Acht-Minuten-Flug über den Bodensee:"Wir servieren nur die schöne Aussicht"

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Der kürzeste internationale Linienflug überquert in acht Minuten den Bodensee. Ein Gespräch mit Airline-CEO Daniel Steffen über CO₂-Fußabdrücke und ratternde Güterzüge.

Von Katja Schnitzler

Am 2. November startet "People's Viennaline" einen Linienflug, der die 21 Kilometer von Altenrhein am Schweizer Ufer des Bodensees bis nach Friedrichshafen in acht Minuten überwindet. Die Airline wirbt mit dem "kürzesten internationalen Linienflug der Welt", auch wenn viele Passagiere direkt nach Köln weiterfliegen werden. Acht Minuten - viel Zeit bleibt da nicht für ein Interview mit Airline-CEO Daniel Steffen.

SZ.de: Herr Steffen, Sie müssen ja unheimlich oft im Stau stehen. Wie sonst kommt man auf die Idee, einen achtminütigen Linienflug anzubieten?

Daniel Steffen: Unzählige Stunden stand ich im Stau! Aber das hat damit nichts zu tun. Es geht ja nicht nur um den Acht-Minuten-Flug nach Friedrichshafen, sondern darum, weiter nach Köln zu kommen. Wir hätten natürlich die Möglichkeit gehabt, je ein Flugzeug in Altenrhein und eines in Friedrichshafen starten zu lassen - aber wir wollten lieber die beiden Airports am Bodensee verbinden und so stärken. Das Nebenprodukt war unser Acht-Minuten-Flug.

Was wollen Sie Ihren Gästen denn in der kurzen Zeit servieren? Oder bekommt jeder beim Einsteigen schon ein Keks-Tütchen?

Da besteht die Nahrung aus der wunderschönen Aussicht auf den Bodensee, die Passagiere sollen rausschauen und genießen. Für mehr reicht die Zeit wirklich nicht.

Machen Sie sich eigentlich keine Sorgen um Ihren ökologischen Fußabdruck?

Der wäre größer, wenn beide Airports die Strecke nach Köln mit je einem eigenen Flugzeug bedienen würden - dann hätte aber keiner gemeckert. Ohne unseren Flug müssten die Leute weiterhin mit dem Auto zu den großen Airports nach München, Stuttgart oder Zürich fahren. Das ist auch nicht besonders umweltfreundlich.

Wir haben mal mit dem CO-Rechner von Atmosfair geprüft: Ihr Flug benötigt nur vier Kilogramm CO₂ mehr als die einstündige Fahrt mit dem Auto von Altenrhein nach Friedrichshafen. Sollten wir mehr fliegen?

Wir nehmen eben den kürzesten Weg. Von mir aus könnten wir alle mehr fliegen, schon rein beruflich hab ich da gar nichts dagegen. Aber im Ernst: Es ist doch Blödsinn, bei Kurzstrecken immer Bahn gegen Auto gegen Flugzeug auszuspielen, statt den Gesamtverkehr im Auge zu behalten. Je besser die einzelnen Verkehrsmittel aufeinander abgestimmt sind, desto besser entwickelt sich die Region. Ansonsten werden wir abgehängt, und der Verkehr läuft weiter nur über die Großstädte.

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Acht Minuten soll der Flug von Altenrhein nach Friedrichshafen über den Bodensee dauern. In der Schweiz finden das nicht alle gut.

Bleibt noch die Sache mit dem Lärm. Die Vorstellung von mehr Starts und Landungen am Bodensee finden Anwohner offenbar gar nicht lustig. Wie wollen Sie die beruhigen?

Ach, viele Leute hören Fluglärm nicht, sie sehen ihn: Erst wenn sie das Flugzeug am Himmel wahrnehmen, fällt ihnen das Geräusch auf. Ich wohne selbst in der An- und Abflugschneise von Altenrhein - geweckt werde ich aber morgens um vier Uhr vom laut ratternden, veralteten Güterzug. Da beschwert sich dann keiner, weil dieser Lärm ja ökologisch so wertvoll ist. Aber ein Flugzeug mit den neuesten, leisesten Triebwerken darf vor sechs Uhr nicht starten.

Sie preisen den "Übersee-Flug" auch als schönen Wochenend-Ausflug, kombinierbar mit dem Schiff. Da kann ich doch gleich ins Boot steigen?

Aber spannender wäre es, erst mit dem Flugzeug nach Friedrichshafen zu fliegen, dann das Zeppelin-Museum zu besuchen und mit dem Schiff wieder zurückzufahren. Das wäre ein toller, touristischer Tagesausflug. Und ein See trennt ja auch: Der eine Ort am Ufer weiß nicht, was auf der anderen Seite los ist. Die Flüge würden die Seeseiten verbinden - neben den Schiffen.

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Von Katja Schnitzler

Anm. der Red: Wie der Flughafen Friedrichshafen mitteilte, hat People's Viennaline bekanntgegeben, die Strecke nur noch bis zum 14. April 2017 zu bedienen. Die Fluggesellschaft erklärte, die Auslastung der Flüge habe sich "nur zögerlich verbessert". Auch die Verbindung weiter nach Köln/Bonn wird eingestellt.

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