"Früher war er öfter hier gewesen, genaugenommen gehörte es zu seinen frühesten Erinnerungen, daß man ihn als Kind mitgenommen hatte, um das Grab seiner Großmutter zu pflegen, die im Krieg bei einem Bombenangriff der Alliierten auf Treviso ums Leben gekommen war. Er wusste noch, wie bunt die Gräber waren, richtige Blumenteppiche, und wie ordentlich, jedes saubere Rechteck vom nächsten abgegrenzt durch messerscharfe Kanten und kleine Grünstreifen. Und wie trist die Menschen dazwischen - fast alles Frauen -, die mit diesen Bergen von Blumen kamen. Wie grau und schäbig sie ausgesehen hatten, als ob sie all ihren Sinn für Farbe und Adrettheit diesen Geistern in der Erde geopfert hätten, und für sie selbst wäre nichts übriggeblieben.
Und heute, fünfunddreißig Jahre später, waren die Gräber noch genauso ordentlich, die Blumen immer noch von explosiver Farbenvielfalt, aber die Menschen, die dazwischen herum gingen, sahen eher aus, als ob sie zur Welt der Lebenden gehörten, es waren nicht mehr die grauen Gespenster der Nachriegsjahre."
Venezianisches Finale, Kap. 7, S. 82-83