Süddeutsche Zeitung

Skifahren in Österreich:Und plötzlich ist Ischgl Vorbild

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Der in Verruf geratene Wintersportort hat die Skisaison endgültig abgesagt. Folgen weitere Skigebiete?

Von Dominik Prantl

Kein einziger Skitag in der Wintersaison 2020/21. So lautet die Bilanz in Ischgl, Skiort in Tirol, bekannt für sein Après-Ski-Geschäft und seit vergangenem März auch Synonym für Unachtsamkeit in der Pandemie. Die Verantwortlichen der örtlichen Bergbahnen teilten diese Woche mit, den Skibetrieb nicht mehr aufzunehmen. Die Voraussetzungen dafür hätten sich zuletzt weiter verschlechtert. Noch immer gibt es Reiserestriktionen, Perspektiven für eine Öffnung von Hotels und Gastronomie fehlten. Die Entscheidung, nicht mehr in die Wintersaison zu starten, sei alternativlos.

Ischgl hat mit dieser Entscheidung ziemlich viel richtig gemacht. Obwohl in Österreich die Skigebiete - anders als etwa in Deutschland - seit Weihnachten öffnen durften, verhielt sich der Skiort auffallend zurückhaltend. Der Saisonstart wurde frühzeitig und mehrmals verschoben, anfangs vom 26. November auf Mitte Dezember, später auf Mitte Januar, zuletzt auf Ende Februar. Als Grund führten die Betreiber des grenzüberschreitenden Skigebiets dabei die unterschiedlichen behördlichen Vorschriften in Österreich und der Schweiz an. Schöner Nebeneffekt: Ischgl geriet dadurch erst gar nicht erneut in die Schusslinie.

Viel größere Einbußen als die geöffneten Skigebiete im Land wird Ischgl dadurch jedenfalls nicht haben. Im Gegenteil: Die Bergbahnen sind in diesem Winter eher ein Zuschussgeschäft. Österreichs Seilbahnobmann Franz Hörl rechnet für seine Branche mit einem Umsatzverlust von 80 bis 85 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren. In Skigebieten, die besonders stark von ausländischen Touristen abhängig sind, wie dies in vielen Orten in Tirol und dem Salzburger Land der Fall ist, wird der Rückgang wohl noch höher ausfallen.

Die Frage ist daher eher, ob sich andere Skigebiete Ischgl zum Vorbild nehmen und die Wintersaison vorzeitig beenden. Gerade in Tirol wurde das Skifahren zuletzt noch einmal erschwert. So ist seit 15. Februar ein maximal 48 Stunden alter negativer Corona-Test nötig, um die Skipisten zu befahren. Paradoxerweise sind Seilbahnen und Sessellifte von dieser Verordnung ausgenommen, da diese dem Eisenbahngesetz unterliegen und öffentlichen Verkehrsmitteln gleichgestellt sind. Man darf also weiterhin ohne Negativtest auf den Berg gondeln, nur eben nicht zum Skifahren. Jedenfalls zeigte die Testpflicht sofort Wirkung: Die Bergbahnen in Sölden stellten den Betrieb wegen der verschärften Auflagen vorübergehend ein, andere Skigebiete auf Wochenendbetrieb um.

Zumindest um die Seilbahnen in Ischgl muss sich vorerst allerdings noch niemand Sorgen machen. Vor der Pandemie betrug der jährliche Umsatz der örtlichen Silvrettaseilbahn AG etwa 80 Millionen Euro - bei einem Gewinn von mehr als 16 Millionen Euro.

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