Süddeutsche Zeitung

Thermen in Budapest:In der Stadt der Quellen

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In Budapests Thermen gibt es Partys im Pool und Bier im Zuber, um jüngere Gäste zu gewinnen. Dabei sind die historischen Bäder für sich schon eine Schau.

Von Monika Maier-Albang

Eigentlich ist man ja zum Entspannen hier. Aber die Rolltreppen rasen. Von unten nach oben, von oben nach unten, und manchmal geht es zur Metro hier richtig steil hinab. Die Budapester laufen behände am Gast vorbei, sie kennen ja beides: die zögerlichen Touristen und ihre rasanten Rolltreppen. Wobei selbst die Einheimischen sagen, dass deren Tempo seit Jahrzehnten zu den ungelösten Rätseln der Stadt zählt.

Aber dann ist man da, am westlichen Ufer der Donau, im Budaer Teil von Budapest, wo die meisten Bäder liegen. Es ist kein Zufall, dass sich die Thermalquellen, über denen schon zur Römerzeit Bäder errichtet wurden, in Sichtweite des Flusses befinden. Auf dem Gebiet von Budapest stoßen die Budaer Berge und die Große Ungarische Tiefebene aneinander; die Donau fließt also entlang einer Bruchlinie in der Erdkruste, durch die das Thermalwasser zutage tritt. Ursprünglich war es Regenwasser. Es sickerte in den Untergrund, schob sich durch Kalkstein und Dolomit, nahm die Hitze der Erde und die Mineralien aus dem Gestein auf. Zurück an der Oberfläche gilt es als Heilwasser. 118 Quellen hat die Stadt, zwölf Thermalbäder und zwei Hotels, die auch Thermalwasser nutzen. Die Bäder am Ufer der Donau lassen sich mit Tram oder Bus einfach abfahren, Budapest ist deshalb ideal zum Bäderhopping.

Schon im 2. Jahrhundert hatten die Römer an diesem Ort, den sie Aquincum nannten, an die 15 Bäder errichtet; das Militär schickte die Legionäre samt ihren Pferden zur Erholung ins heiße Quellwasser und in Schlammpackungen. Die Bürger besuchten Dampfbäder, die es für Männer wie für Frauen gab. Die freizügige Badekultur fand ihr Ende mit dem Erstarken der christlichen Orden. Öffentliche Bäder wurden verboten, das Wasser war nun den Kranken vorbehalten. Am Fuß des Gellértberges etwa errichtete man Anfang des 13. Jahrhunderts das Spital der Heiligen Elisabeth. Erst König Sigismund förderte im 15. Jahrhundert wieder öffentliche Badehäuser. Die Stadt Buda wurde königliche Residenz, was Geld und Wirtschaftskontakte brachte. Mit die schönsten Bäder entstanden im 16. Jahrhundert, als Budapest unter türkischer Besatzung war. Die Badeanstalten wurden wieder, was sie bei den Römern waren: öffentliche Orte, an denen man sich im Heilwasser reinigte, aber auch Kontakte pflegte und Spaß hatte.

Das ist heute wieder so. Natürlich haben die meisten Bäder nach wie vor ihre Therapie-Einrichtungen, um derentwillen im 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Menschen aus ganz Europa nach Budapest kamen. Doch über die medizinischen Anwendungen allein könnten sich die Bäder nicht finanzieren. Man habe vor einigen Jahren bewusst eine Neuausrichtung gesucht, sagt Szilvia Czinege, Marketingdirektorin der städtischen "Budapest Spas": mehr Spaß im Bad für junge Leute. Deshalb gibt es heute nächtliche Partys und ein "Beer-Spa" im Széchenyi oder den "Rooftop Pool" im Rudas, mit Bar und Blick auf die Donau. Man habe es so geschafft, dass "heute mehr Gäste unter 30 Jahren als über 60" kämen, sagt Czinege. Viereinhalb Millionen Tagesgäste waren es 2018, davon allein 1,7 Millionen im Széchenyi; vorwiegend Touristen aus Großbritannien, Spanien, Italien, China. Die Einheimischen haben meist Dauerkarten.

Allerdings will man mittlerweile nicht nur als hipper, sondern auch als hochwertiger Urlaubsort wahrgenommen werden. Der Bademeister im Rudas hat dann auch tatsächlich ein Auge darauf, dass im normalen Badebetrieb niemand betrunken herumläuft. Ihr sei wichtig, sagt die Spa-Managerin, dass auch die junge Generation den Wert des Budapester Wassers zu schätzen lerne und verstehe: "Das ist nicht nur was für eure Eltern und Großeltern. Fangt früh damit an, eurem Körper Gutes zu tun."

Anreise: mit dem Zug von München aus über Wien in sieben Stunden, hin und zurück mit Sparpreis z. B. ab 120 Euro, bahn.de Infos zu allen städtischen Bädern: heilbaderbudapest.com Übernachtung: Das neu eröffnete Hilton Garden Inn Budapest City Centre liegt zentral und trotzdem ruhig im Ausgehviertel, zwei Personen im DZ inkl. F. (ab 2020) ab 129 Euro, hiltonhotels.de Essen: Das Calvin Café (Metro Kálvin tér) gibt Menschen mit Behinderungen Arbeitsplätze.

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SZ vom 28.11.2019
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