Am Säntis:Ein Schweizer Höhepunkt am Alpenrand

Wer Einsamkeit sucht, ist hier falsch. Dafür bietet der Säntis im Appenzellerland ein spektakuläres 360°-Panorama auf sechs Länder.

Stefan Herbke

Es gibt in den Alpen viele exzellente Aussichtslogen, doch manche Gipfel heben sich selbst hier noch ab. Einige Berge bieten aufgrund ihrer isolierten Lage und Höhe ein Panorama, dass selbst routinierte Gipfelsammler noch überrascht.

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Panoramaplätze wie der Säntis im Alpstein zählen zu dieser Kategorie, und wer hier einen Traumtag mit trockener, klarer Luft erleben darf, kann sich glücklich schätzen. Den besten Überblick über das Alpsteinmassiv mit dem Säntis als Kulminationspunkt bietet der Hohe Kasten (1795 m), auf den von Brülisau eine Seilbahn führt.

Von dem Aussichtsgipfel zwischen Rheintal und Säntis zeigt sich der geordnete Aufbau des gesamten Massivs: Drei Bergkämme ziehen parallel in Nordost-Südwest-Richtung zum Querkamm Mutschen-Altmann-Säntis, dazwischen eingeschnitten traumhafte Täler mit malerischen Seen. Der Begriff Faltengebirge wird nirgendwo sonst so deutlich vor Augen geführt wie hier.

Die außergewöhnliche Lage des Säntis weckte natürlich früh touristische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Interessen. Der genaue Zeitpunkt der Erstbesteigung ist nicht gesichert, doch sollen um 1680 zwei Geistliche und ein Naturforscher zwecks wissenschaftlicher Untersuchungen den Säntis bestiegen haben.

Bereits 1846 diente eine einfache Bretterbude auf dem Gipfel als erstes Berggasthaus, 1882 folgte eine Wetterstation, 1903 wurde die Konzession für eine - nie gebaute - Zahnradbahn erteilt und seit 1935 ist der Gipfel von der Schwägalp mit einer Seilbahn erschlossen und damit auch für die breite Masse erreichbar.

Das Säntis-Berghaus

Heute ist der Gipfel komplett zugepflastert, die Seilbahn und die entsprechenden Bauten bei der Bergstation wurden immer wieder vergrößert, die Aussichtsterrassen und Restaurants sind großzügig dimensioniert, und die riesige Gipfelplattform krönt ein 123,5 Meter hoher Sendeturm mit doppelwandiger, glasfaserverstärkter Kunststoffverkleidung. Das klingt zwar etwas ernüchternd, der Faszination und Anziehungskraft des Säntis tut dies aber keinen Abbruch.

Im Schatten der futuristischen Seilbahnbergstation klammert sich das altehrwürdige Säntis-Berghaus knapp unterhalb des Gipfels in die südseitigen Felsen des Ostgrates, hoch über den Schneefeldern des Gross Schnee und dem Lisengrat, der hinüber zum Altmann zieht. Ein Logenplatz mit einem Alpenpanorama im XXL-Format.

Ein Schweizer Höhepunkt am Alpenrand

Über das hügelige Appenzellerland schweift der Blick zwar auch hinaus zum Bodensee und ins Alpenvorland, doch ansonsten Berge, nichts als Berge. Vom Bregenzerwald über Lechquellengebirge, Rätikon, Silvretta, Plessur-, Bernina- und Glarner Alpen reicht der Blick allein im Osten und Süden, im Nahbereich dominieren die Bergketten des Alpsteinmassivs - mit dem Altmann (2436 m) als zweithöchsten Gipfel der Gruppe - und die Churfirsten. Die Lage der Hütte etwas unterhalb des Säntisgipfels schränkt den Blick gen Westen etwas ein, doch von ganz oben genießt man den kompletten 360-Grad-Rundumblick auf sechs Länder - und der ist dann wirklich grenzenlos.

Von der Ebenalp auf den Säntis

Ein dichtes Netz an Wanderwegen durchzieht den Alpstein und ermöglicht großzügige Durchquerungen, wobei die Routen über den Säntis mit Abstand am beliebtesten sind. Zu den schönsten Anstiegen zählt die Route von der Ebenalp über den nördlichsten der drei parallelen Bergkämme.

Wie so oft ist der kürzeste Weg nicht zwangsläufig der schönste und so beginnt die Tour auf der Ebenalp (Seilbahn von Wasserauen) mit einem Abstieg. Die steile Felsstufe, mit der das Almplateau der Ebenalp auf der Süd- und Ostseite abbricht, wird überraschend harmlos überlistet. Durch eine große Höhle (in der Jäger während der Steinzeit Unterschlupf suchten) windet sich der Weg bergab und führt beim Wildkirchli, am Fuß der Felswände, wieder ins Freie.

Wenige Minuten weiter staunt man über das Gasthaus Aescher, dessen schmaler Bau den knappen Platz im Schutze einer überhängenden Felswand nutzt. Eine Rast ist verlockend, doch einerseits zu früh und andererseits wartet das nächste Gasthaus bereits auf dem 1924 Meter hohen Gipfel des Schäfler. Die richtige Distanz zum Säntis macht den Schäfler zu einem Aussichtsgipfel ersten Ranges und die Plätze auf der Sonnenterrasse zu einem knappen und begehrten Gut.

Für die zahlreichen Spaziergänger ist der Schäfler der Endpunkt eines Ausflugs von der Ebenalp, der Weiterweg Richtung Säntis ist deutlich anspruchsvoller, aber für trittsichere und schwindelfreie Geher ohne Probleme.

Ein Schweizer Höhepunkt am Alpenrand

Ein schmaler Pfad windet sich geschickt durch das steile Schrofen- und Grasgelände. Gut 100 Höhenmeter verliert man, ehe es wieder bergauf geht und man von der Südseite des Kammes über den Lötzlisalpsattel (1900 m) auf die Nordseite wechselt. Auch die Landschaft ändert sich, statt saftiger Wiesen und schöner Almen ziehen jetzt steile Felstürme wie die Altenalptürme die Blicke auf sich.

Nach einer dreiviertel Stunde ändert sich die Landschaft erneut. Der Weg wechselt wieder auf die Südseite und windet sich durch die teils begrünte Karstfläche des Rossegg mit zahlreichen Dolinen. Über das kleine Firnfeld des Blau-Schnee erreicht man einen Sattel zwischen Girenspitz und Säntis und folgt den Drahtseilen am Nordgrat zu den einer Raumstation gleichenden Bauwerken auf dem Gipfel. Von der berühmten Bergeinsamkeit ist hier oben schon lange nichts mehr zu spüren, zu stark ist die Anziehungskraft des Säntis. Doch auch das gehört zum Säntis, genauso wie das großartige Panorama.

Viele Abstiegsmöglichkeiten

Für den Rückweg ins Tal gibt es viele Möglichkeiten, wobei die Talfahrt mit der Seilbahn am gelenkschonendsten ist. Am kürzesten ist der steile Abstieg über das kleine, gemütliche Berggasthaus Tierwies zur Schwägalp, am längsten die Fortsetzung der Runde über Rotsteinpass und Meglisalp mit Abstieg nach Wasserauen. Wer diese Option wählt, der sollte sich besser zwei Tage Zeit nehmen und in einer der Hütten übernachten.

Landschaftlicher Höhepunkt ist dabei gleich der erste Abschnitt über den Lisengrat. Einige Abschnitte der bereits im Jahr 1905 von der SAC-Sektion Säntis angelegten Steiganlage sind mit Drahtseilen gesichert, doch für geübte Geher ist diese Route ohne Probleme zu meistern. Vorsicht ist vor allem geboten bei der Querung von Schneefeldern, und die kann es am Säntis bis in den Hochsommer geben.

Nach knapp einer Stunde erreicht man das gemütliche Berggasthaus Rotsteinpass am Fuß des Altmann und auch hier stehen einem viele Möglichkeiten offen: Neben dem Abstieg über die Meglisalp nach Wasserauen kann man auch zum Altmann aufsteigen und über Zwinglipass, Saxerlücke und Staubern den Alpstein komplett umrunden. Egal für welche Route man sich entscheidet, lohnend sind sie alle. Alles was die Berge so faszinierend, so anziehend macht, das findet man im Alpstein auf kleinstem Raum - im Grunde ist der Alpstein eine Miniaturausgabe der Alpen.

Wissenswertes

Talorte und Zufahrt

Über Lindau und Bregenz ins Rheintal bis Ausfahrt Dornbirn-Süd, in Lustenau über die Grenze und auf die Autobahn A1 Richtung Zürich bis Ausfahrt Herisau. Über Herisau und Urnäsch zu den Parkplätzen (kostenlos) der Säntis-Seilbahn auf der Schwägalp (1352 m). Zum Ausgangspunkt Wasserauen (876 m) vom Grenzübergang Lustenau über Altstätten, Gais und Appenzell.

Karten und Führer

Landeskarte der Schweiz, Blatt 1115/Säntis (1:25.000) und Blatt 227/Appenzell (1:50.000). Helmut Dumler: Wanderführer Appenzeller Land, Bergverlag Rudolf Rother, München, 5. Auflage 2005.

Infos Schweiz Tourismus, Postfach 160754, D-60070 Frankfurt a.M., Tel. 00800/10020030, Fax 00800/10020031, E-Mail: info@myswitzerland.com, www.MySwitzerland.com Ostschweiz Tourismus, Bahnhofplatz 1a, CH-9001 St. Gallen, Tel. 0041/71/2273737, Fax 0041/71/2273767, E-Mail: info@ostschweiz.ch, www.ostschweiz.ch Appenzellerland Tourismus, Hauptgasse 4, CH-9050 Appenzell, Tel. 0041/71/7889641, Fax 0041/71/7889650, E-Mail: info.ai@appenzell.ch, www.appenzell.ch

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