Australien:Auf der Great Ocean Road

Amerika hat seine Route 66, Australien seinen Highway 100: Die Great Ocean Road ist Mythos und Legende. Vielen Australiern gilt die kurvenreiche Straße an der Südküste bis heute als ein Symbol des gewonnenen Kampfes gegen eine unerbittliche Natur.

Hier stemmt sich der Fünfte Kontinent gegen die wilde Küste, künden steile Klippen vom Kampf mit den Gezeiten, von Gefahr und Verlust. Das Tor zur Traumstraße ist der Surfer-Treffpunkt Torquay. Nur wenige Kilometer entfernt liegt der Bells Beach. In der kleinen Bucht der großen Brecher tragen alljährlich zu Ostern die 45 besten Surfer der Welt das älteste Rennen der World Championship Tour aus.

Great Ocean Road; dpa

Nein, nicht Big Sur in Kalifornien: sondern die Great Ocean Road

(Foto: Foto: dpa)

Torquay liegt an einem kleinen Schlenker der Great Ocean Road. 320 Kilometer lang folgt die Panoramastraße den Steilklippen aus Sandstein, die den Southern Ocean vom hügeligen Hinterland mit seinen Regenwäldern trennen. Nur mit Pickel und Schaufel schlugen Soldaten in den Jahren 1919 bis 1932 die Straße in den Fels und erschlossen damit eine Region, die bis dahin nur per Schiff erreichbar war.

Zwischen Apollo Bay und Princeton schlängelt sich die Great Ocean Road durch den Regenwald des Otway National Parks. Unter uralten Eukalyptusriesen recken sich Baumfarne fast fünf Meter hoch, stürzen Wasserfälle über Granitfelsen und plätschern Bäche unter umgestürzten Stämmen, die sich Orchideen und der Ameisenigel Echidna teilen. Dazwischen leuchtet rot der Schopf des seltenen Königspapageis.

Auf der Great Ocean Road

Den spektakulärsten Teil der Steilküste schützt der Port Campbell National Park. Dieser Abschnitt trägt zu Recht den Namen Shipwreck Coast: Mehr als 200 Schiffe liefen an den Riffs auf Grund. Tragische Berühmtheit erlangte der Untergang der "Loch Ard". Am Morgen des 1. Juni 1878 zerschellte der Dreimaster im dichten Nebel an der Wand von Mutton Bird Island. Nur zwei der 54 Passagiere überlebten.

Zum Wahrzeichen der Great Ocean Road wurden die "Zwölf Apostel". Bis zu 65 Meter ragen die ockerfarbenen Felsen aus den stürmischen Fluten, die seit Jahrtausenden am weichen Kalkstein nagen. Erst Anfang Juli stürzte einer der "Apostel" in sich zusammen.

Kreislauf von Aufbau und Zerstörung

Die Kraft von Wind und Wellen hat überall hier an der Küste Schluchten ins Land geschlagen, Höhlen ausgewaschen und Kamine geschaffen, durch die das Meer seine Wogen presst. Unablässig brandet der Kreislauf von Aufbau und Zerstörung: Am 15. Januar 1990 zum Beispiel stürzte die "London Bridge" ohne Vorwarnung ins Meer. Die Besucher des natürlichen Brückenbogens, plötzlich auf einem Felsdorn im Ozean isoliert, mussten per Helikopter gerettet werden.

Im Mai und September wird die stürmische See zur Kinderstube der Southern-Right-Wale. Im alten Walfängerort Warrnambool lassen die 18 Meter langen und 95 Tonnen schweren Säuger beim "Whale Watching" die Kassen klingeln: Die Walbeobachtung mit Führer ist trendy und teuer.

Eine letzte Bucht, dann endet die Great Ocean Road in Port Fairy. Das Fischerstädtchen am River Moyne hat seinen Kolonialcharakter in die Gegenwart gerettet. Mehr als 50 historische Gebäude betreut hier der National Trust - darunter auch das "Caledonian Inn", das 1844 als erster Pub Victorias Alkohol ausschenken durfte. Aus den Zapfhähnen fließt bis heute das Kultbier der Küste: "VB", Victoria Bitter.

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