Süddeutsche Zeitung

Ägypten:Trocken am Nilufer

Sündenfrei im Luxushotel: Das Grand Hyatt in Kairo schenkt keinen Alkohol mehr aus.

Thomas Avenarius

Was kann der Gast erwarten von einem Hotel, in dem die Suite fast 5000 Euro kostet und das billigste Zimmer immer noch 250 Euro? Freundliches Personal, saubere Bettwäsche, feine Boutiquen, erlesene Restaurants sind das Mindeste. Ein Glas Bier, eine Flasche Wein, ein Sun-Downer auf der Terrasse gehören eigentlich auch dazu. Anders im Grand Hyatt in Kairo: Das Nobelhotel am Nilufer ist alkoholisch trockengelegt worden.

Auf Anweisung des Besitzers, eines saudischen Millionärs, wird in den zwei markanten Hoteltürmen fürs Erste kein Alkohol mehr ausgeschenkt. Scheich Abdel Azim Ibrahim ist ein frommer Muslim: Der eingeheiratete Verwandte des verstorbenen Königs Fahd empfindet es als Sünde, dass in seiner Fünf-Sterne-Herberge Bier und Wein getrunken werden. Weshalb er vergangene Woche hinter dem Haus Batterien von Wein-, Schnaps- und Bierflaschen unter Aufsicht ausschütten ließ und Alkohol im Haus strikt untersagte.

Zeitungsberichten zufolge belief sich der Wert der ausgekippten Flaschen und Fässer auf eine knappe Million Euro. Berufen kann der Saudi sich auf den Koran. Der verbietet Muslimen, Alkohol zu trinken, zu verkaufen oder in den Handel zu bringen.

Nüchtern betrachtet, jedenfalls von einem religiösen Standpunkt aus, dürfte die Trockenlegung des Hotels also durchaus korrekt sein. Marketing-technisch und betriebswirtschaftlich ist es für ein internationales Hotel allerdings ein Desaster: Ein guter Teil der Hyatt-Gäste kommt nicht aus islamischen Staaten.

Auch viele muslimische Gäste sind einem guten Glas nicht abgeneigt. Sie entziehen sich in Kairos teuren Hotels gerne den strengen Regeln ihrer Heimatländer Saudi-Arabien, Kuwait oder Pakistan.

Verlust von Sternen droht

Sollte die Zahl der Gäste und deren Zufriedenheit mit dem Service sinken, könnte das Fünf-Sterne-Haus einen Teil seiner Sterne verlieren. Im Grand Hyatt will daher niemand etwas dazu sagen und verweist auf die laufenden Gespräche mit dem Eigner.

Offenbar hoffen die Verantwortlichen der Hotelkette Hyatt, den saudischen Besitzer umstimmen zu können. Zuvor hatte eine Zeitung einen Hyatt-Mitarbeiter zitiert: "Einige sind nun glücklich. Sie sagen, der Besitzer sei ein guter Muslim und das mit dem Hotel verdiente Geld sei nun sündenfrei."

Im Gegensatz zu anderen islamischen Staaten wie Saudi-Arabien, Iran, Kuwait, Afghanistan oder Pakistan, wo Alkohol nicht oder nur in ausgesuchten Hotels und gegen Vorlage des Ausweises zu bekommen ist, zählt Ägypten nicht zu den "Trockenländern". Alkoholika werden verkauft, es gibt Kneipen, Restaurants schenken kräftig aus, außer im Fastenmonat Ramadan.

Hohe Hürden für neue Lizenzen

Neue Alkohollizenzen werden mit großer Zurückhaltung vergeben: Ein Stadtteil-Komitee muss dann zustimmen. Und in der unmittelbaren Nachbarschaft darf es weder Moscheen oder Kirchen noch Krankenhäuser oder Schulen geben.

Für die Gäste des Grand Hyatt gibt es aber Hoffnung: Sollte der Besitzer seine Haltung nicht ändern, können sie quer über die Uferstraße ins nächste Nobel-Haus gehen: im Four Seasons wird weiter Alkohol ausgeschenkt. Und die Zimmer sind dort auch nicht viel teurer.

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Quelle:
SZ vom 7.5.2008
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