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Nancy Baron sieht Palm Springs als Oase des typisch Amerikanischen. Voll von Coolness und Exaltiertheit. In ihren Bildern beleuchtet sie ein selbstbewusstes, reiches Milieu, dem die Krise nichts ausmacht. Gar nichts. Von Stefan Fischer
Palm Springs, sagt die Sängerin Nancy Sinatra, stehe für alles, was gut gewesen sei in ihrer Kindheit. Die Fotografin Nancy Baron kennt die kalifornische Stadt nicht von klein auf, ihr ist sie inzwischen jedoch eine zweite Heimat geworden. Es war offenkundig Liebe auf den ersten Blick: Gestartet an einem kalten und trüben Wintertag in Chicago, war Baron sofort fasziniert von der sie "einhüllenden prächtigen Hitze", als sie das erste Mal nach Palm Springs kam.
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Auf den schneebedeckten Bergen ringsum verwandelte sich der Winter in bloßen Zierrat, hier in der Wüste war sie natürlich keiner Kälte mehr ausgesetzt. Es muss ein perfekter Moment gewesen sein nach der strapaziösen Reise, dort am Hotelpool. Sie hatte, erinnert sich die Fotografin nicht ohne Verklärung, "einen flüchtigen Einblick ins Paradies".
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Nancy Baron weiß jedoch, dass sie mit ihrer Einschätzung, Palm Springs werde geprägt von einer Atmosphäre "herzlicher und friedvoller Schönheit", nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt. Wohl auch deshalb hat sie sich gleich eingangs ihres Bildbandes "The Good Life - Palm Springs" munitioniert mit Nancy Sinatras Fürsprache.
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Und sie wendet die Kritik an der Kulissenhaftigkeit der Stadt, an der Abschottung ihrer vermögenden Bewohner und an dem selbst für amerikanische Verhältnisse hohen Wasser- und Energieverbrauch - was man alles durchaus unanständig finden kann - ins Gegenteil: Baron definiert Palm Springs als Oase des typisch Amerikanischen mit einem "nostalgischen Respekt vor der Vergangenheit".
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Hier ist es nach Nancy Baron noch möglich, das gute Leben zu führen, das einem der American Dream verheißt. Die vielgestaltige Krise, in der die USA stecken, mit all ihren wirtschaftlichen, kulturellen, moralischen Implikationen, habe Palm Springs nicht erreicht.
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Die Frage, ob ein geduldiges Beharren auf der speziellen Lebensart dieser Stadt tatsächlich einen hoffnungsvollen Weg in die Zukunft weist, wie Baron glaubt, oder ob Palm Springs nicht doch nur noch ein Americana-Freilichtmuseum ist, wird die Zukunft beantworten.
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Nancy Baron jedenfalls porträtiert die Ausgestaltungen dieses "Good Life" in ihrem Buch, sie dokumentiert eine Coolness und Exaltiertheit, die man in den USA außerhalb der Millionenstädte tatsächlich kaum findet und die erstaunlich wenig neureich daherkommt. Und sie beleuchtet damit das Selbstbewusstsein eines Milieus, in dem der amerikanische Traum Tatsache geworden ist - und in dem sich die Menschen sicher sind, dass er nicht platzen wird. Nicht für sie.
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Die Fotografien wechseln in ihrer Motivwahl zwischen Ausblicken und verwehrten Einblicken. Gesellschaftliches Leben findet hier im Privaten statt. Der öffentliche Raum ist den Touristen vorbehalten, er existiert insofern losgelöst von dem, was diese Stadt im Kern ausmacht. Wer davon etwas mitbekommen möchte, ist beinahe zwangsläufig auf eine Vermittlerin wie Nancy Baron angewiesen, die den Betrachter gewissermaßen einführt in diese Gesellschaft, ihn auf die Partys mitnimmt und mit den Bewohnern bekannt macht.
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Man dringt dabei vor bis in die Schlafzimmer und vor die geöffneten Kleiderschränke - und erlebt bei diesen Haus- und Grundstücksbesichtigungen, welche Kraft der Wille zur Selbstverwirklichung entfalten kann. Und wer es genießen und sich leisten kann, sein Leben als immerwährenden Sommerurlaub zu führen, dem ermöglicht Palm Springs tatsächlich "The Good Life", das Nancy Baron hier in Szene setzt.
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Nancy Baron: The Good Life - Palm Springs. Kehrer Verlag, Heidelberg und Berlin 2014. 96 Seiten, 39,90 Euro.