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Bildband "Brücken der Welt":Am Anfang war eine Planke

Brücken als Bauwerke, die Orte verbinden, auch wenn sie nicht immer zwingend zueinander streben. In Karl Langs Bildband bleibt dabei viel Raum für kuriose Beobachtungen.

Von Stefan Fischer

Brücken als Bauwerke, die Orte verbinden, auch wenn sie nicht immer zwingend zueinander streben. In Karl Langs Bildband bleibt dabei viel Raum für kuriose Beobachtungen. Von Stefan Fischer Wenige Motive eignen sich für die Panorama-Fotografie so gut wie Brücken. In dem - wie von der Edition Panorama gewohnt - breitformatigen Band "Brücken der Welt" bekommt jede der Fotografien Karl Langs sogar eine Doppelseite. Im Bild: Tay Rail Bridge, Dundee, Schottland

Kühn schwingen sich die Brücken über Flüsse und Meeresarme, majestätisch überspannen sie eine Talsenke. Im Bild: Ponte Vasco da Gama, Lissabon, Portugal

Manchmal sind sie aber auch ganz zerbrechlich und klein, kaum mehr als ein gefällter Baumstamm oder eine wackelige Planke. Im Bild: Brücke in der Provinz Yüan, China

Die meisten der Fotografien sind entstanden, da gab es die Idee zu diesem Bildband noch gar nicht. Der Fotograf Karl Lang ist viel in der Welt herumgekommen, und die mal filigrane, mal wuchtige, aber immer klare Ästhetik dieser speziellen Bauwerke hat ihn lange schon fasziniert. So sind eher beiläufig all die Aufnahmen entstanden, die in der Summe dann doch den Anschein einer planmäßig erstellten Gesamtschau erwecken. Im Bild: Göltzschtal-Viadukt, Mylau, Deutschland

Es sind Brücken in dem Band zu sehen, die beinahe schon einen emblematischen Charakter haben - die Tower Bridge (im Bild) etwa oder die Golden Gate Bridge. Andere sind nur funktional und kaum mit Historie und Projektionen aufgeladen. Manche sind nicht einmal schön.

Das gilt allerdings für die wenigsten. Was in der Natur dieser Bauwerke liegt, aber auch an den Vorlieben des Fotografen. Lang hat die Dynamik der modernen Hängekonstruktionen festgehalten und die Eleganz jahrhundertealter Steinbauten. Manchmal sind sie nur Kulisse im Stadtbild, manchmal erscheinen sie zweidimensional, so als würden sie zwar zwei Landpunkte miteinander verbinden, wären aber so schmal, als könnten nur Seiltänzer sie benutzen. Im Bild: Puente de Conchi, Chiu Chiu, Chile

Auf wieder anderen Bildern sind sie alles, da gibt es keine Welt jenseits der Brücke selbst. Was zu einer interessanten Verschiebung ihres Charakters führt, weil dann das Verbindende entfällt und diese Nicht-Orte, die eigentlich nur dem Transit dienen, zum einzigen Anker- und Aufenthaltspunkt in dem jeweiligen Landschafts-Ausschnitt werden. Im Bild: Viaduc de Millau, Millau, Frankreich

Die ergänzende Texte bilden, wenn man so will, das Fundament: Man kann einiges erfahren über die Ingenieurskunst, über Bauweisen und Materialien sowie über spezielle Funktion und konkrete Notwendigkeit der jeweiligen Brückenbauten. Im Bild: Spoorwegbassin Brug, Amsterdam, Niederlande

Und wo Brücken Dinge verbinden, die nicht zwingend zueinander streben, bleibt immer auch Raum für kuriose Beobachtungen. So haben Chinas Kaiser der Qing-Dynastie mit ihrem Sinn für Anmut im 17. Jahrhundert eine Sommerresidenz vor den Toren Pekings errichten lassen, in deren Park - genannt der Garten der harmonischen Einheit - ein künstlicher See angelegt wurde, nur um Brücken über dessen Wasser spannen zu können. Aus 17 Bögen besteht die Shiqi Kongqiao genannte Brücke (im Bild) - und führt auf eine Insel, auf der die Halle der Bescheidenheit liegt.

Nicht ohne Komik sind auch die Schilder, die das Fotografieren auf der Howrah Bridge (im Bild) verbieten: um den Verkehrsfluss nicht zu behindern. Als ob der Verkehr hier, in Kalkutta, nicht ohnehin ständig stocken würde. Aber was wäre das auch für eine Brücke, die nicht ständig überlastet ist, ob in Indien oder sonst wo auf der Welt.

Karl Lang: Brücken der Welt. Edition Panorama, Mannheim 2013. 320 Seiten, 78 Euro.

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SZ vom 13.02.2014
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