Der Erlöser thront in den Wolken: Das Monumento Cristo Redentor sollte eigentlich die 100jährige Unabhängigkeit Brasiliens im Jahr 1922 feiern, doch genauso schwierig wie die Emanzipation vom Kolonialherren Portugal gestaltete sich offenbar auch dieses Unterfangen. Das Geld kam nicht rechtzeitig zusammen für die 30 Meter hohe, auf einem acht Meter hohen Sockel stehende Statue hoch über Rio, so dass die Statue erst neun Jahre später eingeweiht werden konnte. An diesem Samstag feiert sie ihren 80. Geburtstag.
Die meisten Besucher fahren mit der Zahnradbahn aus Schweizer Produktion auf den 710 Meter hohen Corcovado-Berg. 20 Minuten dauert die Fahrt, die von vielen "Ohs" und "Ahs" der Touristen begleitet wird, immer dann, wenn wieder ein spektakulärer Blick frei wird auf die Copacabana, auf Rios Häusermeer und die weißen Atlantikstrände.
An der vorletzten Station des "Trem de Corcovado" steigt die Gruppe "Bom de Samba"zu und bringt die Stimmung in den Waggons zum Kochen. Wenn sie die Rio-Hymne "Cidade Maravilhosa" (Wunderbare Stadt) anstimmen, gibt es für viele kein Halten mehr. Mag der Waggon noch so voll sein - es wird auf dem Gang getanzt.
Alle Passagiere haben nur ein Ziel: Sie wollen, neben der traumhaften Aussicht, die "Cristus-Erlöser"-Statue sehen. Die Spannweite seiner ausgebreiteten Arme beträgt 28 Meter.
An Spitzentagen fahren bis zu 4000 Touristen hoch zu der Statue, die den Cariocas, wie die Einwohner Rios heißen, am Boden auch als Markstein dient, um sich im Straßengewirr zu orientieren. Aber nicht nur geographisch ist das Monument vielen eine Hilfe, davon ist Pater Omar Raposo, der Rektor des 2006 zum Heiligtum erklärten Wallfahrtsortes überzeugt. "Der Cristo breitet seine Arme aus. Er steht für Leben, Liebe, Hoffnung. Dieses Monument ist ein besonderes Heiligtum - die Wände sind der Horizont, das Dach ist der Himmel."
Die Aussicht über die Stadt und den Zuckerhut faszinierte schon Anfang des 19. Jahrhunderts Brasiliens ersten Kaiser Pedro I. und später seinen Sohn und Thronfolger Pedro II., der auch den Auftrag gab zum Bau einer Bahn zum Corcovado hinauf. Am 9. Oktober 1884 wurde das erste Teilstück zwischen dem Stadtteil Cosme Velho und Paineiras eröffnet. Ein Jahr später war die 3824 Meter lange Eisenbahn-Strecke fertig. Doch erst fast 50 Jahre danach wurde die Christus-Statue vom damaligen Präsidenten Getúlio Vargas und Kardinal Sebastião Leme eingeweiht.
Um den Cristo ranken sich zahlreiche Gerüchte und Legenden. Viele Touristen suchen in dem massiven, acht Meter hohen Sockel einen Eingang, um auf die Statue hinaufzusteigen. Vergeblich. "Einige glauben auch, im Kopf sei ein Restaurant, das sich dreht", schmunzelt einer der Aufpasser an der Statue. Das einzige, was im Sockel wirklich untergebracht ist, ...
... ist die kleine "Capela de Nossa Senhora da Aparecida", in der nicht fotografiert werden darf.
Zum Jubiläum findet am 12. Oktober in der Kapelle eine Messe statt und die Statue soll mit neuer Osram-Technologie angestrahlt werden. Eine Geburtstagsshow mit viel Musik im Flamengo-Park rundet die Feierlichkeiten ab.
Die Cristus-Erlöser-Statue war nie nur Aussichtspunkt oder religiöser Wallfahrtsort: Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder ...
... die Tierschützer der World Wildlife Foundationen nutzten die exponierte Lage für aufsehenerregende Protestaktionen. Noch spektakulärer, wenn auch ohne jede gesellschaftspolitische Absicht, war die Aktion des ...
... österreichischen Fallschirmspringers Felix Baumgartner, der den ausgestreckten Arm der Statue für den Absprung nutzte. Baumgartner landete sicher am Fuß der Statue.