China:Ein Riese in Bewegung

Von Xining nach Lhasa in 5072 Meter Höhe: Voller Stolz hat China die höchste Eisenbahnstrecke der Welt fertiggestellt. Die Tibeter befürchten dadurch einen weiteren Verlust ihrer Identität.

China "macht das Unmögliche möglich", verkündete die Propaganda bei der Fertigstellung der höchsten Eisenbahn der Welt nach Tibet.

Obwohl erst im Juli nächsten Jahres die ersten Züge probeweise fahren sollen, wurde der Bauabschluss vor kurzem mit einer Zeremonie auf dem Bahnhof der tibetischen Hauptstadt Lhasa gefeiert.

Über 1956 Kilometer steigt die erste Eisenbahnverbindung von Xining in der Provinz Qinghai in das größte Hochland der Erde bis nach Lhasa. Die Kosten für die jetzt fertig gestellte 1142 Kilometer lange Strecke zwischen Golmud und der tibetischen Hauptstadt wurden mit 33 Milliarden Yuan (3,3 Milliarden Euro) angegeben.

"Die Geschichte des Eisenbahnbaus muss neu geschrieben werden", stellte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua fest. Über 960 Kilometer wurden die Schienen auf mehr als 4000 Metern Höhe verlegt und erreichen an der höchsten Stelle 5072 Meter. Damit liegt die Strecke 200 Meter über der peruanischen Eisenbahn in den Anden.

Die Station Tanggula auf 5068 Meter Höhe ist künftig der höchste Bahnhof der Welt. 550 Kilometer der Eisenbahn liegen auf gefrorenem Boden, was wegen der globalen Erwärmung einmal ein Problem werden könnte.

Die skeptischen Worte des Dalai Lama

Die neue Verbindung dürfte "Touristen, Händler und chinesische Siedler" anziehen, wie die Tageszeitung China Daily schrieb. Bisher konnten Reisende nur mit dem Bus oder dem Flugzeug nach Tibet. Die Eisenbahn werde stark zur Entwicklung der Region beitragen, meinten chinesische Experten.

Dagegen fürchten Exiltibeter einen noch stärkeren Zustrom von Han-Chinesen und damit eine weitere kulturelle Angleichung der Tibeter, deren Hochland sich China nach der Invasion der Volksbefreiungsarmee 1950 einverleibt hatte.

Das exilierte geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, wurde mit den Worten zitiert: "Grundsätzlich ist eine Eisenbahnverbindung sehr nützlich für die Entwicklung, aber nicht, wenn sie politisch motiviert ist, um Veränderungen in der Bevölkerung zu bewirken."

Die Eisenbahn soll auch drastisch die Kosten für den Transport von Waren reduzieren, die bisher zu mehr als 95 Prozent auf dem Landweg nach Tibet kommen. Nur 15 Prozent der Reisenden nehmen das Flugzeug.

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