Süddeutsche Zeitung

Bildband "Heiliges Indien":Hindus, Sikhs und Missionare

Der indische Fotograf Amit Pasricha hat die Vielgestaltigkeit der Religiosität in seiner Heimat mit einer Panorama-Kamera festgehalten. Die detailreichen Fotos zeigen das friedliche Mit- und Durcheinander der Glaubensrichtungen.

Eine Rezension von Stefan Fischer

Der indische Fotograf Amit Pasricha hat die Vielgestaltigkeit der Religiosität in seiner Heimat mit einer Panorama-Kamera festgehalten. Die detailreichen Fotos zeigen das friedliche Mit- und Durcheinander der Glaubensrichtungen. Eine Rezension von Stefan Fischer. Über seine eigene Religiosität schreibt der Fotograf Amit Pasricha nichts im Vorwort zu seinem Bildband Heiliges Indien. Nur so viel erzählt er: An dem einen Ende der Straße, in der er aufgewachsen ist, war eine Gebetsstätte der Sikhs, am anderen ein Hindutempel.

Die Schule, die Pasricha besuchte, wurde von katholischen Missionaren geleitet. Das ist seine These über Religion in seiner indischen Heimat, die Axel Michaels, Professor für Indologie in Heidelberg, untermauert: Es gibt ein überbordendes Nebeneinander von Glaubensrichtungen und Glaubensinhalten. Und die meisten Menschen bedienten sich gleich bei mehreren Religionen.

Die Religionen, so wie sie in Indien gelebt werden, entziehen sich einer wissenschaftlichen Darstellung, weil die vermeintlich gleiche Sache im nächsten Dorf, in der nächsten Familie schon wieder anders aussieht.

Es gibt in Indien religiös begründete Konflikte, die auch zu tödlichen Zusammenstößen führen. Der Bildband indes spart jede Art von religiösem Fanatismus aus und zeigt stattdessen, wie vielgestaltig der friedlich gelebte religiöse Alltag in Indien ist.

Amit Pasricha hat sich dafür einer besonderen Technik bedient: Er hat seine Aufnahmen mit einer Panorama-Kamera gemacht. Das führt zu einigen besonderen Effekten: Zum einen kann Pasricha dadurch komplette Tempelanlagen - oder die Überreste davon - in einem Bild darstellen.

Viele der Aufnahmen haben eine beeindruckende Weite des Blicks, der doch auch viele Details kenntlich macht. Aufschlussreich ist aber auch, was Amit Pasricha in geschlossenen, teils sogar engen Räumen mit dieser Technik fotografiert.

Denn auf den Panorama-Bildern sieht man sowohl die Priester wie auch die Gläubigen, sieht den Betenden und zugleich den Altar oder Schrein. Es ist viel Bewegung und Lebhaftigkeit in den Motiven, es gibt viel zu entdecken. Und in den kleinen erklärenden Texten zu den Fotografien erfährt man, was sich rein optisch nicht komplett erschließt.

So hat Pasricha in der Hütte eines Töpfers halb fertige Götzen fotografiert. Dem Lehm für diese Figuren wird etwas Erde von der Türstufe einer Prostituierten beigemischt. Dieser Staub gilt als besonders rein. Denn an dem Ort, so der Glaube, verlieren die Männer ihre Tugend. Und die nimmt der Staub auf.

Amit Pasricha: Heiliges Indien. Edition Panorama, Mannheim 2012. 192 Seiten, 65 Euro.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2013
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