Neue Brücke für London:Liegt ein Spinosaurus über der Themse

London braucht eine neue Brücke über die Themse, Architekten überbieten sich mit eindrucksvollen Ideen. Und welche vier Entwürfe kommen ins Finale? Genau.

Von Katja Schnitzler

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Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Alles soll schöner, größer und vor allem wohnenswerter werden in Nine Elms, einem Teil des Stadtbezirks Wandsworth im Südwesten von London. Was dort bisher fehlt, ist eine Brücke für Fußgänger und Radler - Touristen könnten dann ebenfalls gerne vorbeischauen, Westminster ist ja nicht weit. Also schrieb der Bezirk Wandsworth einen internationalen Wettbewerb aus: Statt einer 08/15-Brücke soll künftig möglichst eine neue Sehenswürdigkeit die Themse zwischen Nine Elms und dem Stadtteil Pimlico zieren. 80 Architekten- und Designteams aus 16 Ländern reichten mehr oder weniger gute Ideen ein, aus denen eine Jury vier für die nächste Runde auswählte. Der Sieger soll im Oktober feststehen.

Auf den folgenden Seiten sehen Sie vier Entwürfe, die es ins Finale geschafft haben - und die Brücken, die eigentlich viel schöner, spannender und verrückter gewesen wären.

Final-Entwurf 1: Die Planer haben mitgedacht: Damit die Radfahrer im Aufstiegskreisel nicht die Orientierung verlieren, leuchten die Brückenpfeiler rot - selbst durch den dichtesten Londoner Nebel.

Wem's gefällt: Menschen, die "schnörkellos" als Einladung zum Ausschmücken verstehen.

Spitzname: Hundeknochen

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Final-Entwurf 2: Die Sonne bringt die Nebelfetzen zum Gleißen, sodass man die filigrane Brücke fast übersieht (Schiffskapitäne haben hoffentlich genügend Weitblick). Wie an Spinnenfäden schwebt sie über der Themse, einzige formschöne Extravaganz sind die flachen Aufgangsspiralen. Die kommen einem doch irgendwoher bekannt vor ...

Wem's gefällt: Menschen, die der Meinung sind, eine Brücke wäre dort gar nicht nötig.

Spitzname: die Unsichtbare

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Final-Entwurf 3: Nein, geradewegs soll es offenbar nicht über die Themse gehen - Fußgänger und Radfahrer müssen in weiten Bögen erst einmal Anlauf nehmen. Immerhin wird der Aufstieg zur Brücke dann nicht so steil. Apropos Bogen: Dieser spannt sich leicht schräg über die Brücke, was angeschlagenen Gentlemen nach einer durchfeierten Nacht den Heimweg erschweren dürfte.

Wem's gefällt: Menschen, denen nach dem Feng-Shui-Lehrgang alles viel zu geradlinig vorkommt.

Spitzname: Spinosaurus

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Final-Entwurf 4: Und es geht doch ohne Kreise, Zirkel und Schnörkel: Schnurstracks scheint dieser Entwurf über die Themse zu führen, nur die im Licht gleißenden Brückenpfeiler stehen nicht parallel, sondern neigen sich ein wenig nach außen. Der Kringel versteckt sich im Detail: Auch dieses Design schont die Muskulatur von Fußgängern und Radfahrern mit einer langsam aufsteigenden Treppe und Auffahrt - nur sind diese im Ufergebüsch verborgen.

Wem's gefällt: Menschen, für die "schnörkellos" noch immer zu viel Klimbim ist.

Spitzname: Essstäbchen

Diese vier Finalteilnehmer sind eher britisch-zurückhaltend, manche würden sie auch langweilig nennen. An den anderen Entwürfen lag es nicht - auf den folgenden Seiten finden Sie Brückenvorschläge, die vor allem eines sollten: auffallen. Leider sind sie bei der Jury durchgefallen.

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Die Fußgänger wählen im Zentrum der Spirale zwischen Wendeltreppe oder Wandelrampe, die Radfahrer ziehen bequem größere Kreise. Um sie herum rauscht das Wasser der Themse hinter mindestens einem Regenbogen zurück in den Fluss - wahrscheinlich von acht bis 18 Uhr.

Wem's gefällt: Menschen, die Wasserfälle romantisch finden, egal wie nass sie dort werden. Und obwohl ihr Liebesgeflüster im Tosen untergeht.

Spitzname: Schneckerl

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Wie Radfahrer und Fußgänger nicht nur unfallfrei, sondern harmonisch über die Themse kommen, ist diesen Architekten egal - ein Asphaltband muss reichen. Dafür türmen sie darüber eine mehr als leicht psychedelisch angehauchte Konstruktion, die filigran und flammengleich aus dem Londoner Nebel wirbelt.

Wem's gefällt: Menschen, die vor einem modernen Kunstwerk nicht sagen, so etwas könnte ihr Kind auch.

Spitzname: Drachenschlund

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Der Entwurf: Wer ganz genau hinsieht, erkennt: Dieses Design stammt nicht von der Insel, die Radfahrer fahren im Rechtsverkehr. Doch da werden sich die Briten schnell auf die richtige Seite einigen. Kollisionen mit Fußgängern sind nicht zu befürchten - außer ein Radler wird bei der Auffahrtsspirale zum Geisterfahrer. Ein Modell für mehr Harmonie im Straßenverkehr.

Wem's gefällt: Menschen, die weder Skateboard noch Rollschuh fahren und sich daher nicht fragen müssen, welche Spur die richtige für sie ist.

Spitzname: Notenschlüssel

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Auf der Suche nach Inspiration hat der Designer offenbar seinen Keller ausgemistet und seine alten 80er-Jahre-Lichtschläuche wiederentdeckt. An diesem Fund lässt er nun die Welt teilhaben.

Wem's gefällt: Menschen mit Leuchtreklame auf dem Gästeklo.

Spitzname: Elektron

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Der Entwurf: Dieser Architekt findet, die Briten brauchen mehr Dynamik im Großstadtleben. Vielleicht hatte er aber auch nur einen Fehlversuch schwungvoll durchgestrichen - nur war ihm danach nichts Besseres mehr eingefallen.

Wem's gefällt: Menschen, denen London zu vertikal geworden ist.

Spitzname: Gymnastikband

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Der Entwurf: Als wäre es in London nicht schon nass genug, berieselt dieser Architekt die Bürger auch noch künstlich. Immerhin bleiben Schiffe bei ihm trocken. Aber die Springbrunnen sollen davon ablenken, dass er sich über die Brücke selbst nicht allzu viele Gedanken gemacht hat. Die seltsamen Farbtöne wohl auch.

Wem`s gefällt: Menschen, die in Einkaufszentren staunend vor dem Indoor-Brunnen verweilen.

Spitzname: Schleier des Vergessens

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Das Hin und Her und seitlich Geneigte dieser Brücke flößt erst einmal wenig Vertrauen ein. Aber es heißt ja "Abenteuer Großstadt".

Wem's gefällt: Menschen, die schon lange wissen wollten, wofür die vielen Gänge an ihrem Mountainbike eigentlich gedacht sind.

Spitzname: Knick-knack

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Hier scheint auf den ersten Blick alles auf die rasenden Radfahrer ausgelegt, die mit einer roten Schnellspur ab durch die Mitte strampeln. Bei näherem Hinsehen ist diese Brücke aber eine Oase der Leichtigkeit für den Fußgänger - was nicht an den Ballons liegt, welche hoffentlich nicht zur Tragkraft der Konstruktion beitragen müssen. Der Flaneur kann sich zwischen einer ebenen Promenade im Tannenbaumformat unten oder Holzstegen links und rechts entscheiden. Und sein Pferd darf er auch mitbringen.

Wem's gefällt: Menschen, die vom Roten Teppich träumen. Und Pferden.

Spitzname: Roadrunner

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Geländer? Wer braucht die schon. Orientierung? Einfach von Pflanze zu Pflanze. Treppen ins Nichts? Sind so was von en vogue.

Wem's gefällt: Menschen, die es schon lange auch im richtigen Leben mal aufs nächsthöhere Level schaffen wollen.

Spitzname: Glashaus des Wahnsinns

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Quelle: AFP

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Bevor einer der Brückenentwürfe umgesetzt wird, dürfte dieser Übergang bereits stehen: Die "Garden Bridge" soll 2018 fertig sein und dann die reiche Nord- mit der ärmeren Südhälfte der Stadt auf Höhe Temple Station und Southpark Centre verbinden - ein durchaus umstrittenes Projekt, nicht nur weil es dort bereits einige Brücken gibt. Der Fluss sei zum "Spielplatz für private Fantasien" geworden, schreibt der Guardian. Noch dazu gilt für Radfahrer: Wir müssen leider draußenbleiben. Den Park über der Themse dürfen nur Fußgänger queren.

© SZ.de/dd
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