Australien:Bett im Outback

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Die Wildnis des Busches am Ningaloo-Riff in Westaustralien lässt sich am besten in einem Zeltcamp erleben - Tiere gibt es hier an Land und im Wasser viele. Sie sorgen auch mal für nächtliche Überraschungen der Luxuscamper.

Von Ingrid Brunner

Besondere Tiersichtungen schreiben die Mitarbeiter des Ökozeltlagers Sal Salis auf eine Schiefertafel in der Main Lounge. Heute steht dort: 80 Schildkröten geschlüpft. Auf der Tafel notieren sie auch die besten Schnorchelzeiten, die Abfahrten für die Tagesausflüge sowie die Essenszeiten; auch sie zählen zu den besonderen Ereignissen - vom Frühstück bis zum Dinner unterm Sternenzelt. Doch die Natur, so will es das Konzept der Betreiber, spielt eindeutig die Hauptrolle im Camp.

Die Milchstraße zum Greifen nah: Das abgelegene Camp Sal Salis bietet reichen Ökotouristen und Sternguckern jeglichen Komfort. (Foto: Sal Salis)

Das Luxuscamping-Resort Sal Salis liegt im äußersten Nordwesten Australiens, mitten im Cape-Range-Nationalpark, nur eine Düne entfernt vom Ningaloo-Riff. Candice Shaw, die zusammen mit ihrem Partner Paul Bester das Camp leitet, war dabei, als die Schildkröten ihren Lebensweg antraten. "Tiere sind hier wirklich überall", sagt sie, "aber Babyschildkröten! Ich hatte riesiges Glück, gerade in diesem Moment am Strand zu sein." Und das Ereignis filmen zu können - für die Gäste. Instinktiv krabbeln die Schildkröten nach dem Schlüpfen aus der Gelegegrube Richtung Wasser. Es ist verboten, die Tiere anzufassen oder gegen Fressfeinde zu verteidigen. Das ist schwer erträglich, besonders für vermögende Gäste, die es gewohnt sind, dass man ihnen jeden Wunsch unverzüglich erfüllt.

Im Sal Salis treffen Paare, die Silberhochzeit feiern, auf Frischverheiratete sowie auf Menschen, die schon fast alles gesehen haben. Auch Mitglieder der englischen Königsfamilie haben hier schon im "Honeymoon-Zelt" geschlafen. "It's a once in a lifetime", sagt Candice Shaw, ein Ort für besondere Anlässe - einmal im Leben eben. Dabei ist der Ausflug in die Wildnis, den man sich hier leisten kann, wohlorchestriert. Um die Zelte herum schauen tagsüber Wallabys, Graue Riesenkängurus und Emus vorbei. Nachts ebenfalls - durch die Zeltplanen dringen allerhand Tiergeräusche. Im Morgengrauen krächzen Kakadus. Wenn sich ein Weißkopfseeadler auf einem Zeltpfosten niederlässt, um auf dem Wasser nach Beute Ausschau zu halten, ist das so alltäglich, dass es die Nachricht nicht auf die Schiefertafel schafft.

Zwischen den Dünen ducken sich 15 sandfarbene Zelte, die Gäste erreichen sie auf Plankenwegen, so soll der Untergrund geschützt werden. Im Zelt dominiert ein stabiles Kingsizebett den Raum, es ist bezogen mit australischer Biobaumwolle. Möbel, Sessel, Tischchen, die Hängematte unterm Vorzelt: Alles ist aus natürlichen Rohstoffen wie etwa Treibholz gefertigt. 20 Liter Wasser pro Tag stehen jedem Gast zur Verfügung, für Dusche, Zähneputzen und Händewaschen, dazu biologisch abbaubare Naturkosmetik, Komposttoilette. Kein Strom, keine Klimaanlage. Luxus im Sal Salis bedeutet, eine ziemlich gute Zeit zu haben an einem dafür eigentlich ungeeigneten, weil wilden Ort.

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(Foto: Sal Salis)

Luxuscamping: Die Zelte der Sal Salis bieten viel Platz für zwei Personen und haben auch ein Badezimmer.

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(Foto: Sal Salis)

Tiere gibt es im Busch jede Menge: Besuch von einem Wallaby.

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(Foto: Sal Salis)

Für Taucher und Schnorchler ein Fest: Das Ningaloo-Riff direkt vor dem Zeltcamp.

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(Foto: Sal Salis)

Viel Natur: Die Zelte stehen in den Sanddünen zwischen dem Indischen Ozean und dem Outback.

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(Foto: Sal Salis)

Drift-Schnorcheln: Mit der Strömung lässt man sich bequem an den Korallen und Fischen vorbeitreiben.

Sicher, das Wasser ist rationiert, doch keiner muss hier verdursten. Im Hauptzelt, dem Treffpunkt mit Lounge, Bibliothek und Terrasse, gibt es eine wohlsortierte Bar. In verglasten Kühlschränken lagern hervorragende, vorwiegend australische Weine. Auch Recyclingtonnen stehen bereit. Leider endet die Recyclingkette an den Grenzen des Camps. Die Betreiber von Sal Salis können lediglich dafür sorgen, dass der feinsäuberlich getrennte Abfall aus dem Nationalpark heraus nach Exmouth, in die nächste größere Stadt, gebracht wird. Denn im reichen Westaustralien landet das meiste von dem, was engagierte Bürger und Gastronomen sammeln und trennen, noch immer auf Mülldeponien - Landfill, wie es dort heißt. Strom wird im Ökozeltlager mit Solarpanels erzeugt, er ist aber reserviert für die Küche, Kühlschränke, Waschmaschinen und eine Akku-Ladestation. Die Welt und ihr digitales Rauschen da draußen ist weit weg, hier gibt es weder Handynetz noch einen Internetzugang.

So wendet man sich der Natur zu. Der Cape Range National Park ist faszinierend: 50 000 Hektar Buschland, mit Schluchten, dornigem Gestrüpp und stacheligem Spinifexgras, eine lebensfeindliche Umgebung, in der unvermittelt Schwärme von rosabäuchigen Papageien niedergehen. Oder ein Ameisenigel durch den Busch raschelt. Giftige Schlangen, Spinnen und andere Insekten gehören natürlich auch dazu, mit etwas Vorsicht kann man ihnen aber aus dem Weg gehen. Rostroter Staub trifft hier beinahe unvermittelt auf das Türkisblau des Indischen Ozeans, dazwischen ist nur ein dünner Streifen weißer Sand.

Die meisten Besucher sind wie die kleinen Schildkröten: Sie wollen vom Busch und dem roten Hinterland nichts wissen, sondern so schnell wie möglich ins kristallklare Meer. Anders als das Great-Barrier-Riff verläuft das 260 Kilometer lange Ningaloo-Riff so dicht an der Küste, dass man direkt vom Strand losschnorcheln kann. Zwei Meeresströmungen treffen hier aufeinander: der warme Leeuwin-Strom aus dem Indischen Ozean sowie eine kalte Strömung aus Tasmanien. Sie sorgen für nährstoffreiches Wasser und eine große Artenvielfalt. Mehr als 200 Korallen- und 500 Fischarten, vier Spezies Wasserschildkröten, Dugongs, Mantas, Delfine, Haie, Buckelwale und Walhaie lassen sich in den Gewässern vor und hinter dem Riff beobachten. Selbst ungeübte Menschen sind hier in der Lage, mühelos über Korallengärten, durch bunte Fischschwärme zu gleiten und dabei am Meeresgrund kleine Schlangen oder Schildkröten zu beobachten: Drift Snorkeling nennt sich diese komfortable Art des Sightseeings im Wasser. Man lässt sich einfach mit der Strömung treiben. Am Ende steigt man aus, wandert am Strand zurück und fängt von vorne an.

Wenn sich am Abend auf der Terrasse die Gäste zum Sunset Cocktail treffen, sitzen sie aufgereiht auf Hochstühlen wie an einer Bar, starren auf die Wellen, lauschen der Brandung und staunen, wie alles um sie herum immer noch tiefere Rottöne annimmt. Im Restlicht und bei Kerzenschein wird dann getafelt und angeregt diskutiert. Hauptthema sind die Tiere des Tages. Wer hat den größten Walhai, wer Delfine, wer die jungen Schildkröten gesehen?

Wenn das Licht des Tages endgültig verschwunden ist, richten etliche den Blick nach oben, zur Milchstraße und den Sternen der südlichen Hemisphäre. Das Sal Salis ist als sogenanntes Dark Sky Resort weit abseits störender Lichtquellen größerer Siedlungen auch Ziel von Sternguckern. Auf dem Weg ins Zelt ist die Dunkelheit so absolut, dass sich automatisch das Gehör schärft. Man sieht das Kreuz des Südens, hört die Brandung, den Wind, der an den Zeltplanen rüttelt - und merkwürdiges Geraschel in den Dünen.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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