Beruf: Försterin:Schmaler Grat

Barbara Folie

Barbara Folie leitet die Forststation Prad.

(Foto: Johanna Pfund)

Barbara Folie ist die einzige Försterin in Südtirol. Sie leitet die Forststation in Prad. Das ist nicht immer einfach in einer reinen Männerwelt.

Von Johanna Pfund

Von ihrer Art gibt es nicht viele. Genauer gesagt, nur eine einzige in ganz Südtirol. Barbara Folie ist Leiterin der Forststation Prad. Vier Förster und 16 Forstarbeiter arbeiten unter ihrer Regie, die Station erledigt viele Aufgaben auch im Auftrag des Nationalparks Stilfserjoch. Sie hält Steige von der Talsohle bis hinauf zur Payerhütte instand und legt neue an. Zudem legt sie Hiebsätze - das erlaubte Maß an Baumfällungen - fest und weist Trassen für Seilbahnen aus, um geschlagenes Holz aus dem Wald zu holen. Oder arbeitet Projekte für den Schutzwald und die übrigen Wald- und Weidegebiete aus. Dazu unternimmt die Station Schneemessungen, die Daten über den Wasserhaushalt der Region liefern.

Das ist nach wie vor ein Männerjob, in Südtirol ist das nicht anders als in Deutschland. Sich vor zwei, drei gestandene Bauern hinzustellen und mit ihnen über forstliche Belange und Landschaftsschutz zu diskutieren, das ist selbst für einen Mann nicht immer einfach. Ist man da als Frau akzeptiert? Barbara Folie lächelt fein. "Ja", sagt sie und lächelt immer noch. Es gebe Kollegen, die ihre Arbeit sehr schätzen. "Einfach, weil ich eine andere Sichtweise mitbringe."

Mittlerweile versucht die 46-Jährige, vorausschauend zu arbeiten. Wenn hier Wald geschlagen wird, was passiert dann? Wie wirkt sich das aus? Es ist ein schmaler Grat zwischen dem achtsamen Umgang mit Wald und Feld und der Möglichkeit, Grund und Boden immer noch praktisch zu bewirtschaften. "Der Spielraum ist oft eng, und wichtiger als Sanktionen ist allemal Überzeugungsarbeit."

Darüber hinaus übernimmt die Försterin, die keinen Jagdschein hat, auch klassische Behördenaufgaben wie die Kontrolle der Forstgesetze oder die Öffentlichkeitsarbeit. Im Sommer gehört die Kontrolle der Pilzsammler zum Job. Keine leichte Sache, denn das Gesetz wird gerne kreativ ausgelegt. "Gesammelt werden darf nur an geraden Tagen", berichtet Barbara Folie. Und dann darf jeder Sammler nur ein, zwei oder drei Kilogramm mitnehmen. Die Menge hängt davon ab, ob er dort, wo er sammelt, ansässig und ob er Eigentümer des Grundstücks ist oder nicht.

Das hört sich alles nach einem Leben wie im Heimatfilm an. Doch die Försterin verbringt für ihren Geschmack zu viel Zeit im Büro. Es war ja die Freude an der Natur, die sie im Alter von 27 Jahren den Job wechseln ließ. Ursprünglich hat Folie, die im nur wenige Kilometer von Prad entfernten Mals aufgewachsen ist, Erzieherin gelernt. Ihre Begeisterung für alles, was im Wald und auf der Wiese passiert, hat sie auch den Kindern vermitteln wollen. Ihnen brachte sie schon mal einen Maulwurf im Kübel mit oder zeigte, dass eine vermeintlich tote Kröte zum Leben erwacht, sobald sie ins Warme kommt. Und es ist ihr gelungen, widerwillige Buben zum Malen zu bewegen. "Dass Kinder kreativ sein dürfen, war mir wichtig."

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen setzt die Mutter eines neunjährigen Sohnes nun in ihrer Freizeit fort, als Leiterin der Sektion Langlauf im ASV Prad. Aus Überzeugung, wie sie sagt. "Beim Sport können Jugendliche so vieles mehr als nur den Sport selbst kennenlernen. Sie bekommen Werte, können ein Zuhause finden." Sie selbst, die als junge Erwachsene auf Langlaufskiern, auf dem Rennrad und im Winter-Triathlon erfolgreich war, geht jetzt noch "ein bisschen Skitour", wie sie sagt. Und man ahnt, dass es mehr als ein bisschen ist. Bei einem Skitourenrennen ist sie Zweite geworden. Kein Wunder bei der Umgebung: "Wir haben alles: Berge, Wälder, Ebenen, Gletscher. Wir liegen geografisch so gut, dass wir als Tagestour die Gipfel der Berninagruppe machen oder am Gardasee klettern gehen können. Und klimatisch haben wir es auch sehr fein."

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