Bootfahren:Frei und ohne Pappe!

Seit Anfang Mai dürfen Haus- und Motorbootfahrer auf vielen Gewässern in Norddeutschland ohne Bootsführerschein schippern.

Für die kommende Saison - wenn der Bootsführerschein keine Pflicht mehr ist - erwarten vor allem große Hausbootvercharterer an der Mecklenburgischen Seenplatte, wie Kuhnle Tours, einen enormen Schub für ihr Geschäft. Jeder darf nun Kapitän sein!

"Wir denken, das geht Mitte Mai richtig los, das lassen die Anfragen vermuten", sagt eine Sprecherin der Crown Blue Line, die in Potsdam PS-starke Boote verleiht.

Anders als bisher können Neugierige jetzt fast die gesamte Seenplatte von Liebenthal nach Norden - soweit sie als Bundeswasserstraße schiffbar ist - nach einer eingehenden Einweisung befahren: Rund 400 Kilometer naturbelassene Flussläufe und Seen, an denen Eisvögel, Kraniche, Fisch- und Seeadler zu Hause sind.

Seit drei Jahren haben die Firmen zusammen mit dem Bundesverkehrsministerium die Regelung erprobt und waren mit den Erfolgen zufrieden.

Auf Grund gelaufen

"Es gab keine signifikante Erhöhung der Unfälle", sagt Uwe Tredup von der Wasserschutzpolizei in Waren an der Müritz, dem Herz der Seenplatte und mit 117 Quadratkilometern größten See in Deutschland.

Doch jetzt ist auch Tredup gespannt, was die Saison bringt. Gleich am ersten Maiwochenende mussten Zöllner bei Wolgast ein Hausboot freischleppen, das im zu flachen Wasser auf Grund gelaufen war.

Erstmals dürfen die Freizeitkapitäne jetzt mit bis zu 15 Meter langen Booten die Müritz überqueren, in die Schweriner Seen schippern und den Kummerower See in der Mecklenburgischen Schweiz ohne Führerschein in Augenschein nehmen.

Auch südlich Berlins gibt es kleinere Gebiete, wie bei Teupitz und Märkisch Buchholz, wo ohne Führerschein ausprobiert werden darf.

Rund 400 Kilometer Seen und Flüsse - Mitteleuropas größtes zusammenhängendes Seen-Gebiet - sind so inzwischen ohne Führerschein nutzbar.

Das lockt vor allem Anfänger, lautet die Erfahrung der Charterunternehmen. Zwischen Rechlin, Parchim und Zeuthen bei Berlin wurde sogar schon ein "Einweg-Verkehr" eingerichtet. "Trotzdem werden die Leute weiter auch Führerscheine ablegen", meint Mühleck.

Weiterhin Verkehrskontrollen

So ist schon jetzt zu erkennen, dass vor allem die neuen Reviere - die Bodden vor Rügen und Stralsund - Hobbykapitäne in Scharen anziehen. Statt vier hat Kuhnle jetzt schon elf Boote in der neuen Basis in Stralsund stationiert.

Dort ist der Sportbootführerschein Pflicht, so wie Berliner Gewässer und die Havel südlich von Liebenthal nur mit "Sportbootführerschein Binnen" durchquert werden dürfen.

Ähnliche Einschränkungen gelten auch noch immer für den "Amazonas des Nordens", die Peene, die gemächlich von Demmin bis ins Achterwasser vor Usedom fließt.

Die von Moorgebieten gesäumte Flusslandschaft, an der Biber und Fischotter zu Hause sind, soll in naher Zukunft auch unter Schutz gestellt werden.

So könnte die 40.000 Hektar große Flusslandschaft der vierte Nationalpark im Nordosten werden, sagte der Greifswalder Botanik-Professor Michael Succow.

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