Die Alp Tarvisch liegt im Kanton Graubünden in der Schweiz, auf 1.900 Metern Höhe.
Der Blick reicht über das gesamte Hochtal des Surses von Tiefencastel bis zum Julier- und Septimerpass.
Selten fängt die Alpsaison so spät an wie in diesem Jahr. Erst im Juni erreichten die letzten Tiere die Sommerweiden. Eine Herde aus neunzehn Kühen und ebensovielen lärmenden Glocken zog vom Tal auf die Alp Tarvisch. Drei Stunden lang steil nach oben, bis auf 1.900 Meter.
Jeden Sommer ziehen Schweizer Bauern für drei, vier Monate mit ihren Tieren auf die Hochweiden. Ihnen folgen immer mehr junge Deutsche und Österreicher. Angelockt von Internetportalen wie zalp.ch und Werbekampagnen der Tourismusagenturen suchen sie auf den Almen ihren Traumjob. Das schlichte Leben in der Natur erscheint ihnen als urtümliches Outdoor-Camp.
Grüne Wiesen und mittendrin der Bergsenn, mit Blume im Mundwinkel und Wanderstock in der Hand. So romantisch das Alp-Leben in Johanna Spyris "Heidi"-Geschichten erscheint, der Alltag auf der Alp Tarvisch sieht anders aus.
Wenn Balthasar Jud (im Bild) sich mit der Hand durch den beige-grauen Bart fährt, in Gummistiefeln und auf einen Stock gestützt, scheint er der personifizierte Alpöhi. Bis in seiner Jackentasche das grüne Handy piepst. Seit acht Jahren bewirtschaftet er jeden Sommer mit seiner Frau Anita und Tochter Barbara die Alp Tarvisch.
Der Tag auf der Alp folgt dem Rhythmus der Kühe. Aufstehen, melken, auf die Weide treiben, putzen, essen, wieder melken und schlafen.
Neunzig Kühe werden allein auf der Alp Tarvisch in den Sommermonaten betreut. Ein erwachsener Helfer bekommt dafür nach der Alppersonalrichtlinie zwischen 105 und 160 Euro Lohn in der Woche.
Langschläfer sind fehl am Platz, aufgestanden wird mitten in der Nacht: Ohne Kaffee oder Frühstück beginnt der Tag. Bei drei Grad, um drei Uhr nachts.
Zwei Mal am Tag müssen alle Kühe gemolken werden. Balthasar und seine Frau Anita rücken mit spitzen Melkschemeln von Tier zu Tier, die derben Hände greifen routiniert zu.
Sonnenstrahlen fallen durch die weißen Gardinen im Esszimmer, als es nach dem Melken um sieben Uhr morgens das ersehnte Frühstück gibt. Auf dem großen Holztisch warten selbstgemachter Joghurt und Butter, Bauernbrot, Käse, Marmelade und noch dampfende Milch frisch von der Kuh.
Alpleben in der Schweiz
Arbeit rund um die Uhr
Arbeit gibt es immer auf der Alp, Freizeit oder gar Fernsehen dagegen nicht - nur ab und an eine Runde Karten "jassen" am Abend.