Auch wenn manchmal der Eindruck entsteht, der Fake sei eine ganz und gar neumodische Schöpfung, vielleicht von Jeff Bezos oder auch nur von Donald Trump, hat er gerade im Reisesektor eine mehr oder weniger gute Tradition. Schon früher präsentierte er sich gerne Hand in Hand mit seiner kleinen Schwester, der arglistigen Täuschung. Das lief dann so ab, dass in Katalogen Bilder abgedruckt waren, auf denen die Müllhalde neben der Ferienanlage natürlich ebenso wenig zu erkennen war wie der Schimmel am Kühlschrank, während die Analyse der Texte darunter ein ähnliches Floskelverständnis wie Arbeitszeugnisse erforderte. Wie sonst sollte man wissen, dass sich hinter der Formulierung "gute Verkehrsanbindung" die Autobahn hinterm Balkon verbarg, während Meerblick als Chiffre dafür dienen konnte, dass sich der Ozean durchaus am Horizont erahnen ließ - allerdings nur beim Blick aus dem Badezimmerfenster.

Kolumne "Ende der Reise":Liebe Passagiere, der Service wird nun eingestellt
Urlauber betrachten sich gerne als Individualreisende. Deshalb überlassen ihnen Fluglinien künftig die Sorge um ihr eigenes Wohlergehen.
Aufgrund der Digitalisierung, mit deren Hilfe jeder die Distanz zu Müllhalde, Autobahn oder Ozean ergoogeln kann, funktioniert das heutzutage freilich alles sehr viel subtiler, zum Beispiel über Fake-Bewertungen. Dabei schreiben bezahlte Rezensenten massenhaft Online-Lobeshymnen, sei es über bestimmte Bücher, Ärzte, Hotels oder die Eckkneipe - sofern die sich das leisten kann. Den Bücherwurm, Kranken, Urlauber oder Säufer führt das im guten Glauben, dass sich so viele vermeintlich Gleichgesinnte doch nicht täuschen können, regelmäßig in die Irre. Weil das aber noch fieser und wettbewerbsverzerrender ist als der Bilder-Floskel-Trick aus dem vergangenen Jahrhundert, trat kürzlich ein neues Gesetz in Kraft. Demnach müssen Unternehmen den Kunden darüber aufklären, ob und wie sie sicherstellen, dass Bewertungen tatsächlich echt sind. Gefälschte Bewertungen sind außerdem ausdrücklich verboten. Wobei dies wiederum die Frage aufwirft, wer eigentlich die Anbieter, Verkäufer und Dienstleister vor falschen Bewertungen schützt.
Das führt nun wiederum zu einem Airbnb-Vermieter in Australien, der eine Kundin in einer Sprachnachricht unter anderem mit dem Satz verwünschte, sie möge "in der Hölle schmoren". Medienberichten zufolge hatte sie sein preisgekröntes Guesthouse "The Clifftop" nach einem Aufenthalt nur mit "just OK" bewertet, was dem verwöhnten Besitzer - mit "The Clifftop" immerhin Spitzenreiter unter 55 000 Mietangeboten - freilich nicht genügte. Der Vermieter musste seinen Wutausbruch schließlich mit 2500 Dollar bezahlen und fragt sich seitdem womöglich, ob das mit den Katalogen nicht eigentlich doch eine ganze feine Sache war.