Alpen in Zahlen:Der Preis der Berge

Was kostet die Alpenwelt? Einen Platz in der Hütte gibt es für zwölf Euro, doch was verlangt der Wirt für das Wasser? Ein Begleiter kommt für 1070 Euro mit. Die Eindrücke am Gipfel: unbezahlbar. Ein interaktiver Überblick.

Von Dominik Prantl und Benjamin Weiss

Auch wenn man es angesichts der Wassermassen der vergangenen Tage, die in höheren Lagen in Schnee übergingen, kaum glauben mag: Im Juni beginnt die Berg- und Wandersaison. Sie ist den Deutschen lieb und teuer.

Bis zu 5 Euro kann die Bereitstellung eines Liters Trinkwasser auf einer Hütte kosten, sofern dort keine Quelle vorhanden ist. Der Grund: Der Warentransport von Lebensmitteln, Wasser, Heizmaterial und Sonstigem kostet je nach Erreichbarkeit einer Alpenvereinshütte pro Jahr zwischen 8000 und 14 000 Euro. Verlangen dürfen Wirte für einen Liter Teewasser aber nur drei Euro von ihren Gästen.

12 Euro beträgt der Höchstpreis pro Nacht im Matratzenlager einer Hütte des Deutschen Alpenvereins für Mitglieder. So steht es in der Tarifordnung. Nichtmitglieder zahlen normalerweise zehn Euro Aufschlag. Mit 1,2 Millionen Übernachtungen pro Jahr sind die Alpenvereine aus Deutschland und Österreich der größte Beherbergungsbetrieb in Österreich.

22 Euro jährlich reichen für eine Bergungskosten-Versicherung beim Österreichischen Bergrettungsdienst. Die Versicherung gilt weltweit in Fels und Eis, auf der Piste und dem Wanderweg, im In- und Ausland, für Kind und Kegel.

70 Euro pro Minute wird in den Schweizer Alpen für eine Rettungsaktion mit dem Hubschrauber verlangt. Hinzu kommt eine Pauschale von 193 Euro pro Einsatz. Eine durchschnittliche Rettungsaktion der Bayerischen Bergwacht kostet etwa 500 Euro - allerdings ohne Hubschrauber. Für einen Einsatz mit Fluggerät kann sich eine Rechnung locker auf mehrere tausend Euro summieren. In Deutschland zahlen Krankenkassen nur dann so eine Rettung, wenn sie aus medizinischen Gründen erforderlich ist.

96 Euro sind für eine Fahrt mit der Jungfraubahn von der Kleinen Scheidegg bis zum höchsten Bahnhof Europas auf dem Jungfraujoch und wieder zurück fällig. Die Zahnradbahn überwindet dabei auf neun Kilometern etwa 1400 Höhenmeter und führt durch die Eiger Nordwand. 2012, als das 100-jährige Bestehen der Bahn gefeiert wurde, nutzten sie mehr als 833 000 Besucher, mehr als die Hälfte von ihnen aus Asien. Auch mehr als 20 000 Brasilianer haben sich im vergangenen Jahr zum Jungfraujoch aufgemacht.

101 Menschenleben haben die Versuche unzähliger Bergsteiger, den Watzmann über die Ostwand zu besteigen, bislang gekostet. Gefährlichster Berg im Alpenraum ist allerdings das Matterhorn mit vier- bis fünfmal so vielen Todesopfern. Am Eiger mit seiner berüchtigten Nordwand starben bislang etwa 60 Menschen. Es ist der höchste Preis, den ein Bergsteiger für seinen Traum vom Gipfel zahlen kann.

1070 Euro müssen Gipfelaspiranten für eine Matterhorn-Besteigung mit einem privaten Bergführer beim Zermatt Alpin Center hinblättern. Im Preis inbegriffen ist ein Diplom und eine Erinnerungsmedaille - nach erfolgreicher Besteigung. Obendrauf kommen allerdings noch die Kosten für das Bergbahnticket von Zermatt zum Schwarzsee (ca. 40 Euro) und die Halbpension auf der Hörnlihütte für Bergführer und Gast (ca. 125 Euro).

Hoher Preis für ein Gipfelkreuz

25.000 Euro kostet das erste komplett aus Glas bestehende Gipfelkreuz der Welt. Auf Initiative des österreichischen Alpinisten Roland Steiner wurde das Kreuz 2010 auf der Schartwand im Tennengebirge angebracht. Obwohl die robusten Gipfelkreuze meist langfristige Investitionen sind, macht mittlerweile auch der Klimawandel manchem Kreuz zu schaffen. 2012 musste die Bergwacht das Gipfelkreuz am Großvenediger abmontieren, weil am Sockel zu viel Eis weggeschmolzen war.

40.000 Euro hat der rund 500 Meter lange Zweiländer-Klettersteig an der Kanzelwand im Kleinwalsertal gekostet. Bei Tourismusverbänden und Bergbahnen sind Klettersteige derzeit ein beliebtes Mittel, um das im Vergleich zum Winter eher schleppende Sommergeschäft anzukurbeln. Die mit Seilen, Griffen und Tritten aus Eisen ausgestatteten Wege im Fels ermöglichen vielen Wanderern ihr erstes Abenteuer in der Vertikalen.

121.000 Euro verlangte die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in Österreich vor zwei Jahren für zwei Gipfel - für die Große Kinigat (2690 Meter Höhe) und den Rosskopf (2600 Meter) in Osttirol. Gekauft wurden die 120 Hektar von den Österreichischen Bundesforsten im Paket mit einigen anderen Liegenschaften für insgesamt rund 700 000 Euro.

270.000 Euro ist den Bergbahn-Betreibern am Stubaier Gletscher das Abdecken ihrer Eismassen wert. Pro Sommer. Darin sind neben den Kosten für das Abdeckmaterial Vlies auch Personal- und Maschinenkosten enthalten. Jährlich werden am Stubaier Gletscher so etwa acht Hektar, also 80.000 Quadratmeter, für das Skigeschäft vor der Sonne geschützt. Das entspricht Kosten von etwa 3,50 Euro pro Quadratmeter. Sämtliche Gletscher der Alpen besitzen eine Fläche von etwa 2000 Quadratkilometern, also zwei Milliarden Quadratmetern. Und die meisten davon sind nicht so einfach zugänglich wie in dem Stubaier Skigebiet.

Eine Million Euro und etwa 50 000 Arbeitsstunden von ehrenamtlichen Helfern kostet den Deutschen Alpenverein die Pflege seines ungefähr 30 000 Kilometer umfassenden Wanderwegenetzes in den Alpen.

12,9 Millionen Euro fließen jährlich aus staatlichen Fördertöpfen an die Almbauern in Bayern - zusätzlich zu den von der Europäischen Union (EU) an alle Bauern gezahlten Subventionen. EU, Bundesregierung und der Freistaat Bayern wollen damit die Leistungen der Bergbauern als Pfleger einer einzigartigen Kulturlandschaft honorieren. Insgesamt bewirtschaften alleine die bayerischen Almbauern 40 500 Hektar Land, meist unter erschwerten Bedingungen.

7,5 Milliarden Euro geben Wanderer im Rahmen ihrer Massenwanderungen allein in Deutschland aus. Der Übernachtungsgast zahlt dabei durchschnittlich etwa 57 Euro pro Tag, der Tagesausflügler etwa 16 Euro. Auf diese Zahlen kommt eine vom Deutschen Wanderverband in Auftrag gegebene Grundlagenuntersuchung aus dem Jahr 2010. Darüber hinaus investiert jeder aktive Wanderer pro Saison durchschnittlich 92 Euro in die Ausrüstung für sein Hobby. Für Deutschland ergibt das jährlich weitere 3,7 Milliarden Euro.

Gratis gibt es den Gipfel, zumindest den Aufstieg zu selbigem. Denn der darf in den Alpen niemandem verwehrt werden. Volkswirtschaftlich betrachtet, ist der Berg ein öffentliches Gut, zu dem prinzipiell jeder Zugang hat. Allerdings: Auf Gipfeln, Hängen und Felsen ist nicht für alle gleichzeitig Platz. Das ist ein bisschen wie mit der mautfreien Autobahn. Dass man die Natur für sich alleine hat, kann einem niemand garantieren.

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