Süddeutsche Zeitung

Costa Brava in Spanien:Die gefälschte Idylle

Um das Bettenburgen-Image der Costa Brava vergessen zu machen, wirbt das zuständige Tourismusbüro einfach mit Fotos der Bahamas.

Sebastian Schoepp

Die Costa Brava ist ein wild gezackter Küstenabschnitt im Nordosten Spaniens, der laut Landkarte an der französischen Grenze beginnt und etwas mehr als 200 Kilometer weiter südlich endet. Dort, wo das Küstengebirge in die flacheren Gestade Barcelonas übergeht.

Das Patronato de Turismo der Costa Brava, ein halb staatliches, halb privates Marketingorgan der Tourismusindustrie, hat diese geographische Eingrenzung nun auf eigenwillige Art erweitert. Demnach beginnt die Costa Brava gleich hinter Miami, ist also Tausende Kilometer lang und überspannt den Atlantik.

Das jedenfalls muss glauben, wer sich die jüngste Werbung des Patronato ansieht, wo unter dem Titel "Wo beginnt die Costa Brava?" mit einem Foto geworben wird, das unzweifelhaft auf den Bahamas entstanden ist.

Entdeckt haben den Fauxpas spanische Medien, die die Werbetreibenden seither mit Häme überziehen. Sei an der Costa Brava kein Fleckchen mehr für ein ehrliches Foto zu finden, das Touristen nicht abschreckt?, fragen sie.

Tatsächlich gehört die Küste zu den verschandeltesten Regionen Spaniens. In den sechziger Jahren entdeckte die Franco-Diktatur sie als Einnahmequelle. Die engen Buchten und pinienumkränzten Strände wurden mit Hotelkästen zugestellt, die eine Billigklientel anlockten und der einst "wilden Küste" den Ruf verschafften, Hochburg des Massen- und Sauftourismus zu sein.

Die Chefin des Patronato, Dolors Batallé, beteuerte, man habe die Gäste nicht täuschen wollen. In einer Erklärung teilt sie mit, das Foto mit einer Strandschönheit an einer flachen Küste, die es so an der Costa Brava nicht gibt, sei nur "symbolisch" gemeint gewesen. Man habe ein Bild vom Strand neben eines der Berge gestellt, um die Bandbreite des katalanischen Tourismus zu illustrieren. Tatsächlich gibt es auch beim Bergfoto Zweifel, ob es die Pyrenäen zeigt oder nicht Nepal.

Nachfragen dazu werden nicht mehr beantwortet. Dolors Batallé sei derzeit ständig in Besprechungen, teilt ihre Sprecherin mit. Man darf annehmen, dass es darin um ihre Zukunft geht. Dabei hatte sich gerade das Patronato zunehmend bemüht, das Image der Costa Brava zu verbessern und ihre kulturellen Höhepunkte herauszustellen, etwa die Meisterwerke der katalanischen Romanik. Leider muss man die mühsam zwischen Bettenburgen suchen.

Wer das tut, entdeckt aber, etwa in Cadaqués oder Llafranc, noch immer Ecken, die erklären, warum der Dichter Féderico García Lorca die Costa Brava liebte, Marc Chagall ihr Licht pries und Salvador Dalí dort lebte.

Dichter Josep Pla schrieb über die Küste im Herbst: "In diesen sternklaren Nächten, erfüllt von schwebendem Dunst, duften Felder und Bäume nach reifen Mandeln, nach würzigem Pfefferminzblatt. Die Weinstöcke färben sich golden, die Pinien tragen einen dichten Mantel dunklen Grüns, die Stoppelfelder nehmen eine körnig-rötlichen Ton an. Die ganze Landschaft würde zwischen einen Krug Honig und eine Flasche Rum passen". Vielleicht findet Dolors Batallé ja doch ein Motiv diesseits der Bahamas.

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Quelle:
SZ vom 16.2.2009
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