Baku, schwankend zwischen der Bauwut von Dubai und der Verträumtheit einer Kleinstadt, besteht grob aus vier Ringen. Im Zentrum die Unesco-geschützte Altstadt aus der Seidenstraßenzeit: verschlafene Gassen, Wäsche trocknet zwischen Holzbalkonen, ein Schlachter nimmt einen Hammel aus. Vor den Stadtmauern die europäische Stadt des 19. Jahrhunderts, aus der Zeit, als die Nobels und Rothschilds den ersten Ölboom begründeten.
In den Außenbezirken weichen die Plattenbauten uniformen Apartmenthäusern. Am Stadtrand liegen einstöckige Armensiedlungen, durch Schallschutzwände gegen den Blick des Gastes abgeschirmt, der auf der neuen Flughafenautobahn unter bunten Lichtspielen ins Zentrum geleitet wird, vorbei an den sich hoch aufschwingenden Spitzen des neuen Kulturzentrums von Zaha Hadid. Die im Nachbarland Iran geborene Stararchitektin führt die Liste der Namen an, mit der sich die aserbaidschanische Elite den Eintrag auf die internationale Kulturlandkarte erkaufen will.
In der Nähe des kolossalen neogotischen Parlaments, gebaut von deutschen Kriegsgefangenen, öffnete ein Gegenwartskunstmuseum. Am Meer entsteht das neue Teppichmuseum in Form eines gerollten Läufers, entworfen vom österreichischen Büro Hoffmann-Janz.
Als die Aserbaidschaner Ell & Nikki im vergangenen Jahr in Hannover den Song Contest gewannen, hätte der Zeitpunkt nicht besser passen können: Endlich wird Aserbaidschan, nach Jahrhunderten persischer und russischer Fremdherrschaft, strahlend im Rampenlicht stehen, im Kreis der europäischen Nationen.
5,3 Millionen Euro gibt die Regierung für den Bau der Kristallhalle aus, die von einem deutschen Unternehmen hochgezogen wird und die 23.000 Gäste fassen soll. Entworfen hat sie der Architekt des Berliner Hauptbahnhofs, Meinhard von Gerkan. Mit der Blaupause der Halle hat Aserbaidschan sich im vergangenen Jahr auch für die Olympischen Spiele 2020 beworben.
Aserbaidschan ist also noch immer ein Land wie aus dem Märchen: Was die Mächtigen sich wünschen, wird wahr.