Einmal im Leben:Felsenkirchen von Lalibela

Die Wallfahrer tragen ein weißes Gewand: die St. George-Felsenkirche in Lalibela. (Foto: Jon Bratt/Getty Images)

Wer frühmorgens zu den aus dem Vulkanstein gehauenen, kreuzförmigen Bauten im äthiopischen Hochland aufsteigt, erlebt eine ganz besondere Stimmung.

Von Jonathan Fischer

Das dunkle Gesumme war schon die ganze Nacht zu hören. Jetzt steigt man, eine Kerze in der Hand, in der Morgendämmerung die Felstreppen hinauf, der Quelle der liturgisch leiernden Gesänge entgegen. Und steht nach einem kurzen Tunnel mittendrin: im schluchtartigen Vorhof von Bet Meryem, der Marienkirche, einer von zwei Dutzend Felskirchen, die im 13. Jahrhundert rund um den äthiopischen Wallfahrtsort Lalibela auf 2500 Meter in das vulkanische Gestein gehauen wurden.

Nur die Fackeln der Gläubigen erleuchten die Mauern. Rötlicher Tuff. Keine Steine, keine Fugen, sondern ein einziger monolithischer Block von mehr als zehn Metern Höhe. Orthodoxe Christen wallfahren seit mehr als acht Jahrhunderten zu diesem Weltwunder. Wie lange es wohl gedauert hat, diese Kirche - nur mit Hammer und Meißel - zu formen? Der Legende nach haben eine Handvoll Mönche dafür lediglich etwas mehr als 20 Jahre gebraucht. Wenn sie nachts ruhten, übernahmen Engel die Arbeit, heißt es.

Engelsgleich auch die Anmutung der im Felsgraben rund um die Kirche lagernden Gläubigen. Alle in Weiß. Einige stehen, einige sitzen, andere schlafen in ihre Gebetstücher eingehüllt. Sie haben schon die ganze Nacht ausgeharrt. Wer wach ist, stimmt ein in den Chor. Durch die Tür einer Seitenkapelle kann man ins Allerheiligste schauen: Mönche und Priester, die mit glänzenden Kostümen und bunten Fransenschirmen um eine aufgeschlagene Bibel marschieren. Ihre tiefen Stimmen beben vor Inbrunst. Weihrauch-Schwaden wabern aus den in den Felsblock geschlagenen Fenstern. Dann treffen die ersten Sonnenstrahlen auf die Tuffwände, lassen sie rot-golden aufleuchten. Ein Segen von ganz oben!

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