Besondere Reiseziele: Tierwanderungen:Rennen um Leben und Tod

Es sind Naturgewalten der besonderen Art: Tiere galoppieren, krabbeln und kämpfen sich von einem Ort zum anderen. Wann und wo welcher Zug der Tiere stattfindet.

Berit Uhlmann

15 Bilder

FLOCK OF STARLINGS FORM ABSTRACT PATTERNS ABOVE ROME'S ROOF TOPS

Quelle: Reuters

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Millionen Tiere ziehen jährlich über den Planeten, nicht selten legen sie dabei Tausende Kilometer zurück. Ihr perfekter Orientierungssinn und die mathematische Genauigkeit, mit der sich viele der Tiere formieren, sind nicht nur für Wissenschaftler faszinierend. Wer die gewaltigen Tierkarawanen beobachten kann, vergisst dieses Spektakel nicht so leicht.

Stare über den Dächern von Rom

Tierwanderungen

Quelle: Anup Shah, National Geographic

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Es ist die längste Tierwanderung der Erde, denn sie kennt keinen Anfang und kein Ende: Das ganze Jahr über ziehen mehr als eine Million Gnus durch die Steppen Afrikas, immer dem Regen und dem Grün hinterher. Bis zu 3000 Kilometer währt der Rundweg durch Kenia und Tansania. Dabei geht es nicht nur gemächlich widerkäuend zu: Manchmal jagen die Gnus mit Geschwindigkeiten von 80 Kilometern pro Stunde über das weite Land. Und das ist nur ein Teil des Schauspiels.

Tierwanderungen

Quelle: Alamy, National Geographic

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Die Gnus werden auf ihren Wanderungen von 200.000 Steppenzebras und 350.000 Thomson-Gazellen begleitet. Gemeinsam sorgen die Tiere für eine Art gigantische Landschaftspflege: Die Zebras fressen das alte Steppengras und machen damit dem neuen Austrieb Platz. Von dessen ersten Grashalmen ernähren sich die Gnus, die mit ihren wirbelnden Hufen zugleich den Boden umpflügen und ihn mit ihrem Kot düngen. Dadurch bedeckt sich die Serengeti mit einem frischen Grasteppich, der schließlich den Gazellen als Nahrung dient.

Tierwanderungen

Quelle: Anup Shah, National Geographic

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Von Dezember bis in die ersten Monate des neuen Jahres hinein sammeln sich die Gnu-Herden am südlichen Ende des Serengeti-Nationalparks und dem angrenzenden Ngorongoro-Schutzgebiet. Hier bringen sie ihre Kälber zur Welt und verbringen die Regenzeit. Nach dem Ende des Monsuns im Juni trocknet die Ebene aus und die Gnus wandern auf ihrer Suche nach frischen Weidegründen in Richtung Westen zum Victoriasee. Wenige Wochen später dörrt die Sonne auch diese Böden aus und die Tiere ziehen weiter nach Norden in das kenianische Schutzgebiet Masai Mara, wo sie die Trockenzeit überstehen. Mit dem Beginn der Monsunregen im Dezember wandern sie wieder zurück in die saftigen Weiten der Serengeti.

Wo die Tiere am besten zu sehen sind: Die meisten Safaris in Tansania starten von Arusha oder Moshi aus, da die Besucher in der Regel über den Kilimanjaro Airport 50 Kilometer östlich von Arusha einreisen. In Kenia starten die meisten Safaris ins Masai-Mara-Naturschutzgebiet von Nairobi aus.

Wann: Wer den Serengeti- oder Ngorongoro-Park in Tansania besucht, hat von Dezember bis März die besten Chancen, die Tierwanderung zu beobachten. Im April und Mai ist Regenzeit, Safaris sind nicht unmöglich, aber schwieriger. Touren zu den Weidegründen in der kenianischen Masai Mara sind von Oktober bis Dezember am günstigsten. Allerdings schwanken das Wetter und der genaue Ablauf der Tierwanderungen von Jahr zu Jahr. Reiseanbieter passen die Touren entsprechend an, eine absolute Garantie, dem Spektakel beizuwohnen, gibt es allerdings nicht. Dennoch bieten die Naturschutzgebiete auch ohne die Migration unvergessliche Eindrücke. Am einfachsten und sichersten ist, eine mehrtägige Safari über einen qualifizierten Anbieter zu buchen. Mittlerweile sind einige von ihnen als Öko-Tourismus-Anbieter zertifiziert und achten auf möglichst schonende Touren durch die Natur.

Mehr Informationen unter: www.serengeti.org

www.maasaimara.com

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Quelle: AP

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Wenn diese Schmetterlinge in die Lüfte steigen, kann man ihre Flügelschläge vernehmen und der Himmel scheint orange-gelb gesprenkelt, manchmal sogar wie von einem riesigen fliegendem Schirm überspannt: Mehrere hundert Millionen Monarchfalter sammeln sich jeden Winter in Zentralmexiko. In Schichten bedecken sie die Bäume, in Trauben hängen sie von den Ästen. So überwintern sie nach einer Reise aus den nordamerikanischen Sommerquartieren, die bis zu 3000 Kilometer lang sein kann.

Der Fortbestand der zarten Geschöpfe ist unsicher, denn der Mensch kommt ihnen immer näher. Die Wälder, die den Faltern als Winterquartiere dienen, werden zunehmend abgeholzt. Auch in ihren Sommerquartieren in Nordamerika sind sie gefährdet. Der Bestand an Seidenpflanzengewächsen, die den Raupen als Nahrung dienen, ist stark rückläufig. Manche Experten fürchten, dass es das Schauspiel nicht mehr lange geben wird.

Monarchfalter

Quelle: AP

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Wo: Die Schmetterlinge überwintern in mehreren Quartieren in den mexikanischen Bundesstaaten México und Michoacán, rund 70 bis 170 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt. Die meisten Winterquartiere liegen innerhalb des Mariposa-Monarca-Biosphärenreservats. Einen guten Ausgangspunkt für geführte und für die Tiere verträgliche Touren bietet das Dorf El Rosario, nahe der Stadt Ocampo in Michoacán. Interessierte sollten unbedingt nur die öffentlich zugänglichen Quartiere aufsuchen, um die bedrohten Tiere nicht noch zusätzlich zu gefährden.

Wann: Von November bis Februar überwintern die Tiere in Mexiko. In diese Zeit fällt auch ihre Paarung.

Mehr Informationen (in Spanisch): www.ccu.umich.mx/mich/monarca/monarca2/inicio.html

Lachse

Quelle: AP

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Wenn in Alaska der kurze Sommer beginnt, erblühen nicht nur die Pflanzen der Region, sondern auch die Körper der Rotlachse. Paarungsbereite Männchen, die im Pazifischen Ozean überwinterten, nehmen im Süßwasser statt der silbergrauen eine leuchtend rote Farbe an und machen sich auf den Weg zu ihren Laichgründen im Landesinneren. Einem glühendroten Strom gleich ziehen sie flussaufwärts und springen sogar über Wasserfälle und Wehre. Am Ziel angekommen, laichen sie in Seen oder seichten Flüssen in jenen Kiesbetten, an denen sie selbst einst geboren wurden.

Wie genau sie dorthin zurückfinden, ist bisher nicht geklärt. Man nimmt an, dass das Magnetfeld, die Sonneneinstrahlung und der hervorragend entwickelte Geruchssinn der Fische eine Rolle spielen.

Die faszinierend anzuschauende Reise ist die erste und letzte der Lachse. Sie sterben an ihrer Geburtsstätte und machen Platz für die neue Generation, die etwa zwei bis drei Monate später schlüpft und sich auf den Weg flussabwärts zum Ozean macht.

Berglandschaft

Quelle: iStockphoto

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Wo: In fast allen Flüssen an der Pazifikküste Alaskas kann man die Lachse finden.

Wann: Der Lachszug ist von Mitte Juni bis Ende Juli zu erwarten. Genaue Auskunft gibt der Fischzähler unter www.sf.adfg.state.ak.us/FishCounts/, der auflistet, wie viele Tiere wann und wo geortet wurden.

Mehr Informationen unter: www.alaska-travel.de

Tierwanderungen

Quelle: National Geographic

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Die Weihnachtsinsel liegt rund 350 Kilometer südlich von Java im Indischen Ozean und gehört zu Australien. Jedes Jahr im November erwacht die Oberfläche der Insel zum Leben. Millionen von Krabben brechen aus ihren Höhlen im Regenwald aus und ziehen wie eine rote Prozession zum Meer. Der Marsch ist beschwerlich, pro Tag legen die Tiere nur etwa einen Kilometer zurück. Nach ungefähr einer Woche haben sie es geschafft.

Zuerst erreichen die Männchen die Strände und graben Paarungshöhlen. Ein bis zwei Tage später treffen die Weibchen ein: Das Liebeswerben beginnt. Anschließend verlassen die mit Eiern beladenen Weibchen die Höhlen und marschieren zum Ufer hinunter, um die Eier aus ihren Bauchtaschen ins Wasser zu entlassen. Dieses Spektakel wiederholt sich mehrere Nächte lang.

Im Januar verlassen die Jungkrabben das Wasser - wenn Strömungen oder Fische ihnen nicht schon vorher den Tod bringen. Längst nicht jedes Jahr schaffen es die Babykrabben an Land.

Weihnachtsinsel

Quelle: iStockphoto

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Wo: Die Weihnachtsinsel kann per Flugzeug vom australischen Perth oder einigen Flughäfen Südostasiens aus erreicht werden. Die 135 Quadratkilometer große Insel besteht zu 63 Prozent aus einem Nationalpark, der eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren bietet. Die Insel ist ideal für Naturfreunde und alle, die gerne wandern, tauchen und schnorcheln.

Wann: Die Krabbenwanderung beginnt Ende November. Die Tiere sind in den kühlen Stunden des Tages, das heißt am Morgen und Spätnachmittags unterwegs. Im Dezember zwischen Halb- und Neumond bringen die Weibchen die Eier ins Wasser. Dies geschieht nachts. Die genauen Daten und die besten Wege, um die Tiere nicht zu stören, können bei der australischen Parkverwaltung Parks Australia unter 00-61 89164 8700 oder panxmas@ea.gov.au beziehungsweise bei der Christmas Island Tourism Association unter 00-61 8 9164 8382 oder cita@christmas.net.au erfragt werden.

Mehr Informationen unter: www.christmas.net.au/index.html

Tierwanderungen

Quelle: © National Geographic

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Es ist eine kurze Wanderung, dafür aber einzigartig: Nacht für Nacht ziehen sogenannte Goldquallen zur Oberfläche eines Sees im westpazifischen Inselstaat Palau und lassen das Wasser in den Morgenstunden golden aufleuchten. Bis zu 31 Millionen Tiere wurden im "Jellyfish Lake" schon gezählt. Ihre Farbe verdanken sie bestimmten Algen, die symbiotisch in ihrem Körper wohnen. Durch Photosynthese mit dem Licht an der Wasseroberfläche erzeugen die Algen Nährstoffe, von denen dann beide Partner leben.

Palau-Inseln

Quelle: iStockphoto

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Wo: Palau in Mikronesien ist nicht leicht zu erreichen. Flugverbindungen gibt es unter anderem von den USA und Australien aus. Dafür erwartet den Besucher eine recht unberührte Traumlandschaft. Berühmt ist Palau unter anderem auch für seine mehrfach ausgezeichneten Tauchreviere. Den Quallensee nennen die Einheimischen Ongeim'l Tketau oder Jellyfish Lake. Er befindet sich auf dem Eiland Eil Malk, das vor der Insel Koror liegt. Von Koror aus werden Touren zum See angeboten.

Wann: Die Quallen sind das ganze Jahr über im See. Jede Nacht wandern sie zum westlichen Ende des Gewässers und steigen dort zur Oberfläche auf. Wenn die Morgensonne aufgeht, verleihen sie dem See seine spektakuläre Färbung.

Mehr Informationen unter: www.visitpalau.de/

A group of Comon Cranes gather in dawn light on their night-roost on a lake in the German state of Brandenburg close to Berlin

Quelle: Reuters

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Der Vogelzug bildet die bekannteste Tierwanderung der Welt. Manche Vögel legen Zehntausende Kilometer zurück und vollbringen dabei unglaubliche Leistungen. Man muss nicht einmal sehr weit reisen, um Zeuge riesiger und anmutiger Vogelschwärme zu werden: Brandenburg beherbergt den größten Kranich-Rastplatz Europas. Zehntausende Kraniche unterbrechen im Herbst täglich ihre Reise im Nordwesten Brandenburgs, nahe dem kleinen Dorf Linum. Die Tiere ziehen von ihren Brutgebieten in Skandinavien, dem Baltikum, Polen und Westrussland in ihre Winterquartier im Süden. Das ausgedehnte Teichland rund um Linum liegt genau auf der Vogelroute und bietet den Kranichen geschützte Schlafplätze.

Dass die Vögel dort ungestört sind, ist nicht zuletzt dem "Kranichmanagement" der Naturschutzorganisation NABU zu verdanken, die dafür sorgt, dass steigende Besucherzahlen nicht das Ende des Schauspiels bedeuten. Besucher sollten sich daher unbedingt an die Hinweise der Naturschützer vor Ort halten. Dafür bekommen sie die Chance, von fachkundigen Experten geführt zu werden.

Kraniche in der Morgendämmerung auf einem See in Brandenburg

Warten auf besseres Wetter

Quelle: dapd

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Wo: Ausgangspunkt für die Beobachtung ist das Dorf Linum, das zur Gemeinde Fehrbellin in Brandenburg gehört. Linum ist ungefähr 60 Kilometer vom Zentrum Berlins entfernt und über die Bundesautobahn 24 Berlin-Hamburg zu erreichen. Der Naturschutzbund Berlin (NABU) bietet bei Bedarf auch Bustouren von Berlin aus an.

Wann: Zwischen Ende September und Anfang November rasten die Vögel in der Lausitz.

Meher Informationen: Der NABU informiert unter http://berlin.nabu.de/naturerleben/storchenschmiede/kranichsaison/index.html über den aktuellen Stand des Vogelzugs.

Tierwanderungen

Quelle: National Geographic

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Die Bilder in dieser Galerie entstammen teilweise mit freundlicher Genehmigung dem Buch Das große Wunder der Tierwanderungen von National Geographic Deutschland, Hamburg 2010. ISBN-13: 9783866901926, ISBN-10: 3866901925 (www.nationalgeographic.de).

© sueddeutsche.de/dd/boen/cat
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