Ansichten eines Hoteldirektors:"Den idealen Gast gibt es nicht"

Manche Hotelbesucher sind nicht nur Gäste, sondern Herausforderungen: Wilhelm Luxem, Direktor des Kölner Luxushotels Excelsior Hotel Ernst im Interview.

Qualität und Service, das Verhalten von Gästen im Wandel der Zeit und besondere Herausforderungen für das Personal - ein Interview mit Wilhelm Luxem, dem Direktor des Kölner Innenstadthotels Excelsior Hotel Ernst.

Hotel Direktor Köln Interview, Exelsior Hotel Ernst Köln
(Foto: Foto: Exelsior Hotel Ernst)

SZ am Wochenende: Herr Luxem, in Berlin kann man für wenig Geld schon in Fünfsternehäusern übernachten, so schlecht laufen dort die Geschäfte. Sie haben nun gerade in Köln 15 Millionen Euro für die Renovierung Ihres Grandhotels ausgegeben. Lohnt sich so etwas in diesen Zeiten?

Wilhelm Luxem: Also, wenn ich das nur unter der Betrachtung von Quartalsbilanzen sähe, fiele mir sicher schwer, so einen Betrag zu rechtfertigen. Betrachtet man jedoch die Substanz einer wertvollen Immobilie und die Sicherung der Position hier in Köln, so komme ich schnell zu dem Ergebnis, dass es sich bei diesen Investitionen um eine Art Sicherungsprogramm handelt. Ich sage mal so: in Qualität zu investieren lohnt sich immer - übrigens auch oder gerade in schwierigen Zeiten. Das gilt für Zeitungen wie für Hotels.

SZ am Wochenende: Oft genug kann man beobachten, dass sich die Gäste gewandelt haben. Früher wurden Hutschachteln getragen, heute sieht man Jeansträger in den Foyers eleganter Häuser.

Luxem: Ach, das war immer so. Wir dienten hier im Excelsior Ernst den Königen der letzten 145 Jahre. Jetzt dienen wir den Königen unserer Zeit. Hohe Ansprüche hat es immer gegeben, und die haben sich halt zu allen Zeiten im jeweiligen Stil zur Schau gestellt. Das bedeutet ja nicht, dem Zeitgeist hinterher zu laufen.

SZ am Wochenende: Hat sich das Verhalten der Gäste geändert?

Luxem: Das Verhalten hat sich gelockert, oder sagen wir: entkrampft. Das Entscheidende ist jedoch die Erwartungshaltung. Die hat sich nämlich nicht gewandelt, die drückt sich nur anders aus: Viele Gäste wollen heute sehr bestimmte Kissen, also bieten wir ihnen ein "Kissen-Menü" an. Oder eine Dame braucht für Abend ein sehr explizite Strumpfhose, also recherchieren wir, wo sie die bekommt.

SZ am Wochenende: Sie bieten auch einen Dog-Sitter-Service an! Wie soll man sich das denn vorstellen?

Luxem: Dieses Angebot ist das Resultat von Anfragen unserer Gäste. Hundebesitzer reisen mit ihren Vierbeinern hier an, können diese jedoch nicht in Restaurants mitbringen oder benötigen, während sie geschäftlich unterwegs sind, eine Betreuung. Diesem Wunsch kommen wir mit geschulten Dog-Sittern nach.

SZ am Wochenende: Ist es richtig, einen Geldschein für das Zimmermädchen auf dem Zimmer nach der Abreise liegen zu lassen?

Luxem: Also, eine kleine Geste bei der Abreise beflügelt natürlich die Motivation. Wenn man wirklich zufrieden war mit dem Zimmerservice . . . ich will niemanden davon abhalten.

Die gravierendsten Fehler im Hotel

SZ am Wochenende: Ganz ehrlich: Werden die Schuhe über Nacht wirklich von Hand geputzt, oder kommen die einfach nur unter den Schuhputz-Automaten?

Hotel Direktor Köln Interview, Exelsior Hotel Ernst Köln

Wilhelm Luxem, Direktor des Exelsior Hotel Ernst in Köln

(Foto: Foto: Exelsior Hotel Ernst)

Luxem: Ganz ehrlich: alles Handarbeit! Ein Schuhputzautomat existiert bei uns übrigens gar nicht, auch nicht hinter den Kulissen.

SZ am Wochenende: Wie benimmt sich der ideale Gast?

Luxem: Den idealen Gast gibt es nicht.

SZ am Wochenende: Welches sind die gravierendsten Fehler in der Gast-Hotel-Kommunikation?

Luxem: Die gravierendsten Fehler entstehen durch Missverständnisse. Daher sage ich meinen Leuten immer: gut zuhören und beobachten, außerdem bitte keine Routine aufkommen lassen und nichts versprechen, das man nicht halten kann!

SZ am Wochenende: Sind Frauen sehr andere Hotelgäste als Männer?

Luxem: Hmm . . . Frauen haben zum Beispiel oft ein größeres Bedürfnis nach Diskretion und Sicherheit. Details in der Zimmer- und Bäderausstattung haben nach meiner Erfahrung auch einen höheren Stellenwert. Trotzdem gilt auch hier größte Vorsicht vor Klischees und falsch verstandenem Routinewissen.

SZ am Wochenende: Wird immer noch so viel von Gästen geklaut?

Luxem: Diese Geschichten hört man immer wieder aus der Klatschpresse. Aus eigener Erfahrung kenne ich das aber nicht, wirklich nicht. Ein Hotel ist ja auch nur so gut wie seine Gäste.

SZ am Wochenende: Eine heikle Frage: Wenn ein verheirateter Mann sich mit seiner Geliebten zurückziehen möchte: Wie stellt man das an, ohne an der Rezeption Argwohn zu schüren?

Luxem: Ein großer Hotelier sagte mal zum Verhalten im Grandhotel: Ladies and Gentlemen are serving Ladies and Gentlemen!

SZ am Wochenende: Mir fällt auf, dass Sie - anders als andere Häuser im Fünf-Sterne-Bereich - Ihre prominenten Gäste nicht in der Kommunikation nach außen stellen. Das Adlon bringt sogar ein Jahrbuch mit allen Zelebritäten, die dort übernachten, heraus. Zu viel Bescheidenheit?

Luxem: Unsere Gäste erwarten Diskretion. Diese Diskretion ist für uns erstes Gebot und muss allen Marketingüberlegungen untergeordnet bleiben.

SZ am Wochenende: Zahlt sich diese Diskretion denn für Sie aus?

Luxem: Allerdings: Die Rendite dafür nennt man: Treue.

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