Bergtour:Cézannes heiliger Gipfel

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Von fern wirkt der Sainte-Victoire wie von göttlicher Hand in die Landschaft der Provence gesetzt. Hundertfach gemalt hat ihn Paul Cézanne.

Etwas schummerig kann es dem Wanderer vom Blick nach oben werden. In 945 Meter Höhe ist mit Mühe und Not ein Kreuz auf dem steilen Gebirgszug zu sehen. Einheimische klären den Ortsunkundigen darüber auf, dass das nicht das Gipfelkreuz ist, sondern das symbolträchtige Croix de Provence. So mancher muss sich vor dem Aufstieg erstmal einen Ruck geben, wird der Berg zu schaffen sein?

Das Bergmassiv des Sainte-Victoire inspirierte den Maler Paul Cézanne zu einer Unzahl von Gemälden. (Foto: N/A)

"Zwei Liter Wasser brauchen Sie mindestens", erklärt der Helfer im Informationszentrum Maison Sainte-Victoire in Saint-Antonin-sur-Bayon auf der Südseite des Kalkriesen, nicht ohne das Schuhwerk des Gastes kritisch zu mustern. Anschließend malt er mit farbigen Filzstiften wild auf dem Faltblatt mit den markierten Wanderwegen herum: Hier darf man wandern, dort wiederum nicht. Seit dem verheerenden Feuer auf dem Sainte-Victoire 1989 schränken die Gemeinden den Zugang zum "Lou Mount Ventouri", wie die Provenzalen sagen, stark ein.

Der Berg der Maler - Picasso liegt hier begraben

"Also am besten von dem Weiler Les Cabassols im Norden aus", ruft der Berater dem Besucher hinterher. Hier führt ein großer Wanderweg zum gut 18 Meter hohen Croix de Provence. Nicht weit von Les Cabassols liegt Pablo Picasso begraben. Von ihm heißt es, er habe gescherzt, den berühmten Berg erwerben zu wollen, der so eng mit Cézanne verbunden ist. Die glühende südliche Sonne vertreibt aber beim Aufstieg solche Gedanken an Picasso oder daran, dass auch schon Schriftsteller Peter Handke den Kalkbrocken bestieg - und beschrieb.

Wilder Lavendel und Rosmarin, Kiefern und Krüppelgewächs begleiten den Wanderer während des Aufstieges, auch große Falter schließen sich an. Auf 900 Metern Höhe steht ein Priorat aus dem 17. Jahrhundert, und nach rund zwei Stunden ist es vollbracht: Verblüfft steht der Wanderer am Croix de Provence. Von unten hatte es nach einer höllischen Tour ausgesehen, jetzt gilt nur noch das Panorama.

Gott bewahre vor Pocken und Preußen

Einige junge Holländerinnen mit Turnschuhen haben es auch herauf geschafft. Sie genießen die Aussicht über Aix-en-Provence hinaus bis zum Mittelmeer und entziffern die Kreuz-Inschrift aus dem Jahr 1875. In vier Sprachen, darunter auch in Provenzalisch, steht da, der Herrgott möge die Provence vor Pocken und Preußen bewahren. Im grellen Sonnenlicht ist fernab der Pic des Mouches auszumachen. Er ist die mit 1011 Metern höchste Erhebung des etwa zwölf Kilometer langen Gebirgszuges, der in Ost-West-Richtung verläuft.

Wer möchte, kann auf dem schroffen Kamm weiter wandern. Jenseits des Pic des Mouches beginnt der Schotter-Abstieg zu der südöstlich gelegenen Gemeinde Puyloubier. Auf allen Wegen begegnen einem Maler, die kommen, um das Massiv wieder und wieder in Öl auf ihre Leinwände zu bannen. Cézanne hätte vermutlich seinen Spaß daran. Schließlich war er es, der den Mythos des Sainte-Victoire in die Welt getragen hat - mit Bildern von der markanten Westseite bei Aix-en-Provence. Erklommen hat er den Berg am liebsten mit seinem Jugendfreund, dem Schriftsteller Emile Zola.

Quellen: sueddeutsche.de/dpa

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