Reiserecht:Was steht Passagieren nach der Panne am Münchner Flughafen zu?

  • Am Wochenende fielen am Flughafen München etwa 330 Flüge aus, 450 verspäteten sich um eine halbe Stunde oder länger.
  • Mehr als 32 000 Passagiere waren in der Hauptreisewelle zu Beginn der Sommerferien in Bayern betroffen. Der wirtschaftliche Schaden für die Airlines und den Flughafen dürfte in die Millionen gehen. Die Frage, wer dafür aufkommt, ist noch offen.
  • Was Passagieren jetzt schon zusteht - die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Katja Schnitzler

Erhalten Passagiere Ausgleich für die verspäteten Flüge?

Eigentlich ja, heißt es in der Fluggastrechte-Verordnung der EU - mit einer Einschränkung, die in diesem Fall wohl entscheidend ist: Airlines müssen laut Gesetz nicht entschädigen, wenn Flüge wegen "außergewöhnlicher Umstände" gestrichen werden müssen. Diese sind beispielsweise Streiks, extrem schlechtes Wetter, politische Instabilität und Sicherheitsrisiken. Inwiefern dazu auch die Panne an den Kontrollen zählt, muss womöglich erst vor Gericht geklärt werden. "Ob es Ausgleichszahlungen für die verspäteten Flüge gibt, prüfen wir noch", erklärt eine Lufthansa-Sprecherin. Die Airline war hauptsächlich von dem Chaos am Terminal 2 in München betroffen.

Müssen Airlines nun gar nichts zahlen?

Selbst wenn die Gesellschaften nicht die Ausgleichszahlungen für annullierte Flüge begleichen müssen, weil ja ein "Ereignis von außen" den Verkehr zum Erliegen gebracht hatte: Ganz raus aus der Verantwortung sind sie nicht. Airlines müssen sich nicht nur um Verpflegung, sondern auch um zumutbare Ersatzbeförderungen kümmern - etwa um Bahnfahrten, Flüge von anderen Airports sowie um Hotelübernachtungen. Auch die Taxikosten dorthin und zurück können bei der Airline eingereicht werden. Lufthansa fordert seine Kunden daher auf, sich mit ihren Erstattungswünschen an ihre Hotline zu wenden oder diese auf lufthansa.com einzureichen.

Dürfen sich Passagiere selbst Alternativen suchen?

Ist die Airline wegen Überlastung nicht zu erreichen, dürfen sich die Kunden selbst andere Wege ans Ziel suchen oder eine Hotelübernachtung organisieren und diese Kosten dann bei der Airline einfordern, "es sollte natürlich kein Luxushotel sein", sagt Reiserechtler Paul Degott.

Pauschalreisende müssen nach den Vorschriften des Reiserechts eigentlich erst dem Veranstalter eine Chance geben, das Problem zu lösen, bevor sie selbst zur Tat schreiten. In der neuen Pauschalreiserichtlinie ist aber nicht mehr von "besonderen Umständen" die Rede, falls man den Mangel nicht erst anzeigt, sondern gleich behebt: Nur muss sofortige Abhilfe "notwendig" sein. Wie dieser Ermessensspielraum ausgelegt wird, werden aber wohl erst künftige Gerichtsurteile zeigen.

Wann zahlen Reisende drauf?

Individualreisende sind auch bei Problemen meist auf sich selbst gestellt: Wer etwa am Ziel einen Mietwagen oder ein Hotel gebucht hatte, diese aber gar nicht nutzen kann, muss auf die Kulanz seiner Vertragspartner hoffen.

Besser stehen Pauschalurlauber da: Sie können sich beim Reiseveranstalter die Tage, an denen sie keinen Urlaub machen konnten, zurückzahlen lassen. Denn bei dieser Minderung kommt es nicht darauf an, wer schuld daran war, dass der Kunde nicht ans Ziel kam.

Falls der Veranstalter zwar informiert wurde, aber untätig blieb - etwa keinen Flug vom nächsten Airport organisierte, weil dies für ihn teurer geworden wäre - kann sogar auf Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geklagt werden, erklärt Degott.

An wen wenden sich Fluggäste, wenn sich Airlines querstellen?

Für Streitfälle ist die Schlichtungsstelle Öffentlicher Personenverkehr (SÖP) da. Zudem ist es das Geschäftsmodell etlicher Online-Anbieter, für betroffene Kunden Ansprüche einzutreiben. Dafür streichen sie einen Prozentsatz der eingeklagten Summe ein.

Können Reisende den Münchner Airport verklagen?

Dieser Gedanke dürfte einigen Gestrandeten gekommen sein, allerdings fehlt die Anspruchsgrundlage: Es besteht kein direkter Vertrag zwischen Reisenden und Flughafen, sondern nur zwischen Passagier und Airline beziehungsweise Reiseveranstalter.

Muss nun die Frau, die durch die Sicherheitskontrolle spaziert war, mit teuren Konsequenzen rechnen?

Zumindest werde derzeit nicht gegen sie ermittelt, heißt es von der Bundespolizei. Geklärt werden muss, wieso die Frau - ohne von Sicherheitsleuten kontrolliert worden zu sein - überhaupt in den gesicherten Bereich gelangen konnte. Es stand auch nicht fest, ob die Frau womöglich vorsätzlich die Abflughalle betrat. Eine Sprecherin der Bezirksregierung sprach lediglich von einem individuellen Versäumnis des Sicherheitspersonals.

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