Süddeutsche Zeitung

Am Baikalsee:Kaviar vorm Zelt

Der Baikal, die "Perle Sibiriens", liegt 7000 Kilometer östlich von Deutschland und ist das größte Süßwasser-Reservoir der Welt. Langsam erschließt er sich für Touristen.

Wenn die Reisenden morgens fröstelnd die Nase aus dem Zelt stecken, hockt Wolodja schon am Baikal-Ufer und putzt Fische. Der See in Sibirien hat einen kleinen Teil seines Reichtums in sein Netz gegeben: sechs Pfund Fisch der Arten Omul und Charius.

Die Feriengäste recken sich in der Sonne, die sie langsam wärmt. Trotz Hochsommers war die Nacht auf der Insel Olchon wieder kalt. Bei zwölf Grad Wassertemperatur reduziert sich die Morgentoilette auf eine Katzenwäsche.

Kaviar am Lagerfeuer

"Frühstück ist fertig", verkündet der Koch und Fremdenführer Gennadi. Es gibt Tee vom Lagerfeuer, mitgebrachte Schokocreme und frischen Omul-Kaviar aufs Weißbrot. Eine Zeltsafari auf Olchon hat raue wie bequeme Seiten.

Der Baikal, die "Perle Sibiriens", liegt 7000 Kilometer östlich von Deutschland und ist das größte Süßwasser-Reservoir der Welt. Langsam erschließt er sich für Touristen. Der See ist 636 Kilometer lang, 27 bis 80 Kilometer breit und satte 1637 Meter tief. Damit ist er auch der tiefste See der Welt. Die Oberfläche ist etwa 31.500 Quadratkilometer groß.

Überleben auf der Insel

Die größte Baikal-Insel Olchon ist durch die ZDF-Sendung Sternflüstern über das abenteuerliche Überleben deutscher Familien im sibirischen Alltag bekannt geworden. Olchon ist 72 Kilometer lang und bis zu 13 Kilometer breit. Im Südwesten herrscht hügelige Steppe vor. Der gebirgige und bewaldete Nordostteil fällt in Klippen zum klaren Wasser des Sees ab.

Die meisten Touristen auf Olchon kommen im Hauptort Chuschir unter. Auch Sternflüstern wurde hier gedreht. Schön ist das 1300 Seelen zählende Dorf nicht. Aber es lohnt sich, im Heimatmuseum neben der Schule etwas über die Geschichte der Insel zu lernen. Der eingeborenen Bevölkerung am Baikal, den Burjaten, gelten Olchon und speziell Chuschir als heilig. Auf dem spitzen Felsen des Kap Burchan kommen heute noch Schamanen zu Beschwörungen und rituellen Tänzen zusammen.

Unterwegs mit dem Ingenieur

Die Camper können ihre Plätze frei aussuchen - in der Steppe, im Wald oder am weißen Strand des verlassenen Dörfchens Peschtschannaja. Wolodja, der nicht nur für die Fische zuständig ist, schaukelt sie als Fahrer eines geländegängigen russischen UAZ-Kleinbusses überall hin. Gennadi arbeitet sonst als Ingenieur in einer Aluminiumfabrik in Irkutsk. "Aber ich bin viel lieber draußen in der freien Natur", sagt er. Also nimmt er Urlaub für den Nebenjob als Reisebetreuer.

"Am Baikal werdet ihr dreimal am Tag Fisch essen müssen", sind die Camper vor der Reise gewarnt worden. Gennadi bringt seinen Bratfisch aber nur selten auf den Tisch, was schade ist. Der frische Fang ist köstlich. Genauso lecker ist seine Fischsuppe Ucha mit Kartoffeln, Gemüse und Lorbeer. "Es ist der Schuss Wodka, der den besonderem Geschmack bringt", sagt er schalkhaft.

Marmor und Robben

Die schönste Stelle von Olchon sind die Klippen am Nordende der Insel. Das "Kap Drei Brüder" besteht ganz aus hellem Marmor, der mit tiefroten Flechten überzogen ist. Am steilen Kap Choboj ist das Wasser so blau wie in Italien, darüber spannt sich ein nordischer Himmel, still und majestätisch weit.

Mit einer gewissen Sehnsucht schauen die Feriengäste hinüber auf die Halbinsel Swjatoj Nos am anderen Baikalufer. Dort leben die einzigartigen Baikalrobben, die sie auch gern einmal sehen würden. Aber das ist schon eine andere Reise.

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