Reiserecht:Airline muss auch Provision erstatten
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Hebt der gebuchte Flieger nicht ab, ist die Rechtslage eigentlich klar: Dann muss der Passagier entweder umgebucht werden oder er bekommt sein Geld zurück. Nur: Was passiert, wenn der Flug über ein Vermittlungsportal gekauft wurde, das dafür eine Provision bekommen hat? Darüber hat am Mittwoch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden.
Darum ging es im konkreten Fall:
Eine Familie aus Hamburg hatte über das Online-Portal Opodo Flüge nach Portugal gebucht und dafür 1108,88 Euro bezahlt. Doch der Flieger der spanischen Airline Vueling von Hamburg nach Faro hob nicht ab. 1031,88 Euro war die Fluggesellschaft bereit zu erstatten, nicht jedoch die 77 Euro, die das Vermittungsportal für die Buchung kassiert hatte.
Das sagt der Europäische Gerichtshof:
Die Airline müsse ihren Kunden den kompletten Flugpreis erstatten - samt Vermittlungsgebühren, entschied das Gericht. Ziel der EU sei es, Fluggästen einen möglichst umfassenden Schutz zu gewährleisten, deshalb werde auch in diesem Fall die Fluggastrechte-Verordnung zu ihren Gunsten ausgelegt. (Az. C-601/17)
Eine Einschränkung machte das Gericht allerdings: Provisionen müssen nur dann zurückgezahlt werden, wenn sie mit Wissen des Luftfahrtunternehmens festgelegt wurden. Der Fall der Hamburger Familie wird deshalb noch einmal das Amtsgericht Hamburg beschäftigen. Es muss prüfen, ob Vueling von der Provision Kenntnis hatte.
SZ.de/edi/mkoh/mit Material von dpa
Weitere Reiserecht-Urteile finden Sie auf den folgenden Seiten.
Den Flug in den Urlaub übernimmt eine andere Airline als diejenige, bei der die Reise gebucht wurde - nichts Ungewöhnliches vor allem bei Charterflügen. Viele Gesellschaften mieten Flugzeuge samt Personal, wenn die eigenen Kapazitäten nicht ausreichen. So lässt sich flexibler auf die Nachfrage reagieren und kein teurer Flieger steht ungenutzt am Boden herum. Doch wer ist verantwortlich, wenn ein solcher Flug verspätet am Ziel eintrifft oder annulliert wird? Das Landgericht Hamburg hatte den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg in dieser Frage um Klärung gebeten. Und dieser entschied: Eine Entschädigung muss die Fluggesellschaft leisten, bei der die Reisenden den Flug gebucht haben (Az: C-532/17).
Darum ging es im konkreten Fall:
Erst mit mehrstündiger Verspätung erreichte ein Flug von Hamburg ins mexikanische Cancún sein Ziel. Gebucht hatten die Reisenden ihn beim Unternehmen Tuifly, ausgeführt wurde er jedoch - so stand es auch auf dem Ticket - von der Airline Thomson Airways, einer Schwestergesellschaft der Tuifly. Mehrere Reisende verlangten von der Fluggesellschaft einen Ausgleich gemäß EU-Recht. Nach der Fluggastrechte-Verordnung stehen Passagieren bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden zwischen 300 und 600 Euro zu, wenn nicht "außergewöhnliche Umstände" wie beispielsweise schlechtes Wetter die Ursache waren.
Doch Thomson Airways fühlte sich nicht zuständig. Tuifly habe die operationelle Verantwortung als "ausführendes Luftfahrtunternehmen" getragen. Um Klärung genau dieses Begriffs hatte die Vorinstanz, das Landgericht Hamburg, den Europäischen Gerichtshof deshalb gebeten.
Das sagt der Europäische Gerichtshof:
Wer tatsächlich Flugzeug und Personal zur Verfügung stellt, ist nicht entscheidend. "Ausführendes Luftfahrtunternehmen" sei die Gesellschaft, "die die Entscheidung trifft, einen bestimmten Flug durchzuführen", urteilte der Europäische Gerichtshof. In der Pflicht sei das Unternehmen, das die Route festlegt und den Flug zur Buchung anbietet - im konkreten Fall also Tuifly. Damit trage es die Verantwortung für den Flug und damit auch für etwaige Verspätungen oder eine Annullierung.
Ob Tuifly den Fluggästen jetzt allerdings tatsächlich eine Entschädigung zahlt, wird Gegenstand eines weiteren Gerichtsverfahrens sein. Vor dem EuGH ging es nur um die Klärung der Zuständigkeiten. Der konkrete Fall muss nun in Hamburg entschieden werden.
Urlaubserlebnisse dieser Art wird man in diesen Wochen vermutlich wieder auf vielen Flughäfen der Welt besichtigen können. Eine Familie mit zwei Kindern hatte vor dem Rückflug aus dem Türkeiurlaub im Oktober 2014 erfahren, der Flug von Antalya werde sich verzögern und sie zudem nicht nach Frankfurt bringen, sondern nach Köln - was inklusive Bustransfer sechseinhalb Stunden Verspätung bedeutet hätte. Die Urlauber buchten kurzerhand einen Ersatzflug - und wären um ein Haar auf den Mehrkosten von gut 1200 Euro sitzen geblieben: Amts- und Landgericht hatten ihre Klage abgewiesen, weil sie beim Reiseveranstalter zunächst Abhilfe hätten verlangen müssen, und zwar mit Fristsetzung.
Beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten sie nun doch noch Erfolg: Sie durften den Flug auch ohne Rücksprache buchen und bekommen nun die Kosten erstattet (Az: X ZR 96/17). Zwar müssen Pauschalreisende nach den Vorschriften des Reiserechts tatsächlich erst beim Veranstalter auf Abhilfe dringen, bevor sie selbst zur Tat schreiten. So steht es in den bisherigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auf deren Grundlage der BGH zu entscheiden hatte - und ebenso im neuen, seit wenigen Tagen gültigen Reiserecht. "Es ist bei der Anzeigepflicht vor Ort geblieben", sagt Rechtsanwältin Stefanie Risse, eine Fachfrau für Reiserecht. Allerdings hatte der Veranstalter im konkreten Fall die Kunden nicht deutlich genug auf diese Anzeigepflicht hingewiesen - obwohl hier Transparenz vorgeschrieben ist. Die Folge: Der Veranstalter kann den Ersatzanspruch schon deshalb nicht abblocken.
Es ist also letztlich ein formeller Fehler des Veranstalters, der den Urlaubern hier einen Rückzahlungsanspruch beschert - die unzureichende Aufklärung über ihre Rechte. Zu einem viel interessanteren Problem hat der BGH deshalb hier nichts gesagt - nämlich zur Frage, ob es einer Familie abends auf dem Flughafen in Antalya überhaupt noch zuzumuten ist, beim Veranstalter um Hilfe zu bitten und womöglich zu riskieren, dass auch der letzte Flug noch weg ist. Nach den bisher gültigen Vorschriften musste sich der Urlauber nicht in allen Fällen auf diesen umständlicheren Weg einlassen, sondern konnte ohne weitere Frist zur Selbsthilfe schreiten, wenn "die sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse des Reisenden geboten" ist.
Seit dem 1. Juli ist die Vorschrift, europäisch harmonisiert, durch einen neuen Paragrafen ersetzt worden - der aber nach Einschätzung von Stefanie Risse die Kunden in diesem Punkt sogar noch besser stellt. Tatsächlich ist dort nicht mehr von "besonderen Umständen" die Rede, sondern nur noch davon, dass sofortige Abhilfe "notwendig" sein muss. "Damit kann sich der Kunde vermutlich noch häufiger darauf berufen, dass eine Mängelanzeige entbehrlich war", erläutert die Anwältin. Allerdings müsse man abwarten, wie sich künftig die Rechtsprechung des BGH in diesem Punkt entwickle.
Apropos neues Reiserecht: Nach Risses Worten bringen die neuen Regeln, die auf die EU-Pauschalreiserichtlinie zurückgehen, den Kunden nicht in allen Punkten Vorteile. Geändert habe sich vor allem die Definition der "Pauschalreise" - allein dafür gelten die dort festgeschriebenen Kundenrechte. Die Buchung einer Ferienwohnung etwa gelte fortan nicht mehr als Pauschalreise. Entbrennt dort ein Streit darüber, ob der Urlauber erst einmal die, sagen wir, Reparatur der sanitären Anlagen anmahnen muss oder kurzerhand umbuchen darf, gelten andere, strengere Regeln.
Zudem erleichtern es die neuen Vorschriften den Veranstaltern, unter bestimmten Voraussetzungen die Preise anzuheben oder die Flugzeiten zu ändern.
SZ vom 4.7.2018/Wolfgang Janisch
Eigentlich ist die Sache ganz klar, nur ist sie auch gerecht? Die Lufthansa weist zwar beim Buchen deutlich darauf hin: Wer billiger fliegen will, trägt mehr Risiken. Zum Glück nicht bei der Sicherheit, nein. Aber falls beim Passagier selbst etwas schiefgeht, zahlt er womöglich weitaus mehr drauf, als er vorher eingespart hatte. Im konkreten Fall mussten zwei Kunden nach einer Stornierung wegen Krankheit auf jeweils 1250 Euro verzichten, sie erhielten nur Steuern und Gebühren zurück.
Die beiden wollten im Mai 2015 erst von Hamburg nach Frankfurt reisen und dann weiter in die USA nach Miami sowie das Ganze retour. Insgesamt kosteten sie die Flüge 2770 Euro - allerdings hatten sie die preislich günstigeren Buchungsklassen gewählt. Doch für diese gelten bei Lufthansa die strengen Bedingungen: "Die Stornierung der Tickets ist nicht möglich. Die nicht verbrauchten Steuern und Gebühren sind erstattbar. Der internationale/nationale Zuschlag ist nicht erstattbar."
Die Lufthansa bietet etwa bei Flügen in Europa drei Möglichkeiten bei der Buchung an: Die Billig-Variante nennt sie "Economy Light", diese kann weder umgebucht werden noch erstattet die Lufthansa den Preis bei Storno; die mittlere Version verkauft sie als "Economy Classic", hier lässt sich der Flug gegen Gebühr zumindest umbuchen. Nur beim teuersten Economy Flex darf der Passagier umbuchen - und bekommt für eine Gebühr den Flugpreis auch zurück.
Der Haken am Billig-Ticket
Die Kläger verzichteten auf das teurere Rundum-sorglos-Paket und kauften günstiger. Doch dann mussten sie wegen einer Erkrankung die Reise zwei Monate vor Abflug stornieren - genug Zeit eigentlich für die Lufthansa, um andere Kunden für die freien Plätze zu finden. Doch die Airline berief sich auf die Buchungsregeln und zahlte nicht den Flugpreis, sondern nur die ersparten Steuern und Gebühren zurück: jeweils 134 Euro.
Dass sie nur einen Bruchteil ihres Geldes für die stornierten Flüge zurückbekommen sollten, leuchtete den Kunden nicht ein - egal welche Buchungsklasse sie gewählt hatten. Sie klagten, schließlich gibt es noch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das zum sogenannten Werkvertrag vorschreibt (§648): Der Auftraggeber kann jederzeit einen Vertrag "bis zur Vollendung des Werkes" kündigen, dem Unternehmer stehen dabei oft nur fünf Prozent der vereinbarten Vergütung zu - etwa wenn er sich durch die Kündigung Geld spart oder die Leistung an einen anderen verkauft. Die Lufthansa-Kunden und ihr Anwalt übersetzten dies für die Airline: Wenn sie die freien Sitze auf dem Markt wieder anbieten kann, verdient sie am Storno doppelt - das könne nicht sein. Würden dies die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Airline vorsehen, seien sie nicht rechtens.
Unterstützung kam vom Reiserechtsexperten Felix Methmann des "Verbraucherzentrale Bundesverbandes": Viele Flüge seien überbucht, die Airlines rechneten also mit Stornierungen. Die Nachweispflicht müsse bei der Fluggesellschaft liegen, forderte er vor der Verhandlung. "Das kann nicht der Kunde sein, der keine Möglichkeit hat, in das Buchungssystem reinzugucken."
Bundesrichter: Unterschiedliche Stornobedingungen sind keine unangemessene Benachteiligung
Doch die Kläger waren mit ihrer Forderung nach Rückerstattung schon vor dem Amts- und Landgericht in Köln gescheitert, nun schloss sich auch der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof an: Die Rechtsform des Werkvertrags passe für viele Massengeschäfte des Alltags nicht, darunter auch für Verkehrsmittel wie Flugzeug oder Bahn.
Außerdem, heißt es in der Entscheidung des BGH (Az X ZR 25/17): Wer nicht den höheren Preis für eine flexible Buchung zahlen will, könne ja für den Fall einer Krankheit eine Rücktrittversicherung abschließen. Der Airline hingegen dürfe wegen der Kündigung kein Nachteil entstehen: Die Fixkosten für einen Flug verringerten sich kaum, wenn ein oder zwei Gäste wegblieben. Zudem müsste die Airline - selbst bei einer Anwendung des Werkvertrags - nur dann einen Ausgleich zahlen, wenn das Flugzeug ausgebucht gewesen wäre und deshalb Passagiere abgewiesen werden müssten; zu aufwändig, befand das Gericht.
Überhaupt gelte der BGB-Werkvertrag-Paragraf im Lufthansa-Fall nicht, weil die Kläger bei der Buchung die freie Wahl zwischen den Tarifen hatten, die deutlich unterschiedliche Regelungen im Fall einer Stornierung vorsehen. Damit sei ein individualrechtlicher Vertrag mit der Lufthansa geschlossen worden: Die Käufer müssen mit den Konsequenzen leben. Und wieder von vorne mit dem Sparen auf die Fernreise anfangen.
SZ.de/Katja Schnitzler/harl/mit Material von dpa
Der Fall hört sich speziell an, kommt aber häufiger vor: Der Reisende bucht einen Flug von A nach C als komplette Reise, allerdings muss für diese Verbindung noch in B umgestiegen werden. Leider verspätete sich der Flug von A nach B, der von einem anderen Anbieter übernommen wurde - und der Reisende verpasste den Anschlussflug. Dem Kunden steht also ein Ausgleich wegen der Verspätung zu. Doch wo kann er diesen einklagen?
Dies wollte das Fluggastrechte-Portal Flightright wissen, das für betroffene Passagiere vor Gericht zieht und bei Erfolg eine Provision erhält.
Um diese Fälle handelt es sich
Die beiden konkreten Fälle, über die der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden musste: Zum einen kauften Passagiere bei Air Berlin eine Flugreise von Ibiza nach Düsseldorf, zum anderen buchten Kunden bei Iberia eine Reise von Melilla nach Frankfurt am Main.
Allerdings ging es nicht direkt von Spanien nach Deutschland: Die erste Teilstrecke innerhalb Spaniens (im ersten Fall von Ibiza nach Palma de Mallorca sowie im zweiten Fall von Melilla nach Madrid) übernahm die spanische Fluggesellschaft Air Nostrum. Nur verspäteten sich die Inlandsflüge in beiden Fällen, so dass die Kunden ihre Anschlussflüge nach Deutschland verpassten. Der Air-Berlin-Passagier kam erst vier Stunden später in Düsseldorf, der Iberia-Kunde erst 13 Stunden später in Frankfurt an.
Doch sind für die Klage auf Ausgleichzahlungen deutsche Gerichte zuständig? Schließlich war die Verspätung auf der ersten Teilstrecke in Spanien geschehen. Und die Kunden hatten mit Air Nostrum gar keinen direkten Vertrag.
Im Auftrag der Betroffenen hatte die Flightright GmbH vor dem Amtsgericht Düsseldorf gegen Air Nostrum auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 500 Euro geklagt. Die Düsseldorfer Richter bezweifelten jedoch ihre internationale Zuständigkeit und legten den Fall zur Vorabentscheidung dem EuGH vor.
Urteil des EuGH: das Endziel gibt den Ausschlag
Dieser urteilte: Entscheidend für den Gerichtsstandort ist das Endziel in Deutschland, denn die Kunden hatten den Flug von Spanien nach Deutschland als Komplettpaket gekauft. Damit gelten Düsseldorf und Frankfurt als "Erfüllungsort der zu erbringenden Dienstleistung". So können also auch deutsche Gerichte über Ausgleichszahlungen gegen eine ausländische Airline entscheiden.
Und obwohl die Kunden keinen direkten Vertrag mit Air Nostrum hatten, so hatte diese Gesellschaft ja für und von Air Berlin und Iberia die Verpflichtung übernommen, die Passagiere rechtzeitig an den Umsteigeflughafen zu bringen.
Diese Entscheidung ( Az. C-274/16 u.a., hier finden Sie das Urteil im Wortlaut) dürfte es nicht nur für Flightright, sondern auch für deutsche Flugreisende leichter machen, zu ihrem Recht zu kommen: Nun können sich Betroffene entscheiden, ob sie ihre Ansprüche am Abflugs- oder am Ankunftsort geltend machen.
SZ.de/kaeb/AFP/harl
Wer in den Urlaub fährt, hat meist recht genaue Vorstellungen, wie die Reise dann sein soll. Viele Menschen verbringen Stunden, gar Tage damit, das möglichst ideale Hotel auszusuchen. Was aber, wenn sie die Reise mit einem Veranstalter buchen und dann am Reiseziel ungefragt in eine längst nicht so schöne Unterkunft umquartiert werden? Dann haben diese Urlauber Anspruch auf Entschädigung, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Einer betroffenen Familie stehe ein Ausgleich in Höhe von 600 Euro zu, so das Urteil.
Darum ging es im konkreten Fall
Eine Familie aus Schwaben hatte 2015 eine Reise ins türkische Antalya gebucht. Weil das gewählte Hotel aber bei der Ankunft überbucht war, wurde sie zunächst drei Tage lang in einem anderen Hotel untergebracht. Und das war keine schöne Überraschung: Anders als versprochen konnten die Gäste nach Angaben ihres Anwalts aus ihrem Zimmer nicht das Meer sehen, das Hotelgebäude war noch nicht fertiggebaut und die Hygiene sei ekelerregend gewesen.
Das Amtsgericht Düsseldorf hatte deshalb in einer ersten Entscheidung eine Minderung des Reisepreises in Höhe von etwa 600 Euro für angemessen befunden. Das Landgericht erhöhte später in höherer Instanz um über 370 Euro.
Mit ihren Revisionen pochten die Kläger aber zusätzlich auf eine Entschädigung in Höhe von mindestens 1250 Euro - wegen "nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit". Denn zwar war in dem ursprünglich gewählten Hotel später alles in Ordnung. Die unangenehmen ersten drei Tage hätten den Elf-Tage-Urlaub aber nachhaltig beeinträchtigt, so die Argumentation der Familie.
Der Reiseveranstalter Alltours Flugreisen wollte hingegen eine Wiederherstellung des Urteils der ersten Instanz erreichen. Dass der Familie eine Minderung zusteht, räumte zwar auch dessen Anwalt bei der mündlichen Verhandlung ein. Dass der Start aber den ganzen Urlaub beeinträchtigt habe, stellte er hingegen in Frage: "Beide Hotels gehören zur selben Kette und haben den gleichen hohen Standard." Dieser Einschätzung folgte der BGH nun nicht: Die Kläger erhalten zusätzlich zur Minderung des Reisepreises auch eine Entschädigung in Höhe von 600 Euro.
Was Verbraucherschützer enttäuschten Urlaubern raten
Grundsätzlich gilt: Wenn ein Hotel verdreckt ist oder der versprochene Strand gesperrt, können Pauschalurlauber nachträglich den Reisepreis mindern. Wichtig ist aber, dass sie die Mängel bereits vor Ort der Reiseleitung melden. Andernfalls entfällt der Anspruch auf Erstattung, betonen Verbraucherschützer. Außerdem ratsam: Beweisfotos von den Mängeln zu machen und sich die Eindrücke - wie etwa bei Baulärm - von Zeugen vor Ort bestätigen zu lassen.
SZ.de/dpa/AFP/ihe
Ein grippaler Infekt, der Partner macht Schluss, eine kurzfristige Zusage für den Traumjob: Es gibt viele Gründe, die eine gebuchte Reise platzen lassen. Wie praktisch wäre es in so einem Fall, den Pauschalurlaub samt Flugtickets und Hotelbuchungen an die beste Freundin oder den Onkel abzutreten. Das Problem: Die Reiseanbieter erheben in diesen Fällen oft hohe Umbuchungsgebühren.
Daran wird auch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nichts ändern. Zwar haben Reisende das Recht, einen Ersatz-Reisenden zu stellen, dann müssen diese aber die "entstehenden Mehrkosten" übernehmen. Diese fallen oft üppig aus.
So auch in beiden Fällen, die vor dem BGH verhandelt wurden. Die Reisenden wollten jeweils wegen Krankheit zwei Tage vor der Reise ihre Plätze an Bekannte oder Verwandte abgeben. Das wäre allerdings richtig teuer geworden. Bei Flügen nach Dubai wollte der Veranstalter entweder pro Person 1850 Euro mehr für Sitze in der Business Class oder je 725 Euro für die Umbuchung auf eine andere Verbindung.
Die zweite Reise nach Thailand sollte mit neuen Flugtickets pro Person knapp 1650 Euro zusätzlich kosten. Der Aufpreis für die Umbuchungen wäre damit in beiden Fällen höher gewesen als der ursprüngliche Reisepreis. Also stornierten die Betroffenen lieber - wofür wiederum 90 und 85 Prozent des gezahlten Betrags fällig wurden. So nicht, fanden die Kunden und klagten bis in die höchste Instanz.
Linienflüge lassen sich nicht umbuchen
Für den BGH war jetzt entscheidend, wie sich die Kosten für die Namensänderung ergeben. Tatsächlich schnüren viele Reiseanbieter ihre günstigen Pauschalpakete mit nicht umbuchbaren Linienflügen. Möchte kurz vor Beginn jemand anderes die Reise antreten, können diese nicht einfach umgeschrieben werden, sondern die Verbindungen müssen gänzlich neu gebucht werden. Kurzfristig gebucht sind die Tickets dann teuer.
Verbraucherschützer hatten vorab argumentiert, dass für diese Kosten allein der Anbieter aufkommen sollte. Die Karlsruher Richter hielten es hingegen nicht für sinnvoll, die Reiseveranstalter darauf zu verpflichten, nur umbuchbare Flüge bei den Airlines zu buchen. Denn für solch flexiblen Tickets müssten am Ende alle Reisenden mehr bezahlen.
SZ.de/dpa/sks
Flugreisende haben weiterhin keinen automatischen Anspruch auf Ausgleichszahlungen, wenn ihr Flug wegen Vogelschlags um mehr als drei Stunden verspätet ist oder ganz ausfällt. Eine Kollision mit einem Vogel sei ein "außergewöhnlicher Umstand", den eine Fluggesellschaft nicht zu verantworten habe, entschied der Europäische Gerichtshof. Er bleibt damit bei seiner Rechtsprechung (AZ. C-315/15).
Der juristische Hintergrund des Streitfrage: Fluggäste können nach EU-Recht bei einer Flugannullierung oder Verspätung von mehr als drei Stunden Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung erheben, die je nach Fluglänge 250, 400 oder 600 Euro beträgt.
Fluggesellschaften müssen jedoch keinen Ausgleich zahlen, wenn sie nachweisen, dass die Annullierung oder Verspätung auf unvermeidbare Umstände zurückgeht. Dazu zählen bisher etwa Vulkanausbrüche, unvorhersehbare Streiks oder eben Vogelschlag.
Diese Nachweispflicht bedeutet aber auch, dass Airlines im Streitfall belegen müssen, dass sie alles getan haben, um die Verspätung so kurz wie möglich zu halten oder technisch einen solchen Vorfall von vornherein zu verhindern.
Manchmal muss die Airline doch zahlen
Im Ausgangsfall hat das klagende tschechische Ehepaar deshalb womöglich doch Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 Euro: Sein Flugzeug war nach einer Kollision mit einem Vogel auf dem tschechischen Flughafen Brünn von einer örtlichen Gesellschaft kontrolliert und freigegeben worden.
Gleichwohl bestand Flugzeug-Eigentümer Sunwing darauf, dass ein Techniker aus einer anderen tschechischen Stadt nach Brünn fuhr, um die Betriebsbereitschaft des Flugzeugs zu prüfen. Zwar stellte auch er keine gravierenden Schäden fest, die beiden Kontrollen führten aber zu einer Verspätung von fast vier Stunden. Die zweite Prüfung war dem EuGH zufolge nicht erforderlich. Die daraus resultierende Verspätung sei der Fluglinie deshalb zuzurechnen, heißt es im Urteil.
SZ.de/dpa/AFP/ihe