Aus den meisten bedeutenden Museen kommt man nur durch den Gift Shop raus, den Geschenke- und Andenkenladen, der in der Regel gemeinerweise direkt vor dem Ausgang platziert ist. Beseelt von der Begegnung mit der Kunst, sollen die scheidenden Besucher den Geldbeutel öffnen und sich ein Stück vom Erlebnis zum Anfassen mit nach Hause nehmen. Vom Bleistift bis zum limitierten Print ist für jedes Budget etwas dabei. Die Gimmicks sollen nicht nur das Rausgehen versüßen und den Museumsträger mitfinanzieren, sondern auch das Reingehen befördern. Denn letztendlich ist jedes Mitbringsel auch ein Werbeträger, der Betrachtern Lust auf den Ausstellungsrundgang machen könnte.
Aber mal ehrlich, ein Käseschneidebrett mit geschnitzten Van-Gogh-Sonnenblumen, Untersetzer fürs Weinglas mit Dalís brennender Giraffe, ja selbst die mundgeblasene Hieronymus-Bosch-Bottle, das Mona-Lisa-Monopoly oder die goldenen Ohrringe in Form von Joan Mirós "Parler seul"-Tropfen locken nicht so schnell jemanden hinterm Smartphone hervor, dass er sofort nach London, Paris, New York oder Mailand reist. Die Depots des Prado oder Louvre, der Tate Modern oder des Moma sind nicht nur mit Kunstschätzen gefüllt, sondern auch mit zu verscherbelndem Krimskrams.
Doch jetzt lässt eine Nachricht aus Amsterdam hippe Kulturinteressierte aufhorchen. Mit einer genialen Idee wollen ausgerechnet die Betreiber des Rembrandthuis ihr Publikum radikal verjüngen. Immerhin existiert das Museum bereits seit 112 Jahren - und zeigt Kunst aus dem 17. Jahrhundert. Rembrandt lebte hier bis zu seinem Bankrott. Zu sehen sind vor allem Radierungen des Meisters und Rekonstruktionen seiner Wohnräume. Viel Altes also, das jetzt aber auf einmal junge Leute in Scharen anziehen soll.

Kolumne: Hin und weg:Katerstimmung
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Legt ein Barock-DJ fette Motettenbeats oder funky Cembalo-Sonaten auf? Kommen womöglich Beyoncé und Jay-Z, um ein Video zu drehen wie jenes, in dem sie so grimmig vor der Mona Lisa stehen, was dem Louvre vor vier Jahren den größten Publikumszuwachs seiner Geschichte beschert hat? Viel besser! Die Besucher des Rembrandthauses können sich eine Woche lang Tätowierungen mit Motiven des Malers stechen lassen.
Eine Gruppe von Tattoo-Künstlern um den Szenestar Henk Schiffmacher, der unter anderem auch Lady Gaga, Kurt Cobain und die Red Hot Chili Peppers verzierte und dessen Werke selbst in Museen ausgestellt werden, setzt zum Spottpreis von 100 bis 250 Euro Details aus Rembrandts Gemälden und Radierungen, seine Unterschrift oder sein Monogramm auf dem Körper um. Rembrandt nicht nur für die Arme, sondern Rembrandt für Arme - wenn man Henk Schiffmacher folgt, der Tattoos als "Kunst des kleinen Mannes" bezeichnet. So nennt sich die Aktion denn auch "The Poor Man's Rembrandt Project". Die Termine waren online schneller ausgebucht als eine Nadel in Tinte taucht.
Kein Wunder, kommt hier doch zusammen, was schon längst zusammengehört. Handwerklich, weil Radierungen wie Tattoos durch Zeichnungen entstehen, die auf die jeweiligen Untergründe appliziert werden. Zeitlich, weil Rembrandt unsterblich ist und auch die Tattoos nie wieder verschwinden. Näher als unter die Haut kann einem Kunst nicht gehen.
