Nostalgischer Alpentourismus: Der Bildband "Vintage Alpen" zeigt Schnappschüsse aus privaten Familienalben. Von Stefan Fischer Die Autos. Es sind schöne Autos, die man auf diesen alten Fotografien sieht, aus einer Zeit, als das Design noch ästhetischen Kriterien gehorchte und nicht funktionalen.
Insofern ist man verleitet, die Wagen als einen bestimmenden Teil des jeweiligen Panoramas zu akzeptieren.
Aber damit ist man bereits in die Romantisierungsfalle getappt: Denn der Band "Vintage Alpen" dokumentiert, im Kleid einer wohligen Erinnerung an die eigene Kindheit der sechziger, siebziger Jahre, wie nach dem Zweiten Weltkrieg und ganz massiv ab den 1960er Jahren die Alpen unter die Räder gekommen sind.
Ein Urlaub oder auch nur Wochenendausflug in die Berge war, was er heute wieder ist: eine überaus beliebte, als modern empfundene Art der Freizeitgestaltung.
Und an den Alpen zeigt sich besonders, was die neu gewonnene Mobilität bedeutet: Nicht nur Strecke zu machen, sondern Hindernisse zu überwinden. Es ging hinauf auf Pässe und Almen, die Alpen bekamen ihre automobile Infrastruktur verpasst.
"Papa lichtet noch rasch seine Lieblinge ab", heißt es in einer Bildunterschrift, ehe die Reise weitergeht. Die Lieblinge, das sind: die Ehefrau, die beiden Söhne, das Auto.
Daniela Horvath und Michael Martinek haben private Schnappschüsse aus den Jahrzehnten zwischen dem Zweitem Weltkrieg und dem Ende des Kommunismus zusammengetragen für ein Familienalbum en gros über die Urlaubs-Bergreisen einer ganzen Gesellschaft.
Das Konzept hat schon bei dem Titel "Vintage Vienna" funktioniert, der bereits in 5. Auflage erscheint und im Herbst einen Fortsetzungsband bekommt.
Die Bilder zeigen einen Alpentourismus, der ohne Funktionsbekleidung und Premium-Architektur ausgekommen ist. Bewusst inszeniert vor alpiner Kulisse haben sich die Menschen aber auch damals bereits.
Daniela Horvath, Michael Martinek: Vintage Alpen. Die Bilder unserer Kindheit. Metroverlag, Wien 2014. 160 Seiten, 19,90 Euro.