Hintergrund:Der Olympia-Effekt

Amtsenthebung, Zika-Virus, Wirtschaftskrise: alles keine guten Voraussetzungen, um für unbeschwerten Urlaub in Brasilien zu werben. Das Tourismusministerium des Landes lässt es folglich gleich ganz bleiben. Und auch ein Touristenansturm bleibt aus.

Von Hans Gasser

Amtsenthebung, Zika-Virus, Wirtschaftskrise - es sind keine guten Voraussetzungen, um für unbeschwerten Urlaub in Brasilien zu werben. Vielleicht lässt es das brasilianische Tourismusministerium auch aus diesem Grund gleich ganz bleiben. Embratur, das Fremdenverkehrsamt, verschickt jedenfalls höchstens ein paar Pressemitteilungen, die den Schaden zu begrenzen versuchen und spricht vage von "300 000 bis 500 000" in Rio erwarteten ausländischen Olympia-Touristen.

"Die allgemeine Stimmung bei unseren Agenturen und Partnern im Land ist, das Großereignis vergehen zu lassen und dann zu versuchen, die ganze Tourismuswerbung neu zu organisieren", sagt Dieter Ruppert, Inhaber des Reiseveranstalters Ruppert Brasil, der seit Jahrzehnten Reisen nach Brasilien organisiert. Dabei ist das Geschäft für ihn gar nicht so schlecht gelaufen, besser als erwartet. Immerhin etwa 100 Gäste hätten Olympia zum Anlass genommen, um das Land einmal zu bereisen: "Die schauen sich dann ein Fußball- oder Tennisspiel an und reisen schnell weiter nach Bahia, ins Pantanal oder an den Amazonas." Die Buchungen seien jedoch alle zu Jahresbeginn eingegangen. "Seit zwei Monaten ist das Brasiliengeschäft tot", sagt Ruppert. Das liege an den schlechten Meldungen, die seither nicht aufhören.

Für große Reiseveranstalter wie etwa Thomas Cook ist Brasilien ohnehin kein "Volumensziel", sagt Mathias Brandes, Sprecher von Thomas Cook. "In Olympiajahren steigen auch meist die Hotelpreise, sodass die Kunden günstigere Ziele buchen." Ein Effekt sei, wenn überhaupt, erst in darauffolgenden Jahren zu beobachten.

Hinzu kommt, dass die meisten deutschen Reiseveranstalter keine Eintrittskarten anbieten können. Das war schon bei der Fußball-WM in Brasilien so. In Deutschland ist nur der Sportreiseveranstalter Dertour Live auch offizieller Olympia-Ticket-Verkäufer. 35 000 davon habe er hierzulande bereits verkauft, sagt Bereichsleiter Rudolf Stäuble, das seien 95 Prozent des Kontingents. Gleichzeitig habe man etwa 1200 Reisepakete inklusive Tickets verkauft. "Das ist etwas weniger als erwartet, insgesamt sind wir aber zufrieden", so Stäuble.

Sportfans konnten - und könnten theoretisch noch - etwa ein Paket mit Flug, vier Übernachtungen, Reiseleitung und einer Eintrittskarte für die Schwimmbewerbe für rund 3600 Euro buchen. Darüber hinaus vermittelt der Veranstalter Gästen sogar Akkreditierungen für das Deutsche Haus in Rio oder Begegnungen mit ehemaligen Athleten, etwa Heike Drechsler.

Weil Brasilien nicht gerade ein Last- Minute-Ziel ist, wird der Veranstalter wohl dennoch auf nicht wenigen Tickets und gebuchten Hotelzimmern sitzen bleiben. Manche andere auf Sportreisen spezialisierte Veranstalter haben Olympia deshalb gar nicht erst ins Programm aufgenommen. Wenn die Spiele gut laufen und ohne Zwischenfälle zu Ende gehen, könnte es aber sein, dass das Land langfristig profitiert. Seit der Fußball-WM habe es jedoch nicht mehr Nachfrage gegeben, sagt Brasilien-Spezialist Ruppert.

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