Bergsteiger-Träume:Einmal auf einen 4000er

Ein Spaziergang sind sie nicht, aber mit Umsicht und Kondition auch für den weniger versierten Bergsteiger machbar: vier Viertausender für Einsteiger.

Stefan Herbke

Einmal im Leben auf einem Viertausender zu stehen, das ist für viele ambitionierte Bergsteiger das Höchste. Es muss ja nicht gleich das Matterhorn oder der Mont-Blanc sein, für den Anfang kann es auch ein etwas niedrigerer, leichter Viertausender sein. Breithorn (4164 m), Allalinhorn (4027 m), Weißmies (4023 m) und Gran Paradiso (4061 m) heißen vier der beliebtesten Viertausender, die - bei guten Verhältnissen - als "leicht" gelten.

Einmal auf einem 4000er: Gran Paradiso, D. Roth

Einmal auf einem 4000er stehen ...Gran Paradiso

(Foto: Foto: D. Roth)

Ein Spaziergang sind sie sicher nicht, auch wenn die leichtesten Viertausender auf ihren Normalwegen keine großen Schwierigkeiten aufweisen. Das gilt natürlich nur für gute Verhältnisse, selbstverständlich sind auch hier die Gesetze der Berge maßgebend. Schlechte Witterungsverhältnisse, ein plötzlicher Wettersturz oder mangelnde Ausrüstung können aus einer einfachen Genusstour schnell einen Kampf ums Überleben machen.

Auf der anderen Seite ermöglichen "Die Einsteiger" auch weniger versierten Bergsteigern, am Seil eines Bergführers sogar gänzlich unerfahrenen Berg-Neulingen, die Verwirklichung eines Traums. Wer eine gute Kondition hat, der kann sich seinen Wunsch erfüllen. Oder besser, dessen Chancen stehen gut. Denn auch auf den leichten Viertausendern wird die Luft dünn.

Eins muss aber auch klar sein: Geheimtipps sind die Einsteiger schon lange nicht mehr. Wer Einsamkeit sucht, der ist hier fehl am Platz. Es hat sich herumgesprochen, welche der vielen Viertausender "leicht" hergehen. Die breite Trampelspur Richtung Gipfel ist nicht zu verfehlen, die Spalten sind bei guten Verhältnissen kaum zu übersehen, und außergewöhnliche Schwierigkeiten auf den Normalwegen nicht zu erwarten. Die Beliebtheit steigt mit der Kürze des Anstiegs. Je näher die Seilbahn zum Gipfel führt, desto mehr Gipfelaspiranten werden angelockt.

An erster Stelle steht daher unangefochten ...

Einmal auf einen 4000er

... das Breithorn über Zermatt

Einmal auf einem 4000er: Breithorn, Kurt Müller
(Foto: Foto: Kurt Müller)

Eine Genusstour, bei der alles fehlt, was man eh nicht mag: Übernachtung auf überfüllten Hütten, Wecken kurz nach dem Einschlafen, eintöniges Frühstück zu einer Zeit, wo keiner Hunger hat, und Irrwege in stockdunkler Nacht.

Stattdessen ausschlafen im Tal und anschließend bequem mit der Seilbahn in mehreren Etappen bis auf 3820 Meter. Von der Bergstation am Klein Matterhorn ist der Gipfel bereits zum Greifen nah. Dazwischen liegt ein langer, sich aufsteilender Firnhang, der mit Steigeisen, Pickel und bei guter Sicht kein Problem darstellt.

Keine zwei Stunden später steht man oben und wer sich beeilt, könnte mittags schon wieder in Zermatt sein. Die Erfolgsquote liegt bei fast hundert Prozent, leichter und schneller lässt sich kein Viertausender besteigen.

Breithorn (4164 m) Talort: Zermatt (1606 m) Route: S-Flanke vom Klein Matterhorn (Seilbahnen von Zermatt) über den Breithornpass Anforderungen: Leichte Firntour, bei Nebel schwierige Orientierung; Aufstiegszeit 1.30-2 Std. Auskunft: Zermatt Tourismus, www.zermatt.ch Bergführer: www.4000plus.ch oder Alpin Center Zermatt, Bergführerverein, www.alpincenter-zermatt.ch

In der Beliebtheitsskala dicht dahinter folgt ...

Einmal auf einen 4000er

Einmal auf einem 4000er: Allalinhorn, Stefan Herbke
(Foto: Foto: Stefan Herbke)

... das Allalinhorn über Saas Fee

Von Norden eine elegante Firnkuppe, umgeben von ausgedehnten Gletscherflächen, die bei den Seilbahnbetreibern Begehrlichkeiten auslösten. Es gab sogar Pläne, bis auf den benachbarten Feechopf (3888 m) eine Bahn zu bauen, die aber letztlich nur bis zum Mittelallalin bewilligt wurde. Der ist immerhin 3456 Meter hoch (im Prospekt werbewirksame 3500 Meter) und heute von einem Drehrestaurant gekrönt, an dem die Viertausender im Stundentakt vorbeiziehen. Die früher übliche Übernachtung in der Britanniahütte ist nicht mehr notwendig, man fährt morgens mit der Bahn zum Start am Mittelallalin.

Das Allalinhorn schaut von hier richtig alpin aus, eisbewehrt, mit steilen Felsabbrüchen und Hängegletschern - eine eindrucksvolle Kulisse und ständiger Begleiter beim Anstieg. Das etwas mühsam in die Gletscherbrüche gezwängte Sommerskigebiet bleibt rechts liegen, die breite Aufstiegsspur quert eindrucksvoll unter den Eiswülsten der Allalinhorn-Nordwand auf die obersten Firnfelder des Feegletschers und, einigen großen Spalten dabei in weitem Bogen ausweichend, ins Feejoch.

Mit jedem Schritt gen Gipfel weitet sich das Panorama und oben, am großen Gipfelkreuz, steht man mittendrin in der Walliser Viertausender-Prominenz. Auf der einen Seite die mächtige Eis- und Felsmauer der Mischabelgruppe, auf der anderen Seite Monte Rosa und Matterhorn - wen interessiert da noch, das der Anstieg vom Mittelallalin kürzer war als so manche Tour in den Vorbergen. Man hat es geschafft, und ob vor dem Gipfel zwei oder sechs Stunden Aufstieg liegen, sanfte Gletscherhänge oder steiles, kombiniertes Gelände, das Gipfelerlebnis wird dadurch in keinster Weise geschmälert.

Allalinhorn (4027 m) Talort: Saas Fee (1809 m) Route: Vom Mittelallalin (3456 m, Seil- und Standseilbahn von Saas Fee) über Feegletscher, Feejoch und Obere W-Flanke Anforderungen: Leichte Gletschertour, Achtung auf Querspalten unterhalb des Feejochs; Aufstiegszeit 2-2.30 Std. Auskunft: Saas Fee Tourismus, www.saas-fee.ch Bergführer: www.4000plus.ch oder Mountain Life, Bergführerbüro, www.rhone.ch/mountainlife

In Sichtweite des Allalinhorns, aber auf der anderen Seite des Saastals, erhebt sich der ...

Einmal auf einen 4000er

Einmal auf einem 4000er: Weissmies, D. Roth
(Foto: Foto: D.Roth, www.4000er.de)

... Weißmies über dem Saastal

Auch dort erleichtern Bergbahnen das Bergauf, doch 1000 Höhenmeter ab der Bergstation Hohsaas bleiben übrig, eine Übernachtung in der nahen Weißmieshütte mit entsprechend frühem Aufbruch daher zu empfehlen.

Und auch sonst ist alles ein bisschen alpiner. Zumindest bildet man sich das ein, denn während am Breithorn und Allalinhorn die Zivilisation in Sicht-, manchmal sogar in Hörweite ist, bleiben am Weißmies die Bahnen schnell zurück. Für das alpine Erlebnis beileibe kein Nachteil. Und das kommt auch beim weiteren Anstieg nicht zu kurz.

Spannend geht es zwischen den Spalten und Brüchen des Triftgletschers auf den Triftgrat, der manchmal mit ausladenden, fotogenen Wechten geschmückt ist.

Weißmies (4023 m) Talort: Saas Grund (1559 m) Stützpunkt: Weißmieshütte (2726 m), 3 Std. Route: NW-Flanke und oberer W-Grat (Triftgrat) Anforderungen: Bei guten Verhältnissen leichte Gletschertour, vor allem im Spätsommer auch größere Spalten, am Gipfelkamm Gefahr durch weit ausladende Wechten; Aufstiegszeit ab Hütte 4 Std. Auskunft: Saas Fee Tourismus, www.saas-fee.ch Bergführer: www.4000plus.ch oder Active Dreams Bergsportschule Weissmies, www.weissmies.ch

Ohne Seilbahnunterstützung, nur mit eigener Muskelkraft, muss man dem ...

Einmal auf einen 4000er

Einmal auf einem 4000er: Gran Paradiso, D.Roth, www.4000er.de
(Foto: Foto: D.Roth, www.4000er.de)

... Gran Paradiso ...

... zu Leibe rücken, nur eine Straße bis Pont im Talschluss des Valsavaranche verkürzt den Anstieg. Dem Paradiso eilt der Ruf eines besonders leichten Viertausenders voraus, doch das stimmt nur bedingt. Denn Nebel kann die Orientierung auf den weiten Gletscherflächen erschweren, plötzlich einfallende stürmische Winde gar den Anstieg auf den exponierten Berg vereiteln.

Und manchmal wartet das erste Hindernis bereits im Tal, wenn wieder eine größere Steinbockkolonie aus dem Nationalpark Gran Paradiso den Weg versperrt. Rund 2100 Höhenmeter liegen zwischen Tal und Gipfel, dazwischen steht das auffallende Rifugio Vittorio Emanuele II, das an Wochenenden aus allen Nähten platzt.

Anderntags geht es über weite Firnhänge zur Randkluft und auf den mit Felstürmen gekrönten Gipfelgrat. Der erfordert auf den kurzen Felsstufen hinüber zur Marienstatue und weiter auf den höchsten Punkt alle Aufmerksamkeit, dann steht man oben und staunt: Denn die Aussicht reicht von den eisgepanzerten Walliser Alpen über die Mont Blanc-Gruppe und die Dauphiné bis hin zum Mittelmeer.

Gran Paradiso (4061 m) Talort: Pont (1960 m) Stützpunkt: Rifugio Vittorio Emanuele II (2732 m), 2.30-3 Std. Route: Über die W-Flanke mit dem Ghiacciaio del Gran Paradiso Anforderungen: Mit Ausnahme des felsigen Gipfelgrates leichter Gletscheranstieg, am Grat kurze, ausgesetzte Kletterstellen (II); Aufstiegszeit ab Hütte 4-5 Std. Auskunft: Assessorato Regionale al turismo, www.regione.vda.it/turismo Bergführer: Entweder vor Ort, falls man italienisch kann, ansonsten unter www.bergfuehrer.info

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