Brücken-Design:Sehensmerkwürdigkeit für London gesucht

London braucht eine neue Brücke über die Themse. Also bittet die Stadt Architekten zu einem Wettbewerb unter dem Motto: Hauptsache auffallen.

Von Katja Schnitzler

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Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Bald soll alles schöner, größer, neuer und vor allem wohnenswerter werden in Nine Elms, Teil des Stadtbezirks Wandsworth im Südwesten von London. Was fehlt, meinen die Bezirksverantwortlichen, ist eine Brücke für die vielen Neubürger, beziehungsweise für die Fußgänger und Radler unter ihnen - und Touristen können ebenfalls gerne vorbeischauen, Westminster ist ja nicht weit. Also schrieb Wandsworth einen internationalen Wettbewerb aus, denn statt einer 08/15-Brücke soll künftig möglichst eine neue Sehenswürdigkeit die Themse zwischen Nine Elms und dem Stadtteil Pimlico zieren.

80 Architekten- und Designteams aus 16 Ländern hatten mehr oder weniger gute Ideen, aus denen nun eine Jury vier für die nächste Runde auswählt. Wenn der Siegesentwurf im Sommer feststeht, muss er erst einmal die städtischen Bauplanungsrunden überstehen. Die neue Sehenswürdigkeit könnte also langweiliger werden als gedacht.

Bevor das geschieht, zeigen wir zehn Brücken, die uns besonders aufgefallen sind:

Der Entwurf: Die Fußgänger wählen im Zentrum der Spirale zwischen Wendeltreppe oder Wandelrampe, die Radfahrer ziehen bequeme größere Kreise. Um sie herum rauscht das Wasser der Themse hinter mindestens einem Regenbogen zurück in den Fluss - wahrscheinlich von acht bis 18 Uhr.

Wem's gefällt: Menschen, die Wasserfälle romantisch finden, egal wie nass sie dort werden. Und obwohl ihr Liebesgeflüster im Tosen untergeht.

Spitzname: Schneckerl

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Wie Radfahrer und Fußgänger nicht nur unfallfrei, sondern harmonisch über die Themse kommen, ist diesen Architekten egal - ein Asphaltband muss reichen. Dafür türmen sie darüber eine mehr als leicht psychedelisch angehauchte Konstruktion, die filigran und flammengleich aus dem Londoner Nebel wirbelt.

Wem's gefällt: Menschen, die vor einem modernen Kunstwerk nicht sagen, so etwas könnte ihr Kind auch.

Spitzname: Drachenschlund

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Wer ganz genau hinsieht, erkennt: Dieses Design stammt nicht von der Insel, die Radfahrer fahren im Rechtsverkehr. Doch da werden sich die Briten schnell auf die richtige Seite einigen. Kollisionen mit Fußgängern sind nicht zu befürchten - außer ein Radler wird bei der Auffahrtsspirale zum Geisterfahrer. Ein Modell für mehr Harmonie im Straßenverkehr.

Wem's gefällt: Menschen, die weder Skateboard noch Rollschuh fahren und sich daher nicht fragen müssen, welche Spur die richtige für sie ist.

Spitzname: Notenschlüssel

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Auf der Suche nach Inspiration hat der Designer offenbar seinen Keller ausgemistet und seine alten 80er-Jahre-Lichtschläuche wiederentdeckt. An diesem Fund lässt er nun die Welt teilhaben.

Wem's gefällt: Menschen mit Leuchtreklame auf dem Gästeklo.

Spitzname: Elektron

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Dieser Architekt findet, die Briten brauchen mehr Dynamik im Großstadtleben. Vielleicht hatte er aber auch nur einen Fehlversuch schwungvoll durchgestrichen - nur war ihm danach nichts Besseres mehr eingefallen.

Wem's gefällt: Menschen, denen London zu vertikal geworden ist.

Spitzname: Gymnastikband

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Als wäre es in London nicht schon nass genug, berieselt dieser Architekt die Bürger auch noch künstlich. Immerhin bleiben Schiffe bei ihm trocken. Aber die Springbrunnen sollen davon ablenken, dass er sich über die Brücke selbst nicht allzu viele Gedanken gemacht hat. Die seltsamen Farbtöne wohl auch.

Wem`s gefällt: Menschen, die in Einkaufszentren staunend vor dem Indoor-Brunnen verweilen.

Spitzname: Schleier des Vergessens

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Das Hin und Her und seitlich Geneigte dieser Brücke flößt erst einmal wenig Vertrauen ein. Aber es heißt ja "Abenteuer Großstadt".

Wem's gefällt: Menschen, die schon lange wissen wollten, wofür die vielen Gänge an ihrem Mountainbike eigentlich gedacht sind.

Spitzname: Knick-knack

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Hier scheint auf den ersten Blick alles auf die rasenden Radfahrer ausgelegt, die mit einer roten Schnellspur ab durch die Mitte strampeln. Bei näherem Hinsehen ist diese Brücke aber eine Oase der Leichtigkeit für den Fußgänger - was nicht an den Ballons liegt, welche hoffentlich nicht zur Tragkraft der Konstruktion beitragen müssen. Der Flaneur kann sich zwischen einer ebenen Promenade im Tannenbaumformat unten oder Holzstegen links und rechts entscheiden. Und sein Pferd darf er auch mitbringen.

Wem's gefällt: Menschen, die vom Roten Teppich träumen. Und Pferden.

Spitzname: Roadrunner

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

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Der Entwurf: Die Sonne bringt die Nebelfetzen zum Gleißen, so dass man die filigrane Brücke fast übersieht (Schiffskapitäne haben hoffentlich genügend Weitblick). Wie an Spinnenfäden schwebt sie über der Themse, einzige formschöne Extravaganz sind die flachen Aufgangsspiralen.

Wem's gefällt: Menschen, die der Meinung sind, eine Brücke wäre dort doch gar nicht nötig.

Spitzname: die Unsichtbare

Nine Elms to Pimlico Bridge London Entwürfe Design

Quelle: www.nepbridgecompetition.co.uk

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Der Entwurf: Geländer? Wer braucht die schon. Orientierung? Einfach von Pflanze zu Pflanze. Treppen ins Nichts? Sind so was von en vogue.

Wem's gefällt: Menschen, die es schon lange auch im richtigen Leben mal aufs nächsthöhere Level schaffen wollen.

Spitzname: Glashaus des Wahnsinns

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Quelle: AFP

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Bevor einer der Brückenentwürfe umgesetzt wird, dürfte dieser Übergang bereits stehen: Die "Garden Bridge" soll 2018 fertig sein und dann die reiche Nord- mit der ärmeren Südhälfte der Stadt auf Höhe Temple Station und Southpark Centre verbinden - ein durchaus umstrittenes Projekt, nicht nur weil es dort bereits einige Brücken gibt. Der Fluss sei zum "Spielplatz für private Fantasien" geworden, schreibt der Guardian. Noch dazu gilt für Radfahrer: Wir müssen leider draußenbleiben. Den Park über der Themse dürfen nur Fußgänger queren.

© SZ.de/dd
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