dass die Banane umweltfreundlich und sozialverträglich produziert worden ist.

Wanderwege für die Tiere

Viel Platz für den Regenwald ist in der Region nicht übrig geblieben. Es gibt jedoch Versuche, dem Urwald die Möglichkeit für eine Rückkehr zu geben. So werden jetzt, auch unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), am Rande der Farm Restbestände des Urwaldes am Rio Sucio mit weiteren Waldstücken verbunden. Ziel ist, sie mit den Regenwäldern der zentralen Cordillera und dem dortigen Nationalpark zu verbinden. In Nogal wurde ein 100 Meter breiter Landstreifen von Bananenkulturen befreit und wieder aufgeforstet. Das Gelände soll zum "biologischen Korridor" werden, den Tiere für ihre Wanderungen benutzen können.

Nicht nur auf den Bananen-Farmen, auch in anderen Gebieten Costa Ricas setzt die Tätigkeit des Menschen den Resten des Regenwaldes zu: In den Bergregionen in bis zu 1500 Meter Höhe haben ihn die Kaffeeplantagen verdrängt, oft von Familien aus Deutschland gegründet und bewirtschaftet. Und neuerdings sind es endlose Ananasplantagen, die besonders viel Zerstörung anrichten. Anderswo brennen Viehzüchter den Urwald nieder, um Weideflächen zu erhalten.

Attraktion für Besucher

Auch der Tourismus ist in Costa Rica in den Wald vorgedrungen. Zahlreiche Lounges wurden mittlerweile in die Wildnis gebaut, um den Gästen einen möglichst naturnahen Urlaub zu ermöglichen. Hier hat der Regenwald eine Chance, weil die Tourismus-Verantwortlichen begreifen, dass sie nur mit dem Wald überleben können. Schließlich ist er in seiner prächtigen Vielfalt die Attraktion für die Besucher.

Im Süden des Landes, auf der Halbinsel Osa, wurde die Zerstörung zum Teil schon rückgängig gemacht. Dort baute vor 15 Jahren der US-Amerikaner John Louis unweit der Grenze zu Panama die Lounge "Lapa Rios" in die Wildnis, in die bis dahin nur Goldsucher, Wilderer und Verbrecher vergedrungen waren, letztere als Gefangene in einer Kolonie.

Die mit höchstem Komfort ausgestattete Anlage ist so gebaut, dass von ihr nur das von großen Palmen bedeckte Haupthaus zu sehen ist. Alles andere ist gewissermaßen Teil des Regenwaldes mit Blick auf den Pazifischen Ozean und einen tropischen Fjord, den Wale aufsuchen, um sich fortzupflanzen.

Nach "Lapa Rios", das von der Firma des aus Deutschland stammenden Hans Pfister geleitet wird, kommen meist Touristen aus Nordamerika, die Schlangen, Affen und Vögel beobachten wollen - und frisch verheiratete Paare zu einem naturnahen Honeymoon.

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