Bulgarien:Eine Stadt wie eine Zwiebel: Durch das unbekannte Sofia

Lesezeit: 4 Min.

Die Newski-Kathedrale ist das Wahrzeichen Sofias. Von der Dachterrasse der Galerie Swimmingpool hat man ihre goldenen Kuppeln im Blick. (Foto: Silvia Stammer/dpa-tmn)

Grün, geschichtsträchtig und: Geheimtipp-Alarm! Bulgariens Hauptstadt müsste eigentlich viel bekannter sein. Da ist einiges los und schon im Supermarkt stößt man auf Ausgrabungen aus der Römerzeit.

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Sofia (dpa/tmn) - Zwei unauffällige Bronzeskulptur-Grüppchen glühen hinter einem grauen Bauzaun in der Sonne, im Hintergrund ist der Rest eines Steinsockels zu sehen. Vom monumental-martialischen Denkmal zu Ehren der Sowjetarmee gegenüber der Sofioter Universität ist nach Beginn der Abrissarbeiten kaum etwas übrig. Ein Ort mit Symbolcharakter.

Hier hat Bulgariens Hauptstadt die Spuren der russischen Mächte, die von 1944 bis 1989 das Land beherrschten, getilgt. An anderen Stellen wie beim Präsidentenpalast mit seiner wuchtigen Architektur sind die Nachklänge des Kommunismus noch sichtbar – und doch sind sie nur Mosaiksteine in der reichhaltigen Geschichte Sofias.

Blütezeiten der Römerzeit gehören dazu ebenso wie der Bombenanschlag von 1925 auf die bulgarisch-orthodoxe Kathedrale Sweta Nedelja, der Boris III. (1894–1943), Zar von Bulgarien, galt. Er überlebte – weil er zu spät kam. Rund 200 Menschen sollen damals gestorben sein, bis heute ein nationales Trauma.

Prächtige Kirchen, Ausgrabungen, Bäume und Parks, Geschäfte und Cafés: Die 1,2-Millionen-Metropole macht es Besuchern heute leicht, sich in sie zu verlieben. Dabei hätten die meisten Besucher kaum eine Ahnung, was sie erwartet, sagt Tourguide Tomislaw Raschkow: „Sofia ist nicht die berühmteste Stadt in Europa.“ Aber er schwärmt: „Sofia ist wie eine Zwiebel, unter jeder Schicht kommt eine weitere zum Vorschein.“

Auf seinen Rundgängen umreißt er rund 7.000 Jahre Geschichte – von ersten Siedlungen in der Jungsteinzeit über die Thraker (5. bis 3. Jahrhundert v. Chr.), die Römer, 500 Jahre Türkenherrschaft bis heute. Ob man sich Kennern wie Raschkow anvertraut, einem Audioguide auf dem Handy oder einfach losmarschiert - wer sich durch die bulgarische Hauptstadt bewegt, erlebt weit mehr als nur Geschichte.

Ein Stadtspaziergang durch Sofia in fünf Stationen:

Wahrzeichen in Hochglanz - Alexander-Newski-Kathedrale

Ihre vergoldete Kuppel glänzt von weitem. Die Kathedrale, benannt nach einem russischen Nationalheiligen, liegt auf dem gleichnamigen Platz wie auf einem Präsentierteller. Gebaut wurde sie in Erinnerung an Zar Alexander II. und die Soldaten, die um 1877 Bulgarien von der Türkenherrschaft befreiten.

Die Alexander-Newski-Kathedrale mit ihrer goldenen Kuppel ist auch der Verwaltungssitz der bulgarisch-orthodoxen Kirche. (Foto: Silvia Stammer/dpa-tmn)

Wenn sonntags der Patriarch mit seiner funkelnden Krone den Gottesdienst zelebriert, erfüllen Gesänge den Kuppelbau. Ganz ruhig ist es dagegen in der Krypta, wo im Museum im Untergeschoss Ikonen aus mehreren Jahrhunderten zu sehen sind.

Info: cathedral.bg; Eintritt in die Kirche frei, ins Museum 6 Lewa, umgerechnet 3 Euro

Kunst im einstigen Schwimmbad - Galerie Swimmingpool

Nur ein kleines Schild an der Tür des Tsar Osvoboditel Boulevard 10 verrät die Galerie Swimmingpool. Mit einem alten Lift bis in den fünften Stock, dann ein paar Stufen hinauf: Im Dachgeschoss des denkmalgeschützten Hauses aus den 1940er-Jahren hat Viktoria Draganova eine Galerie eingerichtet, teils drinnen, teils draußen in einem bröckelnden Schwimmbad.

„Künstler brauchen Räume, wo sie sich ausprobieren können“, sagt die 43-Jährige. Sie hat in Deutschland Jura studiert und in Frankfurt am Main unter anderem fürs Städel Museum gearbeitet. Rückkehrer wie Viktoria sind ein Glücksfall für Sofia - und für kunstsinnige Besucher. Sie genießen den Blick über die Dächer Sofias auf die Goldkuppel der benachbarten Newski-Kathedrale und auf die Berge.

Info: Eintritt 5 Lewa, umgerechnet 2,50 Euro; swimmingpoolprojects.org

Einkaufen in antiker Kulisse - die Zentralmarkthalle

Hinter der hellen Fassade der Zentralmarkthalle von 1909 verbirgt sich – Überraschung! – ein Supermarkt. Eine deutsche Handelskette hat dort investiert und die Metallkonstruktion des Glasdachs aus der Werkstatt von Gustave Eiffel renoviert.

Die historische Zentralmarkthalle wurde renoviert und im Frühsommer 2024 als Supermarkt wieder eröffnet. (Foto: Silvia Stammer/dpa-tmn)

Im Untergeschoss wurden Reste eines römischen Bades aus dem 4. Jahrhundert freigelegt. Und wer einen Einkaufsbon hat, sieht noch mehr: Damit lässt sich eine VR-Brille aktivieren, die das einstige Serdica – so hieß Sofia in der Antike – sicht- und erlebbar macht.

Info: sofia-hali.bg (Website auf Bulgarisch)

Zhenski Pazar - Frauenmarkt

Ein Kilo Kirschen, dunkelrot und süß, für umgerechnet zwei Euro. Ein Kilo Walnüsse für umgerechnet neun Euro – auf dem Frauenmarkt, bulgarisch Zhenski Pazar, bekommt man was für sein Geld.

Ein bulliger Bulgare verkauft Ochsenherztomaten groß wie Handteller für umgerechnet 1,50 Euro das Kilo. Sie sind Bestandteil des Schopska-Salates, dem typischen Gericht mit Schafskäse.

Ob der Markt (täglich geöffnet von 9 bis 19 Uhr, Stefan Stambolov Boulevard) seinen Namen von heiratswilligen Mädchen bekommen hat oder vom gut sortieren Sortiment für die Hausfrau – unklar. Ein Bummel zwischen Souvenir- und Gewürzläden, Imbiss-, Obst- und Gemüseständen macht jedenfalls Spaß.

Info: pazari-vazrajdane.com (Website auf Bulgarisch)

Gebirge vor der Tür - im Stadtgarten

Vor dem Nationaltheater Ivan Vasov plätschert ein Springbrunnen. Unter Bäumen spielen ältere Sofioter Schach. Jüngere üben ein paar Schritte Horo, den bulgarischen Volkstanz.

Der Stadtgarten, Sofias älteste Grünanlage von 1872, ist eine Oase. Wer mehr Grün sucht: Von der Einkaufsmeile Boulevard Witoscha gut zu sehen, liegt das bis zu 2.300 Meter hohe Witoschagebirge quasi vor der Haustür.

Vom Witoscha Boulevard reicht der Blick bis zum Witoschagebirge vor der Stadt, das der Straße den Namen gibt. (Foto: Silvia Stammer/dpa-tmn)

Dort kann man wunderbar wandern, etwa zur Goldenen Brücke, einem mit Flechten bewachsenen Felssturz, unter dem ein Flüsschen gurgelt. Im Winter lockt ein kleines Skigebiet – und zu jeder Jahreszeit der Blick auf Sofia.

Info: visitsofia.bg

Links, Tipps, Praktisches:

Anreise: Flüge ab Deutschland dauern rund zwei Stunden und werden etwa ab Hamburg, Berlin, München oder Frankfurt an Main angeboten.

Einreise: mit gültigem Personalausweis oder Reisepass

Reisezeit: Sofia ist Ganzjahresziel. Vergleichsweise leer ist die Stadt von Juni bis Mitte September, wenn viele Sofioter in den Sommerferien sind.

Geld: Bulgariens Währung ist an den Euro gekoppelt. Scheine und Münzen erinnern an Euros. 1 Lew entspricht abgerundet 0,50 Euro.

Öffentlicher Nahverkehr: umfangreiches Metro-, Bus- und Tram-Netz. Pro Fahrt 1,60 Lewa, umgerechnet 83 Cent.

Stadtspaziergänge: Auf der Website der Tourismusbehörde gibt es Vorschläge. Kostenlose geführte Touren mit Freesofiatour.com (auf Englisch oder Spanisch) dauern zwei Stunden, ein Trinkgeld von etwa 20 Lewa/10 Euro ist gerngesehen. Ein anderer Anbieter ist Local Bini, der u. a. einen Rundgang „Die instagrammable Spots von Sofia“ im Programm hat ( 59 Euro pro Person). Über Audio Guide Bulgaria kann man sich geführte Stadttouren aufs Handy holen und selbst losmarschieren (ab 7 Euro).

Zeitverschiebung: Sofia ist Deutschland eine Stunde voraus.

Weitere Auskünfte: visitsofia.bg/en; bulgariatravel.org/de

© dpa-infocom, dpa:241007-930-253330/1

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: