Bretagne und Riviera:Delfinschau auf Distanz

Stars und Sternchen an der Côte d'Azur erspähen scheint vielen Touristen zu langweilig geworden. Und auch im Norden Frankreichs wollen sie lieber Finnwale, Pottwale und Delfine fotografieren.

Am Mittelmeer-Strand in der Sonne brutzeln und ab und zu einen Prominenten erspähen ist out - wer die neuen Stars an der Côte d'Azur sehen will, muss sich aufs Wasser begeben. Vor Frankreichs Küsten gehen immer mehr Naturfreunde auf Meeressäuger-Safari.

An der Riviera kommen Tierfreunden schon mal Finnwale, Pottwale und ziemlich sicher Delfine vor die Linse. Weiter oben im Norden bietet die Bucht des Mont-Saint-Michel am Ärmelkanal vor Bretagne und Normandie ähnliche Naturschauspiele.

An der Landebrücke von Villefranche-sur-Mer in der Nähe von Nizza drängeln sich schon um halb neun Uhr morgens rund sechzig Schaulustige. Die Passagiere der "Sirène" haben Videokameras und Fotoapparate gezückt, um die erhofften Begegnungen auf hoher See für die Nachwelt festhalten zu können.

Philippe Maurt, der als wissenschaftlicher Begleiter auf die halbtägige Safari mitgeht, sieht lächelnd zu, wie die Ungeduld an Bord steigt: "Die Delfine machen immer noch die Kinder schwach, und der Anblick der die Wale verpasst den Erwachsenen einen Schauder."

Finnwale, Pottwale oder Delfine - was genau bei einem Ausflug zu sehen ist, weiß niemand im Voraus. "Wir sind weder im Zoo noch im Freizeitpark", betont Meeressäuger-Experte Maurt. "Die Leute wissen, wie zufällig jede Ausfahrt ist."

Nach einer Stunde werden die angestrengten Blicke belohnt, die die Beobachter unter ihren Schirmmützen auf die Wasseroberfläche richten: Die "Sirène" stößt auf Schulen von einigen Dutzend Delfinen, die sich an einem Festessen laben.

Looping um Looping

Begeistertes "Ah" und "Oh" ertönt an Bord. Es sind Blau-weiße Delfine, "die häufigsten im Mittelmeer", wie Maurt betont. "Sie jagen und kümmern sich nicht um uns. Wenn sie in Spiellaune wären, gäbe es Looping um Looping." Auch so kombinieren die Tiere aber gekonnte Sprünge und elegante Surfeinlagen in der Bugwelle.

Vergebens hoffen die Passagiere dann auch noch auf einen Wal. Die riesigen Tiere zeigen Diva-Allüren. Dabei ist wie stets ein Pilot im einsitzigen Flugzeug eigens unterwegs, um nach Walen Ausschau zu halten und das Boot gegebenenfalls zu ihnen lotsen zu können.

Am entgegengesetzten Ende Frankreichs, im Nordwesten, können Delfin-Freunde in einem kleinen Schlauchboot Große Tümmler erleben.

Delfinschau auf Distanz

Vom Küstenort Cancale aus bietet der Verein Al Lark Ausfahrten in der Bucht des Mont-Saint-Michel zu den Delfinen.

Dabei ist das Ziel nicht bloßer Öko-Tourismus, wie Mitarbeiter Gaël erläutert: "Die Leuten halten das Ruder, machen Fotos von den Delfinen und zeichnen ihre Bewegungen auf." Die Ausfahrten haben ein wissenschaftliches Ziel - die Rückenflossen der Tiere sollen fotografiert werden.

Von den teils spielerischen, teils todernsten Kämpfen der Meeressäuger tragen die Flossen unverwechselbare Narben davon. 53 verschiedene Tümmler haben Beobachter auf den Al-Lark-Touren innerhalb von drei Jahren gesichtet.

"Mein Gott, wie schön"

Einige der bis zu vier Meter langen Tiere springen auch diesmal vor den Augen der Besucher hoch in die Luft. "Mein Gott, wie schön", ruft Virginie, die mit ihrem Sohn Benjamin gekommen ist. Der Zehnjährige kann sich gar nicht satt sehen: "Ich habe noch nie Delfine gesehen, und jetzt soviele auf einmal. Ich will jeden Tag wiederkommen", schwärmt er.

Die Naturschützer sind froh, ihre Delfin-Leidenschaft mit einigen tausend Begeisterten teilen zu können. Dabei halten sie aber bewusst Distanz zu den Tieren. Schwimmen mit Delfinen etwa sei bei Al Lark nicht zu machen; dies strenge die Tiere zu sehr an, sagt Vereinsgründer Yohann.

Der Verein SOS Grand Bleu sorgt sich schon, im Mittelmeer drohe ein ausuferndes "Whale Watching" wie in den USA, wo teils Dutzende Schiffe die Tiere in ihrem natürlichen Umfeld stören.

Philippe Maurt glaubt daran nicht; schließlich seien höchstens jeweils zwei Boote in derselben Zone unterwegs. Stattdessen lieferten die Delfin-Touren einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Tiere, von deren Leben gerade einmal ein Zehntel bekannt sei.

Und Wale übten zwar eine riesige Faszination aus, Geld für die Forschung gebe es in Frankreich aber kaum.

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